Künzelsauer Florian Rößler möchte für Deutschland beim ESC antreten
Florian Rößler aus Künzelsau könnte im Mai für Deutschland beim Eurovision Song Contest (ESC) antreten. Die Sendung "Ich will zum ESC!", bei der der 28-Jährige zu sehen ist, gipfelt am Donnerstagabend in der finalen Live-Sendung.

Dem Traum, auf einer großen Bühne zu stehen, ist der 28-jährige Florian Rößler ganz nah. Kommt der Künzelsauer bei der ARD-Sendung „Ich will zum ESC!“ weiter, könnte er im Mai vor rund 180 Millionen Zuschauern beim Eurovision Song Contest (ESC) auftreten. Im Interview erzählt er, wie er die Produktion erlebt und welchen Bezug er zum Wettbewerb hat.
Im Ankündigungstext zur Sendung steht, dass Sie sich in Hamburg besser verstanden fühlen als in Künzelsau – warum?
Rößler: Ich war nie der Klischee-Junge vom Land, der Fußball gespielt hat, den Autos oder Traktoren interessiert haben. Durch mein Interesse an Musik und Mode wurde ich ab und zu kritisch hinterfragt. In der Stadt bekommt man weniger Augenroller oder Kommentare. Man hat mehr Möglichkeiten, sich auszuprobieren.
Was bedeutet Ihnen Ihre alte Heimat?
Rößler: Ich habe in Künzelsau musikalisch Fuß gefasst, durch Kinderchor und das Musikprofil am Schlossgymnasium. Da hat alles seinen Anfang genommen. Ich bin regelmäßig zu Hause bei der Familie, Freunden oder auch bei regionalen Highlights wie dem Glockenfest in Ohrenbach. Aber beruflich gibt es in Hamburg ganz andere Perspektiven für mich.
Sie waren zuvor Industriekaufmann, wie kamen Sie zu Ihrem Studium Kultur- und Freizeitmanagement an der Hochschule in Künzelsau?
Rößler: Nach dem Abitur wollte ich praktische Erfahrung sammeln. Mir hat auch der Mut gefehlt, voll auf Musik zu setzen. Dass das Studium eine Kombination aus BWL und Kultur- und Freizeitmanagement war, war für mich die Sicherheit im Hinterkopf. Mit der Sendung wage ich den Schritt, selbst als Musiker mit eigener Musik auf der Bühne stehen zu können. Ich habe zwar immer Musik gemacht und versucht aufzutreten, aber das letzte Stückchen Mut, das gefehlt hat, ist die letzten Jahre rausgekommen.
Warum hat das so lange gedauert?
Rößler: Ich bin im Laufe der Zeit selbstbewusster geworden – was die Musik betrifft, aber auch das Auftreten als Person. Jetzt bin ich bereit, den Weg zu gehen.
Welchen Bezug haben Sie zum ESC?
Rößler: Ich hab den ESC jedes Jahr verfolgt. Richtig exzessiv wurde es dann mit Lena 2010. Die Show „Unser Star für Oslo“ habe ich von Anfang an verfolgt. Dass es in einem Sieg für Deutschland resultierte, hat es auf ein anderes Level gebracht. Seitdem verfolge ich nicht nur den deutschen Vorentscheid, sondern auch andere Nationen im Findungsprozess. Die ESC-Woche selbst ist geblockt mit den Halbfinalen dienstags und donnerstags und dem großen Finale am Samstag – das sind für mich Pflichttermine. Der ESC ist für mich die fünfte Jahreszeit.
Ihr Herz schlägt für den ESC und die Musik: Lag die Teilnahme nahe?
Rößler: Ich habe schon immer davon geträumt, in irgendeiner Form am ESC mitzuwirken. Dass ich jetzt bei „Ich will zum ESC!“ gelandet bin, hätte ich nicht für möglich gehalten. Als ich den Aufruf gesehen habe, dachte ich: Warum nicht. Ich hatte nichts zu verlieren.
