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Bretzfelder Gemeinderat lehnt Bürgerbegehren gegen Flüchtlingsunterkunft ab

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Gegner der geplanten Flüchtlingsunterkunft verlassen nach Ratsentscheid wütend die Halle. Warum das Bürgerbegehren aus Sicht der Gemeinde unzulässig ist..

Mit großen Plakaten haben die Initiatoren für Unterschriften für das Bürgerbegehren geworben. Es haben 981 Menschen unterzeichnet.
Mit großen Plakaten haben die Initiatoren für Unterschriften für das Bürgerbegehren geworben. Es haben 981 Menschen unterzeichnet.  Foto: Alternativer Fotograf

Nach etwa einer Stunde ist klar: Der Gemeinderat Bretzfeld hat das zweite Bretzfelder Bürgerbegehren abgelehnt. Einstimmig. Viele der etwa 140 Zuhörer verlassen wütend und Türen schlagend die Scheppacher Halle, ehe die Sitzung zu Ende ist.

Mit dem Bürgerbegehren wollen die Initiatoren eine zweite geplante Flüchtlingsunterkunft in Schwabbach verhindern. Nachdem bereits eine Gewerbehalle vom Hohenlohekreis als Erstunterkunft mit 73 Plätzen genutzt wird, hat der Landkreis nun nicht weit entfernt davon ein Grundstück angemietet, um dort in einer Containeranlage weitere 100 Flüchtlinge unterzubringen.

Nach einer Bürger-Info in der Schwabbacher Halle im Januar diesen Jahres hat sich der Gemeinderat in der Sitzung am 18. Januar mit der Bausache befasst und das baurechtliche Einvernehmen zu dem Vorhaben erklärt. Der Widerstand in der Bevölkerung wurde größer. Am 23. April wurde Bürgermeister Martin Piott von Vertretern der Bürgerinitiative der Antrag für das Bürgerbegehren mit 981 gültigen Unterschriften übergeben. Das nötige Quorum von 701 Stimmen wurde damit erreicht.

"Bin nicht rechtsradikal"

Rund 140 Zuhörer verfolgen die Gemeinderatssitzung in Scheppach. Vor allem die in Schwabbach geplante Flüchtlingsunterkunft erhitzt die Gemüter.
Fotos: Tscherwitschke
Rund 140 Zuhörer verfolgen die Gemeinderatssitzung in Scheppach. Vor allem die in Schwabbach geplante Flüchtlingsunterkunft erhitzt die Gemüter. Fotos: Tscherwitschke  Foto: Tscherwitschke, Yvonne

In der Sitzung hatte Cornelia Bauer, eine von drei Vertrauensleuten der BI, die Gelegenheit, das Bürgerbegehren zu begründen. Sie sei "weder rechtsradikal noch Nazi, einfach nur eine Frau in Angst", stellte sie sich vor. 2011 sei sie nach Schwabbach in ein intaktes Dorf gekommen. Als dort immer wieder Flüchtlinge aufgenommen worden seien, hätten sich die Schwabbacher hilfsbereit gezeigt, führt sie aus. "Doch nun sollen bis zu 270 Flüchtlinge aus fremden Kulturkreisen in unserer kleinen Gemeinde Einzug halten", sagt sie und mit Blick auf die Größe Schwabbachs: "Das sind 20 Prozent der Bevölkerung. Das ist wie wenn ein Schäfer eine Herde hätte, die aus 80 Schafen und 20 Wölfen besteht."

Die Ablehnung der Flüchtlingsunterkunft begründet sie damit, lieb gewonnene Gewohnheiten wie den Spaziergang am Abend und das Sonnenbaden im Bikini im Garten nicht mehr tun zu können. "Wir fühlen uns unwohl bei der Begegnung mit so vielen jungen Männern."

Von Bürgern habe sie gehört, dass die sich nicht getraut hätten, zu unterschreiben, aus Angst vor Repressalien. "Wer seine Ängste äußert, wird in die rechte Ecke gestellt und von Ämtern und der Presse schikaniert." Cornelia Bauer beruft sich auf das Grundgesetz: Der Bund verstoße dagegen, indem er Flüchtlinge, die aus einem sicheren Staat einreisen, nicht zurückweise.

Applaus hier, Buhrufe dort

Sie verweist auf den nahen Einkaufsmarkt. Dort werde gestohlen und die Verkäuferinnen würden sich nicht trauen, einzuschreiten. Die meisten der rund 140 Zuhörer spenden Cornelia Bauer dafür Applaus. Wütende Zwischenrufe gibt es für die Ausführungen der Verwaltung und des Rechtsanwalts Lorenz Nieninger. Der führt aus, dass das Bürgerbegehren nicht zulässig sei. Denn: Das Gesetz sagt, das gehe nur bei Angelegenheiten im Wirkungskreis der Gemeinde. Das Grundstück sei jedoch im Eigentum eines Privaten, der Vorhabenträger sei das Land. Aus diesem Grund wurde auch das Pfedelbacher Bürgerbegehren gegen eine dortige Flüchtlingsunterkunft im früheren Seniorenheim abgelehnt.

Der Rechtsanwalt verweist auf einen zweiten Punkt: die hinreichende Bestimmtheit der Fragestellung. Die sei hier nicht gegeben, da nur eine Meinung abgefragt werde, die Antwort könne nur ja oder nein sein, daraus folge nichts.

Piott erinnert an die Januar-Sitzung: Der Gemeinderat habe dem Land zu verstehen gegeben, das man einen weiteren so nahen Standort nicht gut finde. Das Einvernehmen habe aber erteilt werden müssen, da das Baurecht keine andere Möglichkeit lässt. Denn das Einvernehmen zu einer Bausache könne nur aus planungsrechtlichen Grünen versagt werden, nicht aus politischen. Und ein einmal erteiltes Einvernehmen könne nicht widerrufen werden.

Gegen Anarchie

Piott führt aus: "Es mag für sie nicht befriedigend sein, dass wir uns über Formalitäten unterhalten müssen. Aber Formalitäten bedingen Rechtmäßigkeiten." Und er fragt: "Was wäre, wenn der Gemeinderat willkürlich entscheiden würde? Das wäre Anarchie.

 
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