Stimme+
Waldenburg
Hinzugefügt. Zur Merkliste Lesezeichen setzen

Margarete Gutöhrlein, eine Frau mit Energie und Visionen

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

Margarete Gutöhrlein gründet mit 70 Jahren nach einem bewegten Leben das Albert-Schweitzer-Kinderdorf in Waldenburg. Ein Blick auf ihr Leben.

Margarete Gutöhrlein hat die Gründung des Kinderdorfs in Waldenburg initiiert, Sie starb aber, ehe mit dem Bau begonnen wurde. Ihr Mann Georg Gutöhrlein vollendete ihr Werk.
Fotos: privat
Margarete Gutöhrlein hat die Gründung des Kinderdorfs in Waldenburg initiiert, Sie starb aber, ehe mit dem Bau begonnen wurde. Ihr Mann Georg Gutöhrlein vollendete ihr Werk. Fotos: privat  Foto: privat

Sie war eine ganz besondere Frau, Margarete Gutöhrlein, die Frau, die das Albert-Schweitzer-Kinderdorf in Waldenburg gegründet hat, nach der eine Straße in Waldenburg benannt ist, und die in Schwäbisch Hall auf dem Nicolai-Friedhof beerdigt ist. "Die Menschen in Hall kannten sie mit ihren wagenradgroßen Hüten und den zwei weißen Pudeln, die mit dem Chauffeur zum Hundefriseur nach Stuttgart gefahren wurden", weiß Edith Amthor. Sie kennt sich bestens mit herausragenden Frauenpersönlichkeiten der Region aus und bietet dazu Stadtführungen in Schwäbisch Hall an.

Zwei weiße Pudel

Margarete Gutöhrlein war eine ganz besondere Frau. Zu jener Zeit in Hall bekannt wie ein bunter Hund, könnte man mit Blick auf die zwei Pudel sagen. Das war umso ungewöhnlicher, als dass die 1883 in Berlin geborene Frau die Tochter einer Jüdin war. Das "J" hatte Margarethe Gutöhrlein ab 1938 in ihrem Pass stehen. Trotzdem blieb sie bis kurz vor Kriegsende in Schwäbisch Hall wohnen. Sie hatte keine Furcht vor den Hallern. Wohl aber vor kurz vor Kriegsende einfallenden Fallschirmjägern. Deshalb suchte sie wie viele andere in den letzten Kriegstagen Zuflucht auf Schloss Stetten. Sie überstand den Krieg unbeschadet, kehrte zurück nach Schwäbisch Hall.

Doch schon zuvor war das Leben von Margarete Gutöhrlein alles andere als gewöhnlich. Mit Anfang 20 heiratet sie den Zahnarzt Knospe, hat mit ihm drei Töchter. Doch weil er sich merkwürdig entwickelt, sehr rechtsorientiert und irgendwann auch nicht mehr klar im Kopf ist, lässt sie sich scheiden. 1917 heiratet sie in Berlin den Polizeikommissar Lange. Doch schon nach drei Jahren reicht sie auch hier die Scheidung ein. Diese drei Jahre streicht sie später eine Weile in ihrer Biografie, um sich jünger zu machen.

Unerschrockene Frau

Ihr dritter Mann, Gutöhrlein, ist beim Bau einer Bahnlinie bei Bagdad zu Geld gekommen und leitete in Berlin eine Limo- und Saftfabrik. In Schwäbisch Hall gehörte ihm die Wildbad-Quelle. Das Wohnhaus stand am Scharfen Eck in Hall.

Margarete Gutöhrlein, berichtet Edith Amthor, verdiente Geld mit ihren drei Töchtern, die Tänzerinnen, Schauspielerinen und Sängerinnen waren. Sie managte die Töchter und nähte ihre Kostüme. Und sie begleitete die Sister G, wie sie sich nannten, nach Amerika. Dort wäre sie gerne geblieben, sagt Amthor. Sie habe ihrem Mann geschrieben, er solle alles verkaufen, ebenfalls nach Amerika kommen. Das war 1933. Doch da sie eine Lungenentzündung bekam, durfte sie nicht in Amerika bleiben, erzählt Amthor weiter. Zwei Töchter heirateten Schweden. Der Krieg brach aus. Sie habe sich nicht wegen der Haller sorgen müssen, sagt Amthor. Aber gegen Kriegsende wurde die Lage dennoch brenzlig.

Mitarbeit beim Roten Kreuz

Nach dem Krieg kehrte sie zurück nach Schwäbisch Hall und war für das Rote Kreuz mit ihren Englischkenntnissen eine wichtige Mittlerin zwischen den rückkehrenden Kriegsverletzten und den Alliierten. Sie habe gehandelt, ehe sie geredet habe, weiß Amthor. Das habe nicht jedem gefallen. Deshalb wurde Margarete Gutöhrleins Dienst für das Rote Kreuz lange totgeschwiegen.

1956 wollte sie das Kinderheim gründen, erst als Hermann-Gmeiner-Haus. "Doch da hätten nur evangelische Kinder hingedurft", erklärt Amthor, warum Gutöhrlein Kontakt zu Albert-Schweitzer aufgenommen hat. Der Briefwechsel zwischen den beiden ist im Hällisch-Fränkischen Museum in Schwäbisch Hall in einer der Vitrinen. Dort sieht man auch ein Foto der imponierenden Frau, die die Fertigstellung des Heims nicht erlebt hat. Margarete Gutöhrlein starb am 15. Juni 1958. Ihr Mann baute das Heim in Waldenburg fertig.

Frauenschicksale

Weitere spannende Frauenschicksale sind im Museum dokumentiert. So auch die junger Jüdinnen, die aus Schwäbisch Hall deportiert wurden und das Leben der Diakonissinnen und der ersten Frauen im Haller Gemeinderat.

Kommentare öffnen
Nach oben  Nach oben