Große Mohnfelder in der Region: Vergänglicher Traum in Lila
Auf Feldern bei Erlenbach und Zweiflingen wachsen tausende Mohnblüten. Sie ziehen die Menschen magisch an, auf der Suche nach dem perfekten Foto. Was viele nicht wissen: Die Felder sind nicht nur da, um schön auszusehen.

Lila Blüten, soweit das Auge reicht. Das Mohnfeld zwischen Öhringen und Friedrichsruhe zieht die Menschen magisch an. Sie fluten die sozialen Medien mit Fotos. Etliche kommen in Kleidung, die perfekt zur romantischen Stimmung passt.
Was viele nicht wissen: Die Felder sind nicht nur da, um schön auszusehen. Sie werden auch landwirtschaftlich genutzt. Hier werden Ölsaaten angepflanzt. Die Samen werden zu Backmohn weiterverarbeitet. Oder es wird Öl daraus gepresst.
Sommermohn und Wintermohn
Die große Fläche beim Platzhof ist am Verblühen. Die Felder bei Erlenbach brauchen noch einige Zeit, bis sie in voller Blüte stehen. Dort wird der Mohn rosa blühen, berichtet Stefan Kerner von der gleichnamigen Ölmühle. Der Grund: Als er im September den blau-lila-blühenden Wintermohn eingesät hat, hat es kurz danach zu stark geregnet, die Saat ging nicht gut auf. Im März wurde noch Sommermohn ausgesät. "Der zieht die Leute dann hoffentlich auch an", so Kerner. Damit die Menschen die Pflanzen nicht zertreten oder an ungewollter Stelle mit den Autos parken, sind Wiesen- und Ackerrandflächen gemäht.
Geringer Anteil Morphium
Was passiert mit dem Mohn? Ist er nicht ein Betäubungsmittel? "Der Mohn, der bei uns angebaut werden darf, hat den geringsten Anteil Opium", sagt Kerner und verweist auf das sehr strenge Betäubungsmittelgesetz in Deutschland. "Der tut nix", so der 40-Jährige. Der Mohn habe keine berauschende Wirkung. Der Blaumohn sei ein "blinder, geschlossener Mohn", er bilde oben am Kranz keine Löcher aus, um sich selbst auszusäen. "Damit kann er mit dem Mähdrescher geerntet werden", erklärt Kerner.
Raschelprobe vor Ernte

Die Mohnblüten sind vergängliche Schönheiten: Eine Blüte vergeht nach einem Tag. In den Kapseln sind erst weiße Samen, sie werden an der Außenhaut abgelagert und färben sich mit der Zeit dunkel, weil sie Öl einlagern. Nach vier bis fünf Wochen können die Kapseln geerntet werden, erklärt Stefan Kerner. "Da kann man die Raschelprobe machen." Wenn die Samen in der Kapsel ein Geräusch machen, sind sie reif.
Geerntet wird mit dem Mähdrescher. Sofort danach müssen die grünen Pflanzenteile entfernt werden, damit nichts schimmelt. Die Kapselteile und anderen Reste wandern in acht Feinreinigungsstationen. "Das geht mit Sieben mit Absaugkanälen", erklärt Kerner. Die Siebgröße beträgt 0,5 Millimeter. Mohn habe einer Körnung von 1 bis 1,2 Millimeter. Die Erntefeuchte beträgt um die sieben Prozent. Erst nach sechs bis acht Wochen kann das Öl gewonnen werden. "Oder die Ware wird beim Bäcker verarbeitet." Kerner hat sechs Hektar Mohnfelder. Pro Hektar erntet er eine Tonne Mohn. Das macht für ihn 7500 Fläschchen zu 250 Milliliter.
Mohn lockt viele Menschen
Um die 30 Hektar Mohn hatte die Betriebsgemeinschaft Neuhof (Schöntal) letztes Jahr beim Hof Ruckhardtshausen angepflanzt. "Jedes Jahr wird ein anderes Feld beglückt", erklärt Simon Sieglin vom Hof Ruckhardtshausen. In diesem Jahr ist der Mohn beim Platzhof kurz vor Friedrichsruhe. So schön das Blütenmeer ist, so froh ist Familie Sieglin, dieses Jahr nicht Ziel der Foto-Safari zu sein. "Letztes Jahr an Himmelfahrt waren um die 150 Autos beim Feld", erinnert sich Mutter Andrea an den vielen Verkehr.
Sieglins bedauern, dass sich viele Menschen nicht an die Spielregeln gehalten haben, ins Feld gelaufen sind. "Höhepunkt war ein Oben-Ohne-Foto auf Instagram", erinnert sich Andrea Sieglin. Drei Familien gründeten im Sommer 2002 die BG Neuhof mit damals 400 Hektar Fläche. Heute bewirtschaften 15 Familien 2400 Hektar Land.
Mohn in Zahlen
2018 wurde Mohn bundesweit auf 220 Hektar angebaut, 2021 auf 950. 2020 wurden 2000 Tonnen Mohn angebaut, konsumiert wurden 6000 Tonnen. In einer Mohnkapsel sind 2000 Samen, sie wiegen zusammen ein Gramm. Blaumohn wird mit seinen nussigen Samen für Süßspeisen angebaut. Die Samen haben einen Ölgehalt von etwa 40 und sind so auch für Öl geeignet. Schlafmohn wird wegen des hohen Morphingehaltes zur Gewinnung von Opium angebaut. In Deutschland muss der Mohnanbau genehmigt werden. Es sind drei Sorten zugelassen.