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Mutter ermordet - 13 Jahre Haft für Bulimie-Kranke

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Künzelsau/Heilbronn - Die Sucht trieb die 24-jährige Elena B. aus Künzelsau zum Äußersten. Mit dem Hammer schlug sie 45 Mal auf den Kopf ihrer Mutter ein und tötete sie. Das Landgericht Heilbronn verurteilte sie jetzt wegen Mordes.

In diesem Haus in der Francisco-de-Goya-Straße 4 auf den Künzelsauer Taläckern wurde die Leiche der Frau gefunden. Foto: Archiv/Stolla


Künzelsau/Heilbronn - Der Heißhunger war groß, da schlug sie zu: Weil Elena B. aus Künzelsau ihre Mutter Olga (54) mit dem Hammer ermordete, muss sie 13 Jahre hinter Gitter. Das Heilbronner Landgericht ordnete am Donnerstag an, dass die Ess-Brech-Süchtige in der Psychiatrie untergebracht werden soll. „Die Kaltblütigkeit und Brutalität im Tatgeschehen sind nicht Ausdruck ihres Charakters, sondern Folge ihrer Erkrankung“, sagte der Vorsitzende Richter Norbert Winkelmann in seiner Urteilsbegründung.

Die nur noch rund 36 Kilogramm schwere Frau hatte im Prozess gestanden, ihre Mutter im Herbst 2010 mit mindestens 45 Hammerschlägen auf den Kopf getötet zu haben. Später ist sie mit der EC-Karte der 54-Jährigen nach Hamburg geflüchtet. Vor der Tat hat es Streit gegeben, weil die Tochter eine Therapie abgebrochen hatte.

Geständnis

Nach dem umfassenden Geständnis der sehr jung wirkenden Frau waren im Prozess kaum Fragen offen geblieben. „Dieses Geständnis glauben wir Ihnen, und wir nehmen Ihnen auch Ihre Reue vollständig ab“, sagte der Vorsitzende Richter. Die Kammer sah eine verminderte Schuldfähigkeit durch mehrere psychische Erkrankungen und den Alkoholkonsum. Staatsanwaltschaft und Verteidigung hatten es ähnlich bewertet und auf 13 beziehungsweise 12 Jahre Haft plus Unterbringung in der Psychiatrie plädiert. Diese ordnete das Gericht mit sofortiger Wirkung an. Zu groß ist die Sucht, zu grausam die Tat.

Angesichts des mageren Häufchen Elends auf der Anklagebank ist es schwer vorstellbar, dass das Leben der 24-Jährigen einst perfekt schien. Nachdem ihre Familie von Sibirien nach Deutschland gekommen war, übersprang sie eine Grundschulklasse und ging später sogar aufs Gymnasium. Doch als sie erkannte, dass ihr Stiefvater nicht ihr leiblicher Vater ist, „hat es mir den Boden unter den Füßen weggerissen“. Nach Klasse 10 verließ sie das Künzelsauer Ganerben-Gymnasium, brach zwei Lehren ab und lebte zuletzt vom Arbeitslosengeld.

Vor der Tat soll es Streit mit der Mutter gegeben haben, weil die Tochter eine Suchttherapie in Weinsberg abgebrochen hatte. Die 54-Jährige wollte die Heißhunger-Attacken ihres Kindes nicht länger ertragen. Auf dem Notebook der 24-Jährigen sahen Ermittler, dass sich die Süchtige kurz vor der Tat über tödliche Kopfverletzungen informiert hatte.

Der Vorsitzende Richter stellte fest, dass die Tat klar als Mord bewertet werden müsse. Das schlafende Opfer sei arg-und wehrlos gewesen. Er machte der Süchtigen klar: „Durch die Tat haben Sie Ihre ganze Familie und ihre Bezugspunkte verloren.“

Ermittlungen

Bereits zu Prozessbeginn schilderte die Anklageschrift ein einziges Grauen. Demnach hat Elena B. ihrer Mutter mehrmals einen Hammer auf den Kopf geschlagen. Als die Mutter mit Schmerzen erwachte und in die Küche wankte, schlug die Tochter wie von Sinnen immer wieder auf den Kopf der 54-Jährigen.

Weil so viel Blut spritzte, holte die Tochter eine Plastikwanne und legte den Kopf hinein. Anschließend goss sie so viel Wasser in die Wanne, dass ihre Mutter nicht mehr atmen konnte. Womöglich war die 54-Jährige zu diesem Zeitpunkt bereits tot.

Aus den Ermittlungen ergab sich, dass Elena B. wenige Stunden vor der Bluttat noch im Internet gechattet und dort ein Orakel befragt hat. „Wird mein Plan gelingen?“, fragte sie. Antwort: Ja. „Werde ich erwischt?“ Nächste Antwort: „Ja, du wirst.“

Hintergrund: Angeklagte ist krank

Die 24-jährige Elena B. leidet nicht nur an Bulimie, sondern auch an Depressionen und einem Alkoholproblem. Pro Tag trank sie bis zu zwei Liter Wein aus Tetra Packs. Bei der jungen Frau wurde auch das „Borderline-Syndrom“ festgestellt. Mehrfach hat sie versucht, sich das Leben zu nehmen. Wegen ihrer Essstörung wurde sie im Sommer 2010 in der Weinsberger Psychiatrie aufgenommen. Am 6. September brach sie die Behandlung ab, fünf Tage später erschlug sie ihre Mutter.

Stichwort: Bulimie

Wer unter Bulimie leidet, durchlebt einen Teufelskreis: Die Betroffenen plündern in Heißhungerattacken den Kühlschrank leer, um sich anschließend aus Angst vor dem Dickwerden bewusst zu erbrechen. „Eingekauft, gegessen, gekotzt“ - das sei ihr Tagesablauf während der Flucht gewesen, sagte die angeklagte Elena B.. In den meisten Fällen ist der Ess-Brech-Kreislauf ein Ventil für Frust, Wut, Enttäuschung oder Einsamkeit. Das Körpergewicht der Betroffenen kann stark schwanken, aber auch konstant bleiben. Bulimie führt in schweren Fällen zu Schwächeanfällen, Krämpfen und Organschäden. Viele leiden an Depressionen, die sogar zum Selbstmord führen können. red/lsw Kommentare öffnen
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