Kein Sonderweg für Moria-Flüchtlinge im Hohenlohekreis
Der Kreistag lehnt einen von den Grünen eingebrachten und der SPD unterstützten Antrag ab, weitere Familien vom abgebrannten Flüchtlingscamp aufzunehmen, deren Zahl über der Zuteilungsquote des Landes liegt.

Das Ergebnis fiel äußerst knapp aus. Am Freitagnachmittag hat sich der Kreistag damit befasst, ob zusätzliche Flüchtlinge außerhalb der vom Land festgelegten Zuteilungsquote im Hohenlohekreis aufgenommen werden sollen - und zwar hauptsächlich Familien aus dem griechischen Flüchtlingslager Moria, das bei einem Großbrand weitgehend zerstört worden ist. Das Gremium entschied sich in der Kupferzeller Carl-Julius-Weber Halle mit 19 zu 16 Stimmen dagegen.
Bis zu zwei weitere Familien mit je vier Angehörigen "oder eine entsprechende Anzahl allein reisender Frauen mit Kind" sollten nach einem Antrag der Grünen-Fraktion, den die SPD-Fraktion voll unterstützt hat, zusätzlich in den hiesigen Sammelunterkünften unterkommen können, was einer Verdopplung der aktuellen Quote gleichgekommen wäre. Diese liegt bei durchschnittlich sieben Flüchtlingen pro Monat.
Sondersitzung beantragt
"Diese Bereitschaft wird der Landesregierung mitgeteilt mit der Bitte, dem Hohenlohekreis vorzugsweise Familien aus dem Flüchtlingslager Moria zuzuweisen", lautet der zweite Passus in dem Antrag. Die Grünen-Fraktion und SPD-Kreisräte hatten die Sondersitzung des Kreistags zu diesem Thema am 29. September schriftlich beantragt. Zur Begründung heißt es in der Beschlussvorlage: "Die Katastrophe von Moria erfordert schnelles und unbürokratisches Handeln. Den vielen Familien muss jetzt noch vor der kalten Jahreszeit geholfen werden. Das Warten auf eine gesamteuropäische Lösung dauert zu lange."
Grüne und SPD wollten damit vor allem ein moralisches Zeichen setzen. Denn der Kreis ist für die konkrete Zuteilung von Asylbewerbern überhaupt nicht zuständig, sondern ausschließlich das Land. Und Flüchtlingsfragen betreffen vor allem den Bund. Und die EU. Doch auf dieser obersten Ebene ist man von einem gemeinsamen Konzept meilenweit entfernt - während das Land Baden-Württemberg derzeit gar keinen Bedarf erkennt, die Zuteilungen punktuell oder generell zu erhöhen. Die Kapazitäten an Sammelunterkünften in allen Kreisen Baden-Württembergs reichen demnach völlig aus - für alle Flüchtlinge, also auch für die aus Moria.
Es geht ums Prinzip
Im Hohenlohekreis wären derzeit 73 Plätze frei verfügbar - Platz genug also für zwei weitere Flüchtlingsfamilien. Die Unterbringung wäre theoretisch und finanziell problemlos möglich. Doch praktisch geht es ums Prinzip. Diesem folgte eine knappe Mehrheit des Kreistags - wobei zwei Kreisräte der Freien Wähler und FDP betonten, den Antrag "menschlich" zu verstehen, aber trotzdem dagegen zu stimmen, wohingegen Sprecher von Grünen und SPD dafür warben, dieses "Signal der Menschlichkeit" zu setzen. Von den CDU-Kreisräten meldete sich keiner zu Wort. Dafür gaben die drei AfD-Vertreter mehrere Statements ab und zogen damit viel Unmut auf sich. Ein Änderungsantrag der AfD-Gruppe über die Verabschiedung einer "Resolution zur durchdachten und humanen Migrationspolitik" wurde mit 32 zu drei Stimmen klar abgewiesen.
Das ist die Position des Landrats
Landrat Matthias Neth orientiert sich in der Flüchtlingsfrage immer noch an einem Zitat des einstigen Bundespräsidenten Gauck: "Das Herz ist weit, die Möglichkeiten sind endlich." Auf den Hohenlohekreis bezogen, bedeutet das: "Die Möglichkeiten des Kreistags sind gerade in der Flüchtlingsfrage sehr begrenzt. Wir haben keinen Einfluss auf die Verteilstruktur des Landes. Deshalb entscheidet auch nicht der Kreistag über die Aufnahme von Flüchtlingen aus Moria." Der Bund indes regele die Quote für den Gesamtstaat, "das kann nicht auf einzelne Kommunen heruntergebrochen werden". Gleichwohl verstand auch er den Grünen-Antrag so, "ein Zeichen zu setzen, dass unsere Herzen weit sind - obwohl dies technisch nicht in unserer Macht liegt".
Zwei junge Flüchtlinge aus Moria sind angekommen
Über einen anderen Verteilungsmodus sind dem Hohenlohekreis am 30. September zwei 17-jährige Flüchtlinge aus Afghanistan und Iran zugewiesen worden, die ein Jahr im Flüchtlingslager Moria waren. Sie wurden vom hiesigen Jugendamt in Obhut genommen und bekommen jetzt einen Vormund. Dabei handelt es sich um sogenannte "Unbegleitete Minderjährige Ausländer (UMA)". In den Sammelunterkünften des Hohenlohekreises sind bis dato keine Flüchtlinge aus Moria untergebracht worden.
Hintergrund
Wie viele der vom Bund aufgenommenen Flüchtlinge in den Sammelunterkünften der Kreise unterkommen, regeln die Länder über spezielle Quoten. 13 Prozent aller Asylbewerber in Deutschland nimmt Baden-Württemberg auf. Von den dort ankommenden Flüchtlingen werden dem Hohenlohekreis 1,25 Prozent zugewiesen. Nimmt der Bund also monatlich zum Beispiel 1500 auf, werden Baden-Württemberg 195 und dem Hohenlohekreis zwei bis drei zugeteilt. Aktuell und bis Jahresende erwartet der Kreis im Schnitt sieben Flüchtlinge pro Monat.