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Diese heiße Sommernacht gehört Revolverheld

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Beim Würth-Open-Air liefern die vier Jungs von Revolverheld eine beeindruckende Show ab. Aura Dione und Benne geben bei der Hitze ihr Bestes.

Von Christian Klose

Vor elf Jahren waren sie angeblich schon einmal in Künzelsau. Dass sich Revolverheld-Frontmann Johannes Strate damals alle Bänder im Fuß riss, als er ungeschickt von einer Box sprang, Geschichte. Was die vier Jungs aus dem Norden am Samstagabend als Headliner des Würth-Open-Airs musikalisch, emphatisch und von der Show her abgeliefert haben, wird in Hohenlohe so schnell nicht vergessen sein. Alle Achtung, das war in jeder Hinsicht ein Familienfest und Feuerwerk.


„Wir spielen heute alle Lieder, die wir in den letzten elf Jahren geschrieben haben, das dauert dann acht Stunden“, scherzte Johannes Strate gleich zu Beginn des am Ende zwei Stunden dauernden Konzerts. Alle Songs spielten sie natürlich nicht, aber der Auftritt war eine perfekte Mischung aus Stücken des neuen und fünften Albums „Zimmer mit Blick“ und einer Best-of-Revolverheld-Reise. Los ging es mit „So wie jetzt“ und gleich nach ein paar Akkorden knallte eine Konfetti-Kanone in die Luft.

Spätestens jetzt wussten die Tausenden Besucher, dass dieser Abend eine prall gefüllte Wundertüte vom Feinsten wird. „Leb´doch einfach im Jetzt“ war dann auch das Motto des Abends bei einem herrlichen Sonnenuntergang. Und alle im Publikum gehorchten sofort. Den Sonnenuntergang konnte auch der Revolverheld-Sänger nicht unerwähnt lassen: „Hier geht die Sonne unter, wie schön ist das denn? Normalerweise spielen wir immer in Mehrzweckhallen.“

In Künzelsau spielt die Band was die Fans erwarten

Na, ja. Das mag in den Anfängen der Band so gewesen sein. Inzwischen füllt die Band auch Stadien. Spätestens seit Ende 2016 ist die aus Hamburg stammende Band in die höchste Liga des deutschen Rock und Pop aufgestiegen. Denn mit der „MTV Unplugged in drei Akten“-Tour erlebten sie ihren bisherigen Karriere-Höhepunkt. Seit ihrer Gründung vor 13 Jahren wurden inzwischen fünf Studioalben veröffentlicht, alle gingen in die Top Ten. Insgesamt hatten Revolverheld bisher 15 Singles in den Charts. Mit dem Album „MTV Unplugged in drei Akten“ schafften Johannes Strate, Kristoffer Hünecke, Niels Kristian Hansen und Jakob Sinn ihre bisher höchste Platzierung in den Albumcharts. Die anschließende Tour führte dann in die größten Arenen des Landes.

Und am Samstag führte der Weg - angeblich direkt aus dem Urlaub - nach Künzelsau zum Würth-Open-Air. In quietschbunten Hawaii-Hemden legten sie super gelaunt los. Dass es eine musikalische Reise ihren besten Songs, vor allem von der Platte „Immer in Bewegung“ werden würde, war klar. „Das kann uns keiner nehmen“, „Ich lass für dich das Licht an“ oder „Spinner“ hatten die Fans in Künzelsau auch erwartet. Auch „Halt dich an mir fest“. Dass es beim Stück „Sommer in Schweden“ künstlerisch lokal angehaucht wurde, lag am überzeugenden Gastauftritt des Heilbronners Benne, der mit Johannes Strate den Sommersong wunderbar performte. „Weil wir etwas zu spät hier angekommen sind, hatten wir keine Zeit mehr für einen Soundcheck und konnten vorher mit Benne nicht proben. Sensationell, wie der hier abliefert“, lobte Strate den Lokalmatador. 

