Hygiene statt Horror beim Piercen
Praktikantin der Hohenloher Zeitung berichtet über ihre Erfahrungen beim Stechen eines Piercings durch die Ohrmuschel im Tattoo- und Piercing-Studio Pendragon in Neuenstein. Prozedere dauert nur eine knappe Minute.

"Jetzt darfst du mich löchern, bevor ich dich löcher", sagt Silke Dold aus Pfedelbach und lacht. Sie ist im Tattoo- und Piercing-Studio Pendragon in Neuenstein für die Piercings zuständig. Bereits seit 13 Jahren verziert sie die Körper ihrer Kunden.
Rockmusik im Hintergrund
Wir sitzen auf einer schwarzen Kunstledercouch in einem Raum mit gedimmten Licht und Graffiti an den Wänden. Im Hintergrund läuft Rockmusik. Da ich bereits zehn Piercings an meinen Ohren und einen an meinem Nasenflügel habe, bin ich relativ entspannt. Obwohl ich heute das erste Mal allein bei einem Piercer bin. Heute soll das zwölfte Piercing folgen: ein Helix. Das bedeutet, ein Schmuckstück durch die Ohrmuschel.
Einverständniserklärung unterschreiben
Dold nimmt sich Zeit für mich und beantwortet meine Fragen geduldig. Obwohl sie eine Menge zu tun hat: Laufend klingelt das Telefon und Kunden haben Fragen oder möchten einen Termin ausmachen. Bevor es losgeht, muss ich eine Einverständniserklärung unterschreiben. Diese beinhaltet beispielsweise, dass ich über die Risiken und die Folgen einer falschen Behandlung aufgeklärt worden bin. "Das A und O ist die richtige Pflege", erklärt Dold. Deshalb gibt sie mir noch ein Merkblatt mit Pflegehinweisen für mein neues Piercing.
Ich kann ihr nur zustimmen, denn wenn sich eines meiner Piercings entzündet hatte, war das Problem innerhalb weniger Tage mit intensiver Pflege behoben. Außer einmal - da habe ich schlechte Erfahrungen gemacht: Es wurde ein fehlerhaftes Piercing eingesetzt und ich musste den Schmuck entfernen. Das war bei einem anderen Piercer, der mich bei sich zu Hause durchlöchert hat, was im Nachhinein ziemlich unprofessionell war. Denn bei diesem Piercer habe ich keine Pflegehinweise bekommen. Und ich kann mich auch nicht an eine Einverständniserklärung erinnern.
Vertrauen in Piercerin
Doch das Pendragon erscheint mir sehr professionell und ich lege großes Vertrauen in das Können der Piercerin. "Ich muss sagen, wir sind ein sehr pingeliges Studio", sagt Silke. Das Studio lege großen Wert auf Hygiene. Bei jedem Kunden würden neue Einweghandschuhe verwendet und ein Mundschutz für die eigene Gesundheit und die der Kunden. Die Arbeitswerkzeuge seien alle steril. Beispielsweise würden die Zangen, mit denen die jeweilige Körperstelle fixiert wird, in einem Ultraschallbad gereinigt und anschließend mit einem Heißluftsterilisator eingeschweißt.
Nachdem Dold mein Ohr desinfiziert hat, zeichnet sie einen Punkt an meine Ohrmuschel, durch den das Loch später gestochen werden soll. Nachdem ich die Stelle absegne, durchleuchtet sie mein Ohr, um zu sehen, ob Adern durch die Stelle laufen. Da dies nicht der Fall ist, kann es losgehen. Das beruhigt mich, denn ich habe schon einige Horrorgeschichten über gelähmte Ohren gehört. Doch Dold versichert mir, bei ihr sei sowas noch nie vorgekommen. Sie meint, dass sich, wenn man eine Ader treffe, lediglich der Heilungsprozess verlängern und das Ohr bluten würde.
Zange angesetzt
Sie setzt die Zange an meine Ohrmuschel, um sie zu fixieren und betäubt sie mit Eis-Spray. Dann wird es ernst. Obwohl ich schon erfahren bin, was Piercings angeht, bin ich ein bisschen nervös. Ich hoffe, dass alles gut geht. Mit einer Hohlnadel, die mit einer Kanüle umhüllt ist, sticht Dold das Loch. Sie entfernt die Zange und schiebt den Schmuck in die Kanüle. Somit ist das Piercing nun durch mein Ohr durch und die Kanüle wieder draußen. Dann muss nur noch der Schmuck verschlossen und das Ohr noch einmal desinfiziert werden. Das war es schon.
Adrenalin im Körper
Nicht einmal eine Minute hat das Prozedere gedauert. Für mich war das nicht schlimm, der Schmerz ist nichts Neues für mich. Durch das Eis-Spray und das Adrenalin in meinem Körper spüre ich den Schmerz kaum. Mein einziges Problem: Die kommenden Nächte werde ich wohl nur auf meiner linken Körperseite schlafen können. Diesen Kompromiss gehe ich aber gern ein. Denn mein neues Piercing gefällt mir sehr gut.