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Im Zentralarchiv: Wertvolles Wissen hinter kunstvollen Einbänden

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Leser erhalten Einblick in fünf Kilometer Akten, die im Zentralarchiv in Neuenstein lagern und Spannendes erzählen. Von kaiserlichen Siegeln und Auftragsfälschungen.

Eberhard Merk zeigt die Urkunde, die die Hohenloher zu Fürsten machte.
Eberhard Merk zeigt die Urkunde, die die Hohenloher zu Fürsten machte.  Foto: Tscherwitschke, Yvonne

Gebannt beobachten die 15 Teilnehmer der Lesersommer-Aktion, wie Eberhard Merk einen großen, flachen, grauen Karton öffnet. Ein wenig ehrfurchtsvoll. Denn der Karton enthält nichts geringeres als das Dokument, mit dem die Grafen zu Hohenlohe von Carl II. 1744 in den Fürstenstand erhoben wurden. Mehrere Seiten aus Pergament sind groß beschrieben und von Hand unterzeichnet. Ein tellergroßes Siegel betont die Wichtigkeit des Dokuments. Das Wachssiegel ist mit einer Metallabdeckung geschützt und mit dem Doppeladler verziert.

Älteste Dokument ist der Stiftungsbrief

Das ist aber nicht das ältestes Dokument, das im Hohenloher Zentralarchiv im Neuensteiner Schloss zu finden ist. Archivar Eberhard Merk, der drei Tage die Woche im Ludwigsburger Staatsarchiv und zwei Tage in Neuenstein arbeitet, berichtet: "Das älteste Dokument ist der Stiftungsbrief von 1037, mit dem Kaisermutter Adelheid das Öhringer Chorherrenstift gründen ließ." Beim nächsten Satz halten die Zuhörer kurz die Luft an. Denn Eberhard Merk fährt fort: "Die Urkunde ist aber eine Fälschung." Stille im Saal.

Spezialisten klären auf

Das älteste Dokument, der Stiftungsbrief von Kaisermutter Adelheid, datiert aus dem Jahr 1037. Die Bücher, Urkunden, Noten, Karten und Rechnungen, Totenschriften und Briefe in den fünf Kilometer Regalreihen erzählen Spannendes.
Fotos: Tscherwitschke
Das älteste Dokument, der Stiftungsbrief von Kaisermutter Adelheid, datiert aus dem Jahr 1037. Die Bücher, Urkunden, Noten, Karten und Rechnungen, Totenschriften und Briefe in den fünf Kilometer Regalreihen erzählen Spannendes. Fotos: Tscherwitschke  Foto: Tscherwitschke, Yvonne

Eberhard Merk liefert die Aufklärung aber schnell nach: Es sei ein sogenanntes "verunechtetes Dokument". Das bedeutet, dass es bewusst 150 Jahre später nochmal geschrieben wurde. Das sei zu früheren Zeiten öfter vorgekommen. Forscher, die sich auf Handschriften spezialisiert haben, würden so etwas herausfinden. Ähnlich habe es sich mit der konstantinischen Schenkung verhalten.

Privatarchiv des Hauses Hohenlohe

Überhaupt weiß Eberhard Merk allerhand spannender Geschichten zu erzählen. Vor allem natürlich die des Hauses Hohenlohe mit seinen vielen verschiedenen Linien. Denn das Hohenloher Zentralarchiv ist das Privatarchiv des Hauses Hohenlohe, in dem die schriftlichen Zeugnisse der verschiedenen Linien gesammelt und von Archivaren erschlossen werden. Alle Dokumente, die älter als 100 Jahre sind, seien frei zugänglich, erklärt Eberhard Merk und könnten auch zu Zwecken der Heimat- oder Ahnenforschung von Jedermann genutzt werden. Wolle man Zugang zu Unterlagen jüngeren Datums, brauche man dafür die Zustimmung von Kraft Fürst zu Hohenlohe-Oehringen, dem Senior des Hauses Hohenlohe.

Aus der Geschichte

Beeindruckt sind die Teilnehmer von den langen Regalreihen im Magazin.
Beeindruckt sind die Teilnehmer von den langen Regalreihen im Magazin.  Foto: Tscherwitschke, Yvonne

Die Lesersommer-Teilnehmer erfahren beim Besuch im Archiv nicht nur, dass die Hohenloher Fürsten einst zu den reichsten Familien Deutschlands gehörten, weil Erz- und Uranmienen zu ihrem Eigentum gehörten. Sie hörten auch, wie der Zweite Weltkrieg die Hohenloher zurück in die Region brachte, die ihren Namen trägt.

Knapp fünf Kilometer Dokumente lagern im Neuensteiner Schloss Die Besucher sind beeindruckt von den hohen Regalreihen, den kostbaren Einbänden. Staunen rufen die handgezeichneten Karten hervor, die nur aufgrund von gezählten Schritten (des Pferdes oder des Vermessers) gezeichnet wurden und teils nur eine Abweichung von drei Prozent zur Realität aufweisen. Auch die Kräuterbücher sind wunderschöne Kostbarkeiten und Hinweis auf schon früh vorhandenes Heilwissen. Die Zeit vergeht viel zu schnell. Begeistert von dem großen Fachwissen Eberhard Merks ist Sabine Anderle-Kohler aus Bad Friedrichshall. Ernst Rücker aus Wüstenrot hebt die mitreißende Freude und das Engagement des Archivars hervor. Ute Kraft aus Bönnigheim bekommt gar richtig Lust, sich "nochmals ins Mittelalter versetzen zu lassen." Und Albrecht Nenner sagt zum Lesersommer: "Interessant wie jedes Mal."

 
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