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KI kontrolliert Biomüll: So funktioniert das künftige System in Hohenlohe

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Die Abfallwirtschaft Hohenlohekreis will ab 2026 Biotonnen mittels Künstlicher Intelligenz kontrollieren, und Störstoffe erkennen, die dort nicht hineingehören. So könnte das System künftig funktionieren.

Das zentrale Verkaufsargument der Firma C-Trace liest sich wie folgt: "Spätestens ab 1. Mai 2025 dürfen die zur Kompostierung oder Vergärung angelieferten Abfälle aus der Biotonne nur noch maximal drei Prozent Fremdstoffe enthalten. Wenn Störstoffe bereits bei der Bioabfallsammlung detektiert werden, ist dieses Ziel erreichbar", heißt es in der Pressemitteilung zu jenem System, auf das die Abfallwirtschaft Hohenlohekreis (AWH) womöglich ab 2026 setzen wird: c-detect.

Die simple Gleichung dahinter lautet: "Je sortenreiner die Bioabfälle angeliefert werden, desto geringer sind Aufwand und Kosten" für Entsorger und Auftraggeber. Und desto größer wird die Menge und desto besser die Qualität des verwertbaren Rohstoffs. Bei der Müllabfuhr würden Störstoffe auf diese Weise automatisch erkannt - auf der Basis von KI, so das Versprechen des Unternehmens mit Sitz in Bielefeld, mit dem die AWH bereits zusammenarbeitet, um Leerungsdaten zu erfassen, Behälter zu verwalten und den Sperrmüll zu managen.

Solche falsch befüllten Biotonnen sind ein Problem im Hohenlohekreis. Dies gilt es künftig noch stärker zu vermeiden.
Solche falsch befüllten Biotonnen sind ein Problem im Hohenlohekreis. Dies gilt es künftig noch stärker zu vermeiden.  Foto: privat

Abfallkontrolle mit KI im Hohenlohekreis: Das gilt ab Mai 2025

Streng genommen dürfen ab 1. Mai 2025, wenn die neue Bioabfallverordnung in ganz Deutschland greift, nur noch ein Prozent Fremdstoffe in privaten Biotonnen sein. Bei der Anlieferung ganzer Chargen darf dieser Wert drei Prozent nicht überschreiten, sonst können Verwerter diese zurückweisen. Aktuell befinden sich immer noch 15 bis 20 Prozent Fremdstoffe in den Hohenloher Biotonnen - vor allem Plastik.

Es gibt also noch viel zu tun, und die Zeit drängt. Weil der neue Entsorgungsvertrag erst ab 2026 gilt, müsste der Kreis noch über ein halbes Jahr das 2018 eingeführte System anwenden. Diese stichprobenartigen Sichtkontrollen stoßen jedoch an ihre Grenzen. "Es ist unrealistisch, von den Müllwerkern mehr als einen Blick auf die Oberfläche des Bioabfalls zu verlangen", sagt AWH-Sprecherin Anja Kohr. "Jedes Fahrzeug leert pro Tag zwischen 800 und 1000 Tonnen. Für intensive Kontrollen bleibt da keine Zeit."

Dennoch zeigt sich ein klarer Trend. Trotz dieser - wenn auch nur bedingt wirksamen - Kontrollen, ist die Zahl der sanktionierten Sonderleerungen, die je nach Tonnengröße zwischen 8,50 und 19,30 Euro zusätzlich kosten, nicht etwa gesunken, sondern von 2020 bis 2022 mit 500 bis 570 annähernd gleichgeblieben und 2023 auf 1028 gestiegen.

Müllwerker prüfen die Tonnen bislang stichprobenhaft per Sichtkontrolle.
Müllwerker prüfen die Tonnen bislang stichprobenhaft per Sichtkontrolle.  Foto: Reichert\, Ralf

Müll in Hohenlohe: Das steckt hinter dem KI-basierten Kontrollsystem

Abhilfe schaffen soll jetzt ein voll automatisiertes System, das Künstliche Intelligenz nutzt - womöglich eben "c-detect" von C-Trace. Kameras erledigen diese Jobs, die beim Ladevorgang am Müllwagen entweder von oben in die geöffneten Behälter blicken oder seitlich die Störstoffe scannen, wenn der Inhalt in den Bauch des Fahrzeugs geleert wird. "Das System funktioniert über Kameras wie das menschliche Auge", erklärt Wolfgang Weber, Vertriebsmitarbeiter von C-Trace. Nur mit dem feinen Unterschied, dass diese KI-Kameras viel mehr sehen und viel intensiver und feiner trainiert wurden, um Störstoffe zu erkennen. Im Fachjargon nennt man das die "Technologie des computerbasierten Sehens".

Inside-View heißt diese zweite Möglichkeit, Fremdstoffe beim Entladen in den Innenraum der Müllfahrzeuge aufzuspüren.
Inside-View heißt diese zweite Möglichkeit, Fremdstoffe beim Entladen in den Innenraum der Müllfahrzeuge aufzuspüren.  Foto: privat

KI macht Bilder von Störstoffen im Müll

Weber weiter: "Die Entscheidung über den Störstoff wird sofort über den Bordrechner getroffen, der mit einem entsprechenden Algorithmus ausgestattet ist." Jedes Mal, wenn Störstoffe erkannt würden, "werden Bilder erstellt und zusammen mit der Chip-Nummer in die Verwaltung der Abfallwirtschaft gesendet". Damit könnten alle verunreinigten Biotonnen eindeutig den Verursachern zugeordnet werden. Jeder erkannte Störstoff werde an einem kleinen Bildschirm am Fahrerhaus angezeigt. "Dabei wird die Schüttung angehalten und der Behälter wird ungeleert zurückgelassen. Der Bürger muss dann die Störstoffe entfernen oder die Tonne mit dem Restmüll bereitstellen, damit der Behälter beim nächsten Mal geleert werden kann."

Im Hohenlohekreis kosten diese Sonderleerungen extra, an diesem finanziellen Sanktionsprinzip ändert sich also nichts - nur dass ab 2026 wohl deutlich mehr Müllsünder erwischt werden, die für ihre Fehlwürfe zusätzlich zur Kasse gebeten werden. Für jede detektierte Verunreinigung werde ein untrügliches Beweisbild erzeugt.

Top-View nennt sich dieses Prinzip der Störstofferkennung. Am Heck des Müllwagens sind KI-Kameras montiert, die den Inhalt der Biotonnen checken.
Top-View nennt sich dieses Prinzip der Störstofferkennung. Am Heck des Müllwagens sind KI-Kameras montiert, die den Inhalt der Biotonnen checken.  Foto: privat

Der Erfinder: Die Firma C-Trace GmbH aus Bielefeld wurde 2005 gegründet und entwickelt "intelligente Lösungen für die Entsorgungswirtschaft für morgen". Störstoffe im Bioabfall mittels Künstlicher Intelligenz aufzuspüren, ist eine ihrer Dienstleistungen. Nach eigenen Angaben ist c-detect das erste System, das Fremdstoffe bei der Biomüllabfuhr auf diese Weise detektiert. Es ist noch sehr neu und erst in wenigen Kommunen im Einsatz: etwa in Rostock oder Bremen. "Ein vergleichbares Verfahren gibt es in Frankreich und in den USA. Diese haben aber keinen Schwerpunkt bei der Bioabfallsammlung", sagt Wolfgang Weber vom Vertrieb.

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