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Fallermittler in Hohenlohe: Höchste Quote trotz hoher Inzidenzen

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Das Gesundheitsamt des Hohenlohekreises beteuert: Alle Kontaktpersonen konnten seit Ausbruch der Corona-Pandemie nachverfolgt werden - bislang waren es immerhin mehr als 4800. Alle exakten Ansteckungsorte konnten freilich nicht ermittelt werden. Dafür ist die digitale Technik auf dem neuesten Stand - und das Faxgerät kaum noch in Betrieb.

Kleiner Landkreis, großer Aufwand: Die Fallermittler des hiesigen Gesundheitsamts sind nicht zu beneiden. Mehr als 4800 Coronainfektionen wurden seit Ausbruch der Pandemie im März 2020 registriert, dahinter standen bisher fast 15.000 direkte Kontaktpersonen. Bezogen auf seine Bevölkerungszahl, rangiert der Hohenlohekreis damit in der Spitze Baden-Württembergs.

Quote der Fälle mit unbekannter Infektionsquelle bei 30 Prozent

Doch wie meistert der mehrmalige Corona-Hotspot diese Herkulesaufgabe? Konnten trotz hoher Inzidenzen zwischen 200 und 300 bisher wirklich alle Kontaktpersonen sauber nachverfolgt werden? "Ja", beteuert Annemarie Flicker-Klein, kommissarische Leiterin des Gesundheitsamts. "Bislang war dies bei allen Coronafällen möglich."

Anders sieht es bei der Ermittlung des exakten Ansteckungsortes aus. "Derzeit liegt die Quote der Fälle mit unbekannter Infektionsquelle bei rund 30 Prozent." Großen Einfluss darauf habe die britische Mutante B 1.1.7 wegen der höheren Reproduktionszahl. Sie gibt an, wie viele Menschen eine infizierte Person im Mittel ansteckt.

Reine Fallzahl ist nicht die maßgebliche Größe

Ab welcher Inzidenz wird es schwierig, alle Kontakte nachzuverfolgen? "Das ist schwer zu sagen, da hierzu nicht die reine Fallzahl ausschlaggebend ist", erklärt Flicker-Klein. "Eine große Rolle spielt das Setting, in dem der Fall auftaucht, wie etwa die Zahl der Kontaktpersonen." Das hiesige Gesundheitsamt habe seine Corona-Einheit sehr früh rekrutiert - und so flexibel aufgestellt, "dass eine Überlastung im Sinne einer Nicht-mehr-Nachvollziehbarkeit der Kontaktpersonen vermieden werden konnte".

In der Anfangsphase gab es Schwierigkeiten

Aktuell ermittelten 30 Mitarbeiter und zehn Soldaten die Kontakte: in einem Schichtbetrieb von 8 bis 18 Uhr. Auch an stressigen Tagen komme man damit gut zurecht. Galt das auch für die turbulente Anfangsphase im März 2020, in der man Eindruck gewinnen konnte, das Amt sei bei der Fallermittlung überfordert? "Damals war vor allem die kreisübergreifende Arbeit noch nicht ausreichend etabliert, was zu einigen Schwierigkeiten führte. Dies betraf aber nur wenige Personen."

Fünf Teams bilden eine flexible Corona-Einheit

Wie tickt die Corona-Einheit des Gesundheitsamts? Flicker-Kleins Zauberwort heißt "Flexibilität". Fünf "Unterteams" managten die Pandemie-Bekämpfung: das Meldewesen, die Fallermittlung, die Hotline, die Listenführung und die Verwaltung. "Alle Teams arbeiten eng zusammen und stehen in ständigem Kontakt." Selbst schwierige Lagen könnten so jederzeit bewältigt werden.

Der Anspruch ist: "Auch wenn sich das Infektionsgeschgehen dynamisch entwickelt, muss jedes der fünf Teams arbeitsfähig sein." Ein "rollierendes System" stelle dies sicher - und die Hilfe von Bundeswehrsoldaten sowie Containment Scouts, die vom Bundesverwaltungsamt im Auftrag des Robert- Koch-Instituts vermittelt werden. Praktikanten und Mitarbeiter des Landratsamts sorgten für weitere Unterstützung.

In Belastungsspitzen leidet auch mal die Stimmung

Inhalte und Abläufe des Fallmanagements müssten zuweilen sehr kurzfristig abgestimmt werden, was besonders bei "dynamischen Lagen" herausfordernd sei. "Auf gegenseitige Information wird großen Wert gelegt." Auch extreme Belastungsspitzen könnten so abgefedert werden. Was nicht heiße, dass die Stimmung an solchen Ausnahmetagen immer gleich gut sei.

Digitale Technik ist auf dem neuesten Stand

Die antiquierten Meldewege der Gesundheitsämter sorgten für Kopfschütteln. Ist die Zeit der Faxgeräte vorbei? "Die technische Ausstattung ist hervorragend", sagt Flicker-Klein. "Sämtliche empfohlenen digitalen Tools sind bei uns etabliert." Seit wann ist das so? "Die einzelnen Komponenten wurden im Laufe der Pandemie nach und nach eingerichtet." Welche sind das? Sormas, das digitale Tool zur Nachverfolgung der Kontaktpersonen, sei seit Anfang Dezember 2020 in Betrieb. Die digitale Übermittlung der Befunde laufe seit Januar 2021: über Demis. Und das Faxgerät? "Ist nach wie vor aktiv, allerdings nur noch wenig in Benutzung."

 

Das erledigen die fünf Teams der Corona-Einheit im Gesundheitsamt

Meldewesen: Alle Laborbefunde kommen über das digitale System Demis herein. Das Team sichtet sie und leitet die positiv Getesteten an die Fallermittler weiter. Über das System SurvNet landen die Daten beim Landesgesundheitsamts, das sie an das Robert-Koch-Institut schickt. Das Team ergänzt die Befunde durch Daten, die in Sormas hinterlegt sind, dem digitalen Werkzeug zur Nachverfolgung der Kontakte.

Fallermittlung: Auch die Fallermittler arbeiten mit Demis und Sormas. Das Meldewesen übermittelt seine Befunde als PDF-Datei ans Team. Alle Infizierten werden benachrichtigt und die engen Kontaktpersonen ermittelt. Die zuständige Kommune schickt ihnen eine Verfügung zur Quarantäne samt Symptomtagebuch. Der Einsatz digitaler Tagebücher wird ausgebaut, so erscheinen die Eintragungen direkt in Sormas.

Listenführung: Dieses Team erfasst alle Daten und steht in engem Austausch mit den Kommunen. Über das Programm Rescuetrack wissen die Ortspolizeibehörden über alle Personen Bescheid, die sich isolieren müssen.

Hotline: Die Mitarbeiter beantworten über das Bürgertelefon allgemeine Fragen und vermitteln medizinischen Rat.

Verwaltung: Dieses Team kümmert sich um alle Belange im Hintergrund. 

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