Dem Hohenloher Wald droht ein Katastrophenjahr
Die wochenlange Trockenheit sorgt nicht nur für Waldbrandgefahr, sondern auch für massiven Schädlingsbefall: Laut Experten müssen wohl Hunderte Hektar gerodet werden. Die Pandemie verschärft die Situation zusätzlich.

Roland Hartz macht sich Sorgen. Große Sorgen. "Wenn jetzt im Mai nicht viel Niederschlag kommt, droht dem Wald und den Forstbetrieben das dritte Katastrophenjahr in Folge", fürchtet der Kreis-Forstamts-Leiter. Und das zu Recht: Denn vor rund vier Wochen hat es zum bisher letzten Mal nennenswert geregnet. Und der Wind der vergangenen Tage sorgte überdies noch für massive Verdunstung der wenigen verbliebenen Feuchtigkeit im Boden.
Das hat Folgen: Da wäre natürlich die erhöhte Waldbrandgefahr. Forstexperte Hartz weiß: "Die ist im April ohnehin immer am höchsten, da es dort noch viel verdorrte, abgestorbene Bodenvegetation aus dem Vorjahr gibt."
Waldbrandgefahr ist noch die kleinste Sorge
Und dennoch treibt ihm dies noch die kleinsten Sorgenfalten ins Gesicht. Denn: "Wir haben hier im Hohenlohekreis zu 85 Prozent Laubwälder - und die sind glücklicherweise nur schwer entzündlich", sagt Hartz. Was ihm auch noch Hoffnung macht, dass die drohende Katastrophe zumindest abgemildert werden könnte? Die Voraussetzungen: "Der Winter war relativ nass." Das war es aber dann auch schon.
"Der Borkenkäfer hat sich seit Monaten massiv vermehrt, auch weil es wegen Orkantief Sabine sehr viel Sturmholz in den Wäldern gab", berichtet der Forstamts-Chef.
Gepflanzte Bäume überleben nicht

Es bestehe akute Gefahr, dass die Jungbäume, die man nach den verheerenden Waldschäden der vergangenen Jahre neu aufgeforstet hat, direkt wieder absterben. "Deren Wurzeln ragen nur rund 20 Zentimeter tief in den Boden. Und da ist es schon trocken. Selbst die Altbäume kommen langsam in Stress", erklärt Hartz. Und das eben nicht nur wegen Wassermangels.
Sondern: Der Borkenkäfer schädigt primär Fichten, die Buchen "bringen schon massive Vorschädigungen mit", Schwammspinner-Raupen befallen die Laubbäume, und auch in diesem Jahr werden wegen der Gesundheitsgefahