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Gefahr für die Allgemeinheit

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Erste Große Strafkammer verurteilt Großvatermörder zu lebenslanger Haft − Verwahrung wird geprüft

Von unserer Redakteurin Yvonne Tscherwitschke
Der Angeklagte zeigte beim Urteil keine Regung.Foto: Archiv/Fotolia
Der Angeklagte zeigte beim Urteil keine Regung.Foto: Archiv/Fotolia

Etliche Zuhörer sind gekommen, um zu hören, welches Urteil die Erste Große Strafkammer am Landgericht Heilbronn über den 23-jährigen Mann fällt, der in Verrenberg seinen Großvater ermordete. Nur die wichtigste Person des Angeklagten, die Mutter, fehlt auch am letzten Prozesstag. Wie sie überhaupt außer bei ihrer kurzen Vernehmung dem Gerichtssaal während des gesamten Prozesses ferngeblieben war.

Prüfung

Ganz ruhig wird es im Gerichtssaal, als Richter Roland Kleinschroth am Donnerstag das Strafmaß verkündet: Lebenslange Haft, wie von Staatsanwalt und Verteidigung gefordert und wie es vom Gesetzgeber für Mord vorgesehen ist. Die Anordnung der Unterbringung in Sicherungsverwahrung bleibt vorbehalten.

Das heißt: Nach 15 Jahren Haft wird geprüft, ob der Verurteilte noch immer eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt. Das müsse man zum jetzigen Zeitpunkt annehmen, sagte Kleinschroth, der dem psychiatrischen Gutachten voll zustimmte. Mit einer Ausnahme: Der Gutachter ging davon aus, dass der Angeklagte die Äußerungen in dem schwarzen Buch, das bei ihm im Gefängnis gefunden worden war, eingeflüstert bekommen hatte. Kleinschroth dagegen meint: "Das ist − auch inhaltlich − ihre Handschrift." Der 23-Jährige hatte geschrieben: "Ich will im Knast hart und kalt werden, ich will kein Muttersöhnchen mehr sein." Und er kündigte an: Wenn er rauskomme, warte er sechs Jahre, ehe er sich das nächste Opfer suche.

Laut Gutachter begegne der Angeklagte Herabsetzungen mit Gewalt. "Ein Hang zu erheblichen Straftaten muss damit eindeutig bejaht werden", begründete Kleinschroth die vorbehaltene Sicherungsverwahrung. "Ähnliche Übergriffe auch auf Menschen außerhalb der Familie wären sicher."

Obwohl der Täter früh zugegeben habe, am 16. Juli 2014 seinen Großvater in Verrenberg erstochen zu haben, sei es dem Gericht schwergefallen, die Tat zu bewerten, sagte Kleinschroth. Nicht allein weil es um einen "wirklich brutalen Mord in so einem beschaulichen Ort wie Verrenberg" ging, sondern auch, weil nicht irgendwer irgendjemanden umgebracht habe, sondern der Lieblingsenkel seinen Großvater. "Und das, obwohl der sich bis zuletzt vor seinen Enkel gestellt und dafür gesorgt hat, dass er nicht bei der restlichen Familie in Verruf gerät."

Denn während es die restliche Familie zu relativem Wohlstand gebracht habe, hätten Mutter und Sohn ab 2010 gemeinsam in einem Zimmer in der Notunterkunft gehaust. Sie lebten von Hartz IV, gaukelten der Familie aber vor, der Sohn hätte Arbeit. Der Großvater habe den Enkel oft kritisiert, hätte es aber nicht böse gemeint, erklärte Kleinschroth. Der Enkel, der dies wegen seines niedrigen Intelligenzquotienten von nur 75 nicht habe überblicken können, hätte das als Gängelei empfunden und sich immer mehr vom Großvater entfernt. Die Mutter, mit der er gemeinsam die Familie belogen und bestohlen habe und mit der er gemeinsam wegen geringfügiger Ladendiebstähle vom Amtsgericht zu Bewährungsstrafen verurteilt wurde, sei immer mehr die einzige Bezugsperson geworden.

Heimtücke

Ob die Mutter es vielleicht sogar angestiftet habe, dass der Enkel dem Opa 3500 Euro klaute, sei unklar geblieben. Fakt aber sei, dass sie es wusste und es zum Bruch kam, obwohl der Großvater den Diebstahl totschweigen wollte. Vor Gericht habe der Enkel gesagt, er habe "die Schnauze voll vom Großvater". Mehr und mehr habe er seine Fantasien auf ihn fokussiert und dann am 16. Juli umgesetzt.

Wie erwartet, hätte er den Großvater nachts vor dem Haus angetroffen. "Der Opa war völlig arg- und wehrlos, freute sich vermutlich sogar, Sie zu sehen", sagte Kleinschroth. "Doch Sie haben sofort mit großer Kraft auf ihn eingestochen." Mindestens 25 Verletzungen fügte der Enkel dem Großvater mit dem mitgebrachten Messer zu. Das Messer und blutverschmierte Kleidung stellte die Polizei bereits am nächsten Tag sicher.

 
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