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Abwarten ist angesagt
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Dieses Wochenende in Künzelsau: Eine Baumesse im Stand-by-Modus

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Die Aussteller der Haus- und Energieschau tun sich schwer, weil viele Kunden in diesen unsicheren Zeiten Investitionen hinausschieben.

MOE heißt das stylische Balkonkraftwerk der Start-up-Firma Nineti aus Stuttgart mit Nemo und Nicco Fink sowie Tibor Hofmann (von links). Die Batteriespeicher sind abgerundet, geschlossen und stapelbar, dadurch gibt es keinen Kabelsalat.
Fotos: Ralf Reichert
MOE heißt das stylische Balkonkraftwerk der Start-up-Firma Nineti aus Stuttgart mit Nemo und Nicco Fink sowie Tibor Hofmann (von links). Die Batteriespeicher sind abgerundet, geschlossen und stapelbar, dadurch gibt es keinen Kabelsalat. Fotos: Ralf Reichert  Foto: Reichert, Ralf

Eine Baumesse ist in diesen turbulenten Zeiten ein Vabanquespiel. Was war, was ist, was kommt? Das ist kaum noch zu überblicken. Zwischen Alarmismus und Aktivismus, Idealismus und Realismus wechseln die Aggregatzustände immer öfter. Die Bauzinsen sind zuletzt stark gestiegen, das Heizungsgesetz sorgt immer noch für viel Verwirrung. Erneuerbare Energien sind im Aufwind, doch die Inflation lähmt den Markt. Die Sanierung von Altbauten läuft gut, doch Fachkräfte sind rar.

Verhaltene Erwartungen bei der Baumesse in Künzelsau 

In diesem Spannungsfeld fand am Wochenende im Carmen-Würth- Forum die Messe "Haus Bau Energie" statt. Die Heilbronner Stimme war dort und hat die Stimmung bei Ausstellern und Besuchern eingefangen. Fazit: Diese Baumesse verharrte eher im Stand-by-Modus. Keiner weiß genau, wie es weitergeht. Deshalb ist Abwarten angesagt. Größere Investitionen werden erstmal auf Eis gelegt, entsprechend verhalten sind die Erwartungen vieler Firmen.

Der Veranstalter

Die Messe Sindelfingen steht hinter dieser Bau-Schau. Und Michaela Hohenstein hat sich organisiert. Wie waren die Besucherzahlen? "Es hätten mehr sein können." Das spiegelt den aktuellen Trend auch auf dieser Ebene wider. "Die Unsicherheit bei den Bürgern ist groß. Viele wissen nicht, was passiert, und sind deshalb in Wartestellung, was künftige Investionen betrifft." Bei den Ausstellern habe sich gegenüber der letzten Ausstellung "ganz viel verschoben". Heizungsbauer verharrten in "Habachtstellung" und seien aktuell "sehr zurückhaltend". Und Hausbauer "kriegen ja gerade richtig einen auf den Deckel". Keiner investiere mehr in einen Neubau. Dafür seien diesmal erstaunlich viele Solarfirmen dabei. "Die schießen wie Maiglöckchen aus dem Boden."

Der Allrounder

Sascha Reinders managt seit Juli 2022 die Öhringer Firma Enerix, einen "Schlüsselfertigbauer für Photovoltaikanlagen". Das heißt: Von der Anmeldung bis zum Anschluss ist alles im Festpreis inklusive. "2022 war für unsere Branche eine absolute Hochphase", sagt Reinders. Die Gaskrise infolge des Ukrainekriegs sorgte für einen Boom. "Dann kam die Strompreisbremse und die Debatte um das Wärmegesetz: Seitdem sind die Menschen viel vorsichtiger geworden." Die Notwendigkeit und der Bedarf, mehr Solarstrom zu produzieren, werde zwar weiterhin gesehen. "Aber die Abschlussfreude der Kunden ist deutlich verhaltener als vor einem Jahr." Sie seien "stark verunsichert, wo sie ihre 20 000 30 000 Euro im Energiebereich als erstes hintragen müssen". Deshalb warteten viele ab. Mit der Messe-Premiere ist der trotzdem zufrieden: "Wir haben viele Gespräche geführt und Termine vereinbart."

