Stimme+
Jahresrückblick
Lesezeichen setzen Merken

Jagstunglück schweißt den Hohenlohekreis zusammen

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

Während im Landkreis Schwäbisch Hall tonnenweise tote Fische geborgen werden müssen, kommt der Landkreis Hohenlohe glimpflich davon.

Von Thomas Zimmermann

 

Im Sommer hält das Jagstunglück den Hohenlohekreis in Atem. Als in der Nacht auf den 23. August in einer Mühle in Kirchberg-Lobenhausen (Landkreis Schwäbisch Hall) ein Großbrand ausbricht, ahnt niemand, dass der Feuerwehreinsatz zu einer der größten Flusskatastrophen in Deutschland führt.

Doch in der Mühle ist Industriedünger gelagert und mit dem Löschwasser strömt durch ein Leck im Rückhaltebecken mit Ammoniumnitrat verseuchtes Wasser in die Jagst. Die Konzentration von rund 200 Milliliter auf den Liter Wasser am Unglücksort ist für Fische absolut tödlich. Schon bei 0,5 Millilitern des chemischen Stoffes sind Fische und Kleinlebewesen gefährdet. 

 

 

 

 

 

Rettungsaktion

Im Landkreis Schwäbisch Hall erkennt man den Ernst der Lage spät. Zudem ist der Fall einzigartig, es gibt es keine Pläne für eine derartige Katastrophe. Rund um die Lobenhauser Mühle sterben tonnenweise Fische. Erst am 25. August führen Feuerwehr und Technisches Hilfswerk (THW) in Langenburg-Bächlingen Sauerstoff und Frischwasser zu. Jagstwasser wird auf die Felder gepumpt. Erste tote Tiere tauchen am Wehr der Mosesmühle auf. 

Inzwischen bereitet sich der Hohenlohekreis auf die Ammoniumwelle vor. In Mulfingen reichern Großpumpen der Feuerwehren und THW das Wasser mit Sauerstoff an. Die Fischereivereine fischen die Jagst ab, um Tiere vor der Giftfahne in Sicherheit zu bringen. Parallel dazu werden die Wehre, Flussarme und Biotope abgedichtet, um die wertvollen Lebensräume komplett zu retten. 

 


 

Am 26. August gegen 9 Uhr erreicht die Giftfahne Mulfingen-Eberbach. Die Ammonium-Konzentration liegt immer noch bei rund 50 Milligramm pro Liter. Stunden später tauchen erste tote Fische auf, doch es sind deutlich weniger, als befürchtet. Entlang der Jagst sind die Gemeinden auf ihren Einsatz vorbereitet. Feuerwehren und THW-Helfer rücken mit schwerem Gerät an, Sandsäcke werden gestapelt und Fische gerettet. Längst ist ein Krisenstab eingerichtet, der die einzelnen Maßnahmen koordiniert.

Verbesserung der Lage

Täglich sind rund 150 bis 250 Experten rund um die Uhr im Einsatz. Es gelingt, die Ammonium-Konzentration Schritt für Schritt zu senken. Mit der Öffnung des Mulfinger Stausees und des Rückhaltebeckens in Zaisenhausen sorgen 50.000 Kubikmeter Frischwasser für eine deutliche Verbesserung der Lage. Die Hoffnung wächst, dass die große Katastrophe ausbleibt, zumal die Fische gegenüber dem Ammonium deutlich resistenter reagieren, als erwartet.

Am 31. August gründet sich der Arbeitskreis Zukunft der Jagst im Hohenlohekreis, der die schnelle Renaturierung des Flusses im Blick hat. Das Land sichert zu, die Kosten für die Einsätze zu übernehmen. 

In der Bevölkerung entsteht eine Welle der Hilfsbereitschaft. Der Optimismus wächst mit den sinkenden Ammoniumwerten. In Dörzbach werden nur noch rund 15 Milligramm gemessen, in Schöntal gelingt es, den Wert erstmals unter die 10 Milligramm-Grenze zu drücken. Als die Ammoniumfahne Anfang September den Hohenlohekreis bei Berlichingen verlässt, sind es weniger als acht Milligramm. Das befürchtete Fischsterben ist weitgehend ausgeblieben, die Jagst erholt sich schneller als erwartet.

Der Hohenlohekreis hat in den dramatischen Tagen im August gezeigt, was mit vereinten Kräften möglich ist.

 

Jahresrückblick 

Dies ist ein Artikel aus dem Jahresmagazin, das am heutigen Montag, 28. Dezember, der Heilbronner StimmeHohenloher Zeitung und Kraichgau Stimme beiliegt. 

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
  Nach oben