Gedreht wurde Ende Oktober 2023. Wie ist es, an einer Fernsehproduktion teilzunehmen?
Rößler: Eine Reizüberflutung. Es wuselt überall mit Kameramenschen, den anderen 14 Kandidaten und Produktionsleuten, die sie betreuen. Das Set ist wahnsinnig imposant. Es ist sehr eindrucksvoll. Die Bilder haben sich eingebrannt. Man ist in diesem Moment anwesend, körperlich. Ich war nervös, aufgeregt, aber vor allem euphorisch. Ich habe mich gefreut, endlich wieder auf der Bühne zu stehen – und das im Rahmen des ESC.
Wie war die Stimmung unter den Kandidaten?
Rößler: Konkurrenzdenken gab es nicht. Wir waren alle wegen derselben Leidenschaft und der Liebe zum ESC da. Jeder war für die anderen da. Ich habe mich von Anfang an wohlgefühlt. Auch das Umfeld der Produktion – es war wirklich toll.
Welcher Moment hat sich Ihnen eingebrannt?
Rößler: Beeindruckend war, die Coaches Rea Garvey und Conchita Wurst kennenzulernen. Mit ihnen zu sprechen und auch die Ehre zu haben, vor ihnen zu singen – das war für mich ein besonderer Tag.
Sie singen in der Sendung „What was I made for“. Warum?
Rößler: Ich liebe die Interpretin Billie Eilish und finde sie wahnsinnig inspirierend. Auch die Botschaft des Songs ist berührend. Wir haben alle Momente, in denen wir hinterfragen und zweifeln. Der Song deckt die Emotion ab. Er ist verletzlich, fängt einen aber auch auf. Ich hatte das Gefühl, dass ich bei dem Lied gut zeigen kann, was in meiner Stimme liegt und dass ich emotional berühren kann.
Ziel der Sendung war, einen eigenen Song zu produzieren. Hatten Sie schon einen in der Schublade?
Rößler: Einen fertigen Song nicht. Ich habe noch nie einen kompletten Song geschrieben. Davor hatte ich immer Hemmungen. Für mich war das Ziel: Ich möchte ehrlich sein in den Songs und sie sollen etwas über mich aussagen. Das habe ich mich bisher nicht getraut.
Mehr können Sie nicht verraten?
Rößler: Nein. Dann würde ich der Sendung vorgreifen.
Der ESC steht immer wieder in der Kritik. Was würden Sie an der Veranstaltung ändern, wenn Sie könnten?
Rößler: Ich habe den Wunsch, dass der ESC in Deutschland mehr wertgeschätzt wird. Dass Deutschland wieder hinter den eigenen Acts steht. Ich würde mir wünschen, dass der ESC wieder einen Hype auslöst wie damals bei Lena.
Sendezeit von "Ich will zum ESC!"
Die Casting-Folgen von „Ich will zum ESC!“ sind in der ARD-Mediathek abrufbar. Florian Rößler hat es bis unter die Top vier geschafft und ist somit in der Live-Sendung am Donnerstag, 8. Februar. Hier entscheiden die Zuschauer, wer beim Vorentscheid in der Sendung "Eurovision Song Content – Das deutsche Finale 2024" eine Woche später antreten darf und somit dem Traum vom ESC noch ein Stückchen näher kommt.
Der 28-jährige Florian Rößler ist in Künzelsau aufgewachsen und besuchte das Schlossgymnasium mit Musikprofil. Neben Auftritten mit verschiedenen Bands wie Twilight Zone, sang Rößler häufig auf Hochzeiten. Nach dem Abitur absolvierte er eine Ausbildung als Industriekaufmann, bevor er sich für BWL mit Kultur- und Freizeitmanagement an der Reinhold- Würth-Hochschule einschrieb. Derzeit macht er seinen Master an der Mannheimer Popakademie. Seine Masterarbeit hat er bereits abgegeben und arbeitet für sein Praxissemester in einer Musikagentur in Hamburg.


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