Der Hohenlohekreis hat einen Mobilitätsmanager
Visionen entwickeln, Ideen sammeln, Konzepte anstoßen: Darum wird sich Martin Hellemann als Mobilitätsmanager des Hohenloheskreises kümmern. Also in einer ländlich geprägten Gegend, in der der meiste Verkehr nach wie vor individuell auf der Straße stattfindet.

Mobil sein und mobil bleiben: Das ist eines der Top-Themen im Entwicklungs- und Strategiekonzept des Hohenlohekreises, das seit Mai 2019 steht und die nächsten zehn bis 15 Jahre im Blick hat.
Im Oktober 2016 startete der Prozess, den Martin Hellemann steuerte: als Stabsmitarbeiter im Landratsamt. Jetzt ist diese Aufgabe erledigt. Und er steigt um auf eben jenes Spezialgebiet, das in den Bürgerrunden und bei den kommunalen Mandatsträgern ganz oben stand auf der To-Do-Liste für die nächste Dekade: Er ist der neue Mobilitätsmanager des Hohenlohekreises. In der Theorie bereits seit 1. April, in der Praxis wegen Corona erst seit 1. Oktober. Was hat er sich vorgenommen?
Passgenaue Zuschnitte
Wer mit Hellemann spricht, erkennt schnell: Er brennt für dieses Thema, er will etwas bewegen, im wahrsten Sinne des Wortes. Ihm geht es vor allem um alternative Mobilitätskonzepte, passgenau zugeschnitten auf die Menschen und Infrastrukturen im ländlich geprägten Hohenlohekreis. Dort, wo der meiste Verkehr nach wie vor auf der Straße stattfindet.
Hellemann macht sich freilich nichts vor: Ein Mobilitätsangebot wie in größeren Städten und Verdichtungsräumen wird es hier wohl nie geben. Trotzdem: Auch mit realistischem und etwas mutigerem Blick gibt es noch viel Luft nach oben. Visionen entwickeln, Ideen sammeln, Konzepte anstoßen und vor allem: die entscheidenden Leuten zusammenbringen, um bestehende und neue Angebote viel besser zu verbinden, ja um letzten Endes "Mobilitäts- mit Daseinsvorsorge sinnvoll zu vernetzen": Das ist sein Auftrag.
Attraktivität gewinnen
Und so denkt er etwa nach über "Mobilitätsstationen", an denen sich Buslinien, Radwege und Carsharing kreuzen. Eingerichtet an zentralen, gut erreichbaren Standorten. Ausgestattet mit W-LAN, Einkaufsmöglichkeiten und einer gewissen Aufenthaltsqualität. Als ganz anders als trostlose Bushaltestellen oder schäbige Bahnstationen, die gleichfalls an Attraktivität gewinnen sollen.
Hellemann weiß, wovon er spricht. Er wohnt in Öhringen und pendelt oft mit dem Zug und dem Rad ins Landratsamt nach Künzelsau. Wenn er dann in Waldenburg aussteigt, sagt er sich immer wieder: "Was für ein unattraktiver Bahnhof." Von dort aus fährt er - "wie viele andere" - mit dem Rad weiter in die Kreisstadt. "Was aber, wenn die Kochertalbahn in Richtung Künzelsau tatsächlich reaktiviert wird?"
Bus und Bahn

Einerseits wäre dieses Zusatzangebot sehr zu begrüßen, andererseits stelle sich dann aber die Frage: Was wird mit dem Radweg? Und: Wie erklären wir den Menschen, dass die bestehenden Buslinien zwischen Waldenburg und Künzelsau gestrichen werden müssten, weil Bahn und Bus nicht parallel fahren dürfen? "Schon zwischen Bretzfeld und Öhringen hat dies mit dem Start der Stadtbahn 2005 für einige Diskussionen gesorgt", so Hellemann.
Und wenn die Kochertalbahn nicht wiederkehrt? "Dann müssen wir Alternativen in der Hinterhand haben." Welche wären das? "Auf dem Radweg oder Feldwegen könnte doch eine eigene Busspur entstehen" - abgekoppelt von der B19, "damit man da nicht im Stau steht". Das wäre laut Hellemann womöglich "relativ schnell zu realisieren".
Und überhaupt: "Die Reaktivierung der Kochertalbahn macht erst Sinn, wenn die Hohenlohebahn elektrifiziert ist." Und das könne noch dauern. "Wir dürfen aber nicht noch zehn Jahre warten, sondern müssen jetzt schauen, was wir kurzfristig umsetzen, wenn das eine oder das andere oder womöglich sogar beide Bahnprojekte nicht kommen."
Thema E-Mobilität
Beim Thema E-Mobilität setzt er darauf, lokale Carsharingangebote auszubauen und zu vernetzen, den Fuhrpark des Landratsamts zu "elektrisieren" oder mehr E-Busse fahren zu lassen. Mitarbeiter sollten motiviert werden, "Job-Tickets zu nutzen", und Fahrradstellplätze aufgewertet werden. Die Fortschreibung des Radwegekonzepts könne er ebenso unterstützen.
"Im Grunde geht es um Bewusstseinsbildung und Mentalitätsänderung." Dann könnten auch Mobilitäts-Apps im ländlichen Raum irgendwann funktionieren. Und dann könnte es sogar sein, dass eine Seilbahn eines Tages irgendwo im Kreis schwebt. "Warum nicht?", schmunzelt der Mobilitätsmanager. Eine Bergbahn gibt es ja auch schon.