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Markt bestimmt Landwirtschaft

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Rund 400 Landwirte bei Agrartagung in Öhringen

Von Bettina Henke
Horst Hermannsen verstand es, seine Thesen humorvoll zu verpacken.
Horst Hermannsen verstand es, seine Thesen humorvoll zu verpacken.

Befindet sich die württembergische Landwirtschaft im Spannungsfeld zwischen Verbraucherinteressen und betrieblichen Notwendigkeiten? , fragte Erwin Kuhn, Präsident des Württembergischen Genossenschaftsverbandes, in seiner Begrüßung und gab damit das Schwerpunktthema der rund siebenstündigen Veranstaltung vor. Hauptredner war Horst Hermannsen, Redakteur der Agrarzeitung Ernährungsdienst und Mitarbeiter des Bayerischen Rundfunks. Humorvoll verpackt, äußerte er zum Teil recht provokante Thesen zu Verbraucherinteressen und Ökonomie. Ein Beispiel: sein Blick auf landwirtschaftliche Nischen wie die Direktvermarktung. Nischen sind ganz nett, aber ich kann mich erinnern, dass man sich dort nur zu zweit wohl gefühlt hat.

In der Öffentlichkeit besteht ein falsches Bild von der Landwirtschaft , unterstrich Hermannsen. Die Dauerklage der Branche vermische sich mit musealen Vorstellungen eines romantischen, jedoch rückständigen Landlebens. Tatsächlich gehöre die moderne Landwirtschaft in Europa zu den Wirtschaftsbereichen mit der höchsten Produktivitätsentwicklung. Die Landwirtschaft müsse endlich raus aus ihrer Opferrolle und Jammerecke und ihren Platz in der modernen Gesellschaft suchen. Die Zukunft der Landwirtschaft werde stark vom Markt bestimmt.

Mit Blick auf das Verbraucherverhalten stellte er fest, dass dieses oft nicht konsequent sei, Zwar forderten viele Verbraucher eine ökologischere Landwirtschaft, seien aber oft nicht bereit, die höheren Kosten und Preise, die damit verbunden sind, zu zahlen und gäben billigeren Produkten ihren Vorzug. In diesem Spannungsfeld muss die Landwirtschaft leben.

Grundsätzlich, so Hermannsen, habe der Verbraucher Anspruch auf gesunde und unbedenkliche Lebensmittel. Wie Untersuchungen zeigten, seien aber nicht unbedingt die teureren Lebensmittel auch die gesünderen oder besseren. Preiswerte Lebensmittel seien die Folge von rationeller Produktion.

Insgesamt bescheinigte Hermannsen der Landwirtschaft eine gute Zukunftsperspektive, vorausgesetzt, die Landwirte würden sich auf ihre unternehmerischen Fähigkeiten verlassen und nicht auf die Dauerhaftigkeit von Zahlungen und Versprechungen der Politik.

Schonungslos deutlich , nannte Landwirt Karl Reichert (Unterohrn) die Ausführungen Hermannsens. Die meisten Landwirte wissen, was sie zu tun und zu lassen haben , sagte Karl-Heinz Roll aus Unterhof, der den Vortrag im Großen und Ganzen schon gut fand. Die Region muss stark sein im globalen Geschehen forderte Karl Mozer. Hermannsen habe in seinem Vortrag ganz klare Worte gesprochen, dabei aber manches überzogen, so der Landwirt aus Pfedelbach.

Um Bürokratie in der Landwirtschaft, die dem Schutz des Verbrauchers dient, aber die Grenzen des Zumutbaren für die Landwirte auch überschreiten kann, drehte sich die anschließende Podiumsdiskussion. Zusammen mit einem Vortrag über Flächenzupacht und Szenen des Theaters Lindenhof rundete sie die Agrartagung in der Öhringer Kultura ab.

Rund 400 Landwirte waren gestern zur Agrartagung der Volks- und Raiffeisenbanken in die Kultura gekommen. Unter den Gästen war auch Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch vom Landwirtschaftsministerium. (Fotos: Bettina Henke)
Rund 400 Landwirte waren gestern zur Agrartagung der Volks- und Raiffeisenbanken in die Kultura gekommen. Unter den Gästen war auch Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch vom Landwirtschaftsministerium. (Fotos: Bettina Henke)
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