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Ludwigsburg
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Küche als neues Spielfeld

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Der Ex-Nationalspieler und frühere Bundesligaprofi Tobias Weis ist jetzt Restaurant-Inhaber in Ludwigsburg. Der 32-Jährige will mit seinem Geschäftspartner expandieren und plant, noch weitere Restaurants zu eröffnen. Mit dem aktuellen Profifußball geht Weis, der mit seiner Frau bald von Öhringen nach Heilbronn zieht, hart ins Gericht.

Von Michael Schwarz
 Foto: Veigel, Andreas

Tobias Weis ist mit sich im Reinen. In seinem Restaurant nur wenige Gehminuten vom Ludwigsburger Bahnhof entfernt, nimmt er sich heute Zeit, um über sein Leben zu sprechen: über Pläne als Unternehmer - und über eine bewegte Karriere im Haifischbecken Profifußball.

Es ist kurz vor Zwölf. Langsam füllt sich das "La Pinseria", das Weis mit seinem Geschäftspartner Nico Pulitano seit drei Wochen betreibt. Drei bis vier Mal pro Woche fährt Weis von seinem Wohnort Öhringen nach Ludwigsburg. Und steht selbst in der Küche. Gummihandschuhe, Schürze, Teig auf die Arbeitsfläche. Apropos Teig. Der Pinsa Romana ist das Markenzeichen des Lokals und gilt im Gegensatz zum Pizzateig wegen seines hohen Anteils an Reis- und Sojamehl als besonders bekömmlich.

Weis greift zu einer scharfen Salami und Büffelmozzarella. "Das ist mein Lieblingsbelag", erklärt er. Und natürlich ist seine Kreation in der Speisekarte auch unter dem Namen Pinsa Tobias Weis zu finden.

Aufstieg und Rückschläge

Der Mann, dessen Name heute auf der Speisekarte des Ludwigsburger Restaurants steht, galt vor einigen Jahren als einer der vielversprechendsten deutschen Mittelfeldspieler. Doch es gab immer wieder Rückschläge. Weis, Jahrgang 1985, in Schwäbisch Hall geboren, durchlief die Jugendabteilung des VfB Stuttgart, für den er anschließend auch in der Amateurmannschaft kickte. Der Wechsel zur TSG Hoffenheim forcierte seine Karriere, die 2008 und 2009 ihren Höhepunkt erreichte.

 Foto: Uwe Anspach

Damals gehörte Weis auch zum Kreis der Fußball-Nationalmannschaft. Auf der Asienreise im Frühjahr 2009 wechselte ihn Bundestrainer Joachim Löw in Dubai in der 66. Minute im Spiel gegen die Vereinigten Arabischen Emirate ein. Die Deutschen gewannen 7:2, es blieb das einzige Länderspiel von Weis.

Dies war in einer Phase, als er auch mit Bayern München über einen Vertrag verhandelte. Doch der Wechsel an die Isar sei daran gescheitert, dass der damalige Bayern-Trainer Louis van Gaal kein großer Anhänger von ihm gewesen sei.

Danach sorgte Weis immer wieder für Schlagzeilen. Zum Beispiel, als er mit seinem Teamkollegen Tim Wiese beim Rosenmontagsball in Neckarsulm vor die Türe gesetzt wurde. Auch in der Hoffenheimer Mannschaft hat für Weis vieles nicht mehr gepasst - und er wurde aussortiert. Anschließend ging seine Fußball-Reise weiter nach Frankfurt. Dort hatte er Verletzungspech. 2014 wechselte er zum Zweitligisten VfL Bochum, wo 2016 sein Vertrag aufgelöst wurde.

Mit dem Profifußball geht er hart ins Gericht

Heute ist Weis erst 32 Jahre alt - und könnte eigentlich noch die Fußballschuhe schnüren. "Vielleicht bei einem Verein in der Region", sagt er. Kicken käme für ihn sowieso allenfalls als Freizeitausgleich in Frage - nicht mehr als Beruf. "Der Profifußball hat inzwischen korrupte Züge, darunter leidet der Sport extrem. Den jungen Spielern wird mit immensen Gehältern der Kopf verdreht", kritisiert Weis. Lägen den Fußballern bessere Angebote vor, würden die Manager der Profis aktiv auf einen Vereinswechsel drängen, "obwohl der Spieler oft noch einen länger laufenden Vertrag hat".

Ob ein Spieler im Profifußball in der ersten Elf stehe, liege zudem häufig auch daran, "ob sein Vater oder Manager mit dem Trainer gut kann". Weis gefällt genauso wenig, dass 17- oder 18-Jährige Spieler schon nach kurzer Zeit "auf ein Podest gehoben werden" - und so die Bodenhaftung komplett verlieren.

Doch mit diesem ganzen Theater will Weis nichts mehr zu tun haben. Er konzentriert sich jetzt auf andere Dinge. Mitte Dezember will er mit seiner Frau Derya, deren Kopf er vor vier Jahren auf seinem rechten Arm als Tattoo verewigen ließ, von Öhringen in die Heilbronner Innenstadt ziehen. Die beiden erwarten auch Nachwuchs.

Und das Restaurant? "Wir würden gerne irgendwann 15 bis 20 Lokale betreiben", sagt Weis. Ziel sei es, ein Franchise-Unternehmen aufzubauen. Die nächste Neueröffnung ist am 18. Dezember in Würzburg, auch in Stuttgart wollen sie bald präsent sein. Und was ist mit einem Restaurant in Heilbronn? Weis: "Das ist natürlich immer ein Thema."

Sportkarriere in Kürze

Tobias Weis wurde am 30. Juli 1985 in Schwäbisch Hall geboren. In seiner Jugend spielte er beim SC Bibersfeld und bei den Sportfreunden Schwäbisch Hall. 1996 ging er zur Jugend des VfB Stuttgart. Von 2002 an spielte er für die Amateurmannschaft der Schwaben. Bei den Profis des VfB kam er nie zum Einsatz. Im Sommer 2007 verließ Weis die Schwaben und wechselte zur TSG 1899 Hoffenheim. Dort kam er auf über 100 Bundesligaspiele. In der Winterpause der Saison 2013/2014 wechselte Weis auf Leihbasis zu Eintracht Frankfurt. Im September 2014 wurde er dann an Zweitligist VfL Bochum verliehen. Anfang dieses Jahres unterschrieb Weis beim Regionalligisten FC Homburg. Nachdem das Team abstieg, platzte der Vertrag jedoch.

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