Die Neustarter

Balkonkraftwerke sind gefragt. Und solche mit Speichern noch begehrter. Auf diesen Trend setzen Nicco und Nemo Fink sowie Tibor Hoffmann mit ihrer Firma Nineti. Die Stuttgarter präsentieren ihren Prototyp "MOE", der im Frühjahr 2024 auf den Markt kommen soll. Gerade sind sie noch in der Testphase. Auf der Messe halten sie darüber auch Vorträge. Denn sie sind der Meinung: So etwas gibt es in dieser Form noch nicht. Ein kleines Solarkraftwerk, das modular aufgebaut ist , den Nutzerwünschen ganz individuell angepasst werden kann und dazu auch noch sehr ansehnlich ist. "Ja, das Design spielt für uns schon eine große Rolle", sagt Tibor Hofmann. Die schwarzen Module sind sanft abgerundet und geschlossen, dadurch gibt es keinen Kabelsalat und alles ist stapelbar. Das wirkt dann ziemlich aufgeräumt und stylisch. 1499 Euro soll das System in der Basisversion kosten. Darin enthalten sind zwei Solarpanele, ein Batteriespeicher und ein Wechselrichter. Das Trio sprüht vor Energie und glaubt in diesen so unsicheren Zeiten ganz fest an den Erfolg.

Der Routinier

Lange im Geschäft ist Thomas Förster von der Firma Wolff, die Dächer saniert (links). Helmut Lutz könnte sein Kunde werden.
Lange im Geschäft ist Thomas Förster von der Firma Wolff, die Dächer saniert (links). Helmut Lutz könnte sein Kunde werden.  Foto: Reichert, Ralf

Dächer reinigen und neu beschichten: Das erledigt die Firma Wolff ProTect aus Langenau nun schon seit 35 Jahren. Obwohl das Geschäft in all der Zeit recht krisensicher war, spürt auch Verkaufsleiter Thomas Förster eine gewisse Zurückhaltung seit Corona und den Folgen des Ukrainekriegs. Doch der Familienbetrieb sitzt immer noch fest im Sattel und glaubt mehr denn ja an sein Konzept, alte Dachziegel werthaltig zu sanieren. Helmut Lutz aus Niedernhall könnte sein Kunde werden. Er wohnt mit der Familie seines Sohnes Helmut in dem 1968 gebauten Haus unter einem Dach, das irgendwann erneuert werden muss. So wie die Scheitholzheizung. Doch auch Lutz sagt: "Wir warten lieber noch ab."

Der Berater

Joachim Schröder (rechts) leitet das Klima-Zentrum des Kreises und berät hier Rolf Schukraft (links) und Karl Wirth.
Joachim Schröder (rechts) leitet das Klima-Zentrum des Kreises und berät hier Rolf Schukraft (links) und Karl Wirth.  Foto: Reichert, Ralf

Joachim Schröder leitet das Klima-Zentrum des Kreises. Im Herbst 2022 konnte er sich vor Anfragen kaum retten. Zuletzt war es ruhig, die Beratungen ziehen erst jetzt wieder an. Warum? "Es war zu warm, die Preise sind gesunken, das Heizungsgesetz wurde angepasst." Karl Wirth aus Dörrenzimmern hat seit 17 Jahren eine PV-Anlage. 2027 läuft die Einspeiseförderung aus. Was soll mit dem Solarstrom ab dann passieren? Diese Frage stellen viel. "Die Eigennutzung lohnt sich immer", meint Schröder.

2018 war die Premiere

Die Messe "Haus Bau Energie" hat 2018 erstmals ihre Zelte in Gaisbach aufgeschlagen. Zweimal musste sie wegen Corona ausfallen."Die Akquise war 2022 schwer, weil viele Aussteller wegen der Pandemie noch im Angstzustand waren", sagt Organisatorin Michaela Hohenstein. "2023 sind alle in Habachtstellung, was der Regierung noch alles einfällt."

 
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