Fisch-Automat in Gleichen: Ein Hauch Nordsee in Hohenlohe
In Gleichen steht seit dem Wochenende ein Automat mit geräuchertem und frischem Fisch.

Im Urlaub schmeckt es immer am besten, vor allem frischer Fisch in Meeresnähe. Seit dem vergangenen Wochenende weht ein Hauch von Nordseeluft im Pfedelbacher Ortsteil Gleichen. Unweit von Lebensmittelautomaten mit Eiern, Fleisch oder Nudeln wagen zwei Nordlichter den Sprung ins kalte Wasser und haben einen Fischautomaten aufgestellt, in dem es neben geräucherten Exemplaren auch Frischware gibt.
Strenge Regeln
Ein Stück frischer Fisch direkt aus dem Automaten? Was sich auf den ersten Blick bizarr anhört, ist Dank geschlossener Kühlkreisläufe und schnellem Transport möglich. Und ohne sorgfältige Prüfung durch das Veterinäramt geht es ohnehin nicht. Die Idee hatten die beiden gebürtigen Norddeutschen Timo Hilbert (34) (zusammen mit seiner Frau Jo-Ann) und Tim Grötzner (39), den die Liebe vor zwölf Jahren nach Pfedelbach gebracht hat. Als Nachbar hat der Gleichener vor allem in den letzten Monaten immer wieder beobachtet, wie sehr solche Automaten Zulauf finden und kauft selbst regelmäßig dort ein. Zudem gebe es in der Region Fisch lediglich an der Supermarkttheke. Als Küstenkind für ihn eine große Marktlücke.
Schwere Direktvermarktung
"Ich kannte das mit den Automaten gar nicht", entgegnet sein Freund Hilbert, der bei Fockbek in Schleswig-Holstein mehrere Seen besitzt und vor rund vier Jahren einen Lieferservice in Norddeutschland ins Leben gerufen hat. Wie auch für viele andere Direktvermarkter sei es jedoch schwierig, die Ware auf Märkten zu verkaufen, die trotz Bewusstsein für gesunde Ernährung nicht unbedingt mehr Besucher hätten, bedauert Hilbert. Vor rund einem Jahr gründeten die beiden Freunde zunächst einen Online-Shop und hatten beinahe zeitgleich den Gedanken, jenen durch einen Automaten zu ergänzen.
Testläufe
Über ein halbes Jahr testete die Gleichener Familie, die regelmäßig nach Schleswig-Holstein reist, den Transport und prüften die Temperatur, damit er später sicher verschickt wird. Über zwei Grad bei Ankunft kamen sie nicht. Die Kühlakkus ähneln denen verschiedener Lebensmittellieferanten, verpackt wird in wiederverwendbaren Kartons. Im Automat selbst wird der Fisch maximal fünf Tage aufbewahrt, geräucherter Fisch zehn Tage. "Den dürfte man sogar 21 Tage drin lassen, was wir aber nicht wollten", ergänzt Timo Hilbert. Und wo kommt der Fisch her? Der unverarbeitete Fisch stammt von einem über 100 Jahre alten Fischvertrieb aus Schleswig-Holstein, der auch bekannte Hotels beliefere.
Fisch, der nicht in der norddeutschen Region gefangen wird, kommt fangfrisch aus Island. "36 Stunden ab Fang wird er direkt geliefert und am Folgetag nach Hohenlohe geschickt", ergänzt Grötzner. Geräucherter Aal oder Forelle kommt entweder aus Dänemark oder den eigenen Angelseen. Eingefroren oder schockgefrostet, wie bei Lebensmittelketten, wird nichts. "Bloß nicht", zeigt sich Hilbert fast schon entrüstet. "Das merkt man eindeutig an der Qualität, das sieht man schon an der Farbe, auch nach dem Räuchern."
Eigene Rezepte
In rund 30 Fächern gibt es neben dem wechselnden Sortiment auch eigene Kreationen. Grötzner hat sich als leidenschaftlicher Hobbykoch einige Rezepte ausgedacht. Matjessalat, Riesengarnelen in Soße, oder seine neueste Erfindung: Chillikrabbensalat. Konkurrenz zum Fleischautomaten sieht er nicht. "Ich denke, es ist eine Ergänzung, vor allem im Sommer, wenn zum Beispiel einer aus der Familie neben dem klassischen Steak auch mal Fisch auf den Grill möchte."
Tatsächlich hat der Fischautomat derzeit vermutlich eine exklusive Stellung. "Ob es ein ähnliches Konzept noch einmal in Deutschland gibt, konnte auch der Lieferant des Automaten nicht sagen", sagt Grötzner. Die Auswahl soll sich danach richten, was gefragt wird, und wechseln. Dass es noch mehr in der Region geben wird, ist nicht auszuschließen. Und während die beiden immer wieder neugierig schauen, wird am Automaten schon fleißig eingekauft - eine Familie schießt sogar ein Foto.
Automaten-Verkauf
Vor allem immer mehr Landwirte nutzen die Möglichkeiten der Direktvermarktung, um ihre Lebensmittel zunehmend auch ohne einen Laden zu verkaufen. Es gibt zwei Arten von 24/7-Stores: Die Läden, in die man einfach hineinläuft oder Automatenboxen. Den Automaten-Verkauf, der vor allem in Hohenlohe derzeit viel Anklang findet, gibt es zum Beispiel in Gleichen.

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