Ein gelungenes Warm-Up fürs Publikum

„Benne“, Benedikt Ruchay, wurde am 30. Dezember 1989 in Heilbronn geboren und wuchs in Oedheim auf. Er eröffnete mit seinem frischen Pop bei einer Gluthitze den Würth-Open-Air-Samstag. Danach, gegen 19 Uhr, wurde es mit Aura Dione und Band skandinavisch. Mit „Geronimo“ ging es los. Und als die anfänglichen tontechnischen Probleme beseitigt waren, sorgte sie für ein gelungenes Warm-Up für den späteren Hauptact. Weiter präsentierte sie ihre aus dem Radio bekannten Pop-Hits wie „Friends“ oder „I will love you Monday“ und brachte das Publikum bei immer noch über 30 Grad auf Betriebstemperatur. 

Strate wird politisch und gesellschaftskritisch

Die Songs von Revolverheld haben alle Ohrwurm-Potenzial. Das liegt an den eingängigen Melodien, aber auch an Johannes Strates markanter, warmer Stimme. „Ich kann uns immer noch fühlen“, singt er dann zum Beispiel. Doch es wäre neben all den Liedern über Beziehungen, Herz-Schmerz und die Schwierigkeiten, das Leben zu meistern, falsch zu meinen, Revolverheld können nur über Zwischenmenschliches singen wie bei „Liebe auf Distanz“. Die Hamburger wurden in ihren Songtexten zuletzt immer politischer und gesellschaftskritischer: Am 6. Oktober 2018 trat die Band zum Beispiel im Hambacher Forst auf, um die Demonstranten für den Kohleausstieg zu unterstützen. 

Neben weiteren Konfetti-Salven wie bei „Lass uns gehen“ und einem Feuerwerk auf der Bühne werden Revolverheld dann ganz zum Schluss beim gleichnamigen Song ihrer aktuellen Platte, „Zimmer mit Blick“, sehr zukunftskritisch. "Und wenn die Welt sich nur verstellt, ein Wahnsinniger Reden hält, schaltest du ab und drehst dich weg. Und wenn die Tagesschau erzählt, wer wieder den Planeten quält...“, singt Strate da und gibt zu, dass er bei der derzeitigen weltpolitischen Lage auch vieles seinem Sohn nicht erklären könne und er sich Sorgen mache. Man müsse sich daran gewöhnen, mit dieser Unsicherheit zu leben. Das gehe auch ihm so. Beeindruckt von einer tollen Show und rundum begeistert, aber auch ein wenig nachdenklich, gehen die Besucher in die immer noch warme Nacht. Heldenhafte Revolverhelden.   


Die Hitze kannte keine Gnade

Das Gras vertrocknet, der Festivalplatz staubig. Gnadenlose Hitze bei den Auftritten von Benne und Aura Dione. Die dänische Künstlerin Aura Dione hatte deshalb auch ein cooles Outfit parat: Cowboy-Stiefel, aufgeschnittene Jeans, drunter nur ein schwarzer Body. Für die Band und die Sängerin aus Skandinavien sind Temperaturen deutlich jenseits der 30 Grad ohnehin ungewohnt. „Die Sonne ist hier und ich habe einen Cowboy-Bikini an“, sagte sie im akzentfreiem Deutsch. „Ich liebe diesen super, super Sommer!“ SWR1-Moderatorin Stefanie Anhalt warnte zwischen jedem Auftritt in den Umbaupausen die Besucher vor der Hitze an sich, betonte, dass es an den Verkaufsständen genügend Wasser zu kaufen gebe und warnte eindringlich davor, Zigaretten-Stummel einfach auf den Boden zu werfen. „Achtet bitte darauf, dass die Zigaretten wirklich ausgedrückt sind, sonst kann das trockene Gras schnell Feuer fangen“, sagte sie.

Und an den Verkaufsständen? „Endlich kommt mal einer und bestellt ein Bier!“, rief einer am Ausschank, „hier trinken alle bloß Wasser, aber das ist doch ein Festival!“ Auch Aura Dione und Band bekommen dann während ihres Auftritts einen Sechser-Träger Bier von den Security-Leuten auf die Bühne gereicht. „Kein Alkohol bei der Arbeit, oder was!?“, grinst Aura Dione. Doch, ist ja schließlich ein Musikfestival. 

 

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