Facebook-Gruppe widmet sich Öhringer Stadtgeschichte
Wibke Wirth leitet eine Facebook-Gruppe für Hobby-Heimatforscher. Die Seite "Öhringen früher und heute" bietet ein Sammelsurium liebgewonnener Erinnerungen.

Wenn Wibke Wirth alte Ansichtskarten von der Poststraße im Internet zeigt, schauen ihr 760 Hobbyhistoriker zu. Auf ihrer Facebook-Seite "Öhringen früher und heute"treten Heimatforscher und Geschichtsbegeisterte in Austausch.
Deren Zahl wächst schnell. Ihr Freizeit-Projekt macht deutlich, wie Heimatforschung von den neuen Kommunikationskanälen profitiert. Sie zeigt aber vor allem: Jeder Mensch ist ein Zeitzeuge und besitzt Erinnerungen, und viele möchten sie teilen. Zusammen bilden sie das historische Bewusstsein ihrer Generation, die Zeitgeschichte.
Ihr Opa Otto Roth hatte Wirth bei jedem Stadtbummel erklärt: Hier war mal das, dort jenes. "Wie er das alles wusste, hat mich fasziniert." Und wenn er es nicht wusste, kannte er jemanden vom Rentnerstammtisch. Da traf er viele Alteingesessene. Roth sammelte alte Stadtansichten und Adressbücher und fürchtete: "Wenn ich sterbe, schmeißt Oma alles weg." Das verhinderte die Enkelin.

Beim Betrachten der alten Postkarten stellte sie fest: "Ich weiß teilweise selbst nicht mehr, wo das gewesen ist. Mit jedem Haus, das abgerissen wird, verschwindet ein Teil von Alt-Öhringen. " Die 35-Jährige wollte ein ebenso dichtes Netz an Zeitzeugen weben wie ihr Opa und ihr Vater - mit modernen Mitteln, im Internet: "Es ist ein Riesen-Puzzle, das sich zusammenfügt."
Schätze vom Dachboden
Sie erreicht, dass die Gruppenmitglieder Schätze vom Dachboden holen, fotografieren und veröffentlichen. Die Quelle scheint unerschöpflich: Auf einen Kalender der ehemaligen Firma Hohenloher Löwenbräu, den Wirth von der Unternehmergattin Edith Sattler erhalten hat und hochlädt, antworten Nutzer mit Werbeschildern und Biergläsern, die sie mit Stolz bewahren und darüber diskutieren: "Das findet man heute nicht mehr. Hebe es gut auf!," rät eine Isabel Kempf dem Bierglas-Besitzer Günter Patzelt.

Das frühere Krankenhaus im Stile einer Villa, Fotos vom Brand in der Altstadt und vom alten Autohaus Graf, eine über hundert Jahre alte Rechnung vom ersten Öhringer Kino: Am Ende ist alles Geschichte.
Beliebte Bilderrätsel
Das Web-Sammelsurium ist ein Spiegel dessen, an was sich die Öhringer Facebook-Nutzer gerne erinnern. Lange Texte sucht man vergeblich, die Seite lebt von Fotos und Bildern. Beliebt sind Bilderrätsel, die Wirth oft stellt. Eine Straßenszene ohne Worte reicht und die Gemeinschaft knobelt, wo das war: Ein Kiosk in der Fußgängerzone. Im Martersgässle? Nein: An der Ecke vom Marktplatz zur Poststraße. Heute steht dort ein Reisebüro. Irgendeiner weiß es immer: Das ist Heimatforschung 2.0.

Mittlerweile fragen sogar Privatpersonen oder Firmen, ob sie alte Fotos und Werbebanner verwenden können. "Die darf man sich bei mir gerne kopieren", sagt Wirth, "aber hergeben tu ich die auf keinen Fall. Das sind ja Sachen, die es so gar nicht mehr gibt."
Mitwirkung gefragt
Die 35-Jährige ist auf die Mitwirkung der Mitglieder angewiesen, denn: "Ich hab gar nicht so viel zuhause, wie man glauben möchte." Doch beim Sammeln helfen ihr schon jetzt über 700 Öhringer. Auch Susanne Baron vom Heimatverein, der Verrenberg-Forscher Bernd Heinle oder Jan Wiechert vom Hohenlohe-Zentralarchiv in Neuenstein sind bei "Öhringen früher und heute" aktiv.
Wer mitmachen will, sendet auf Facebook eine Anfrage und bekommt eine Antwort von Wibke Wirth. "Jeden Abend schaue ich mal rein", verspricht die Hobby-Heimatforscherin.
Mehr zum Thema: Hier geht es zur Facebook-Seite "Öhringen früher und heute"
Stimme.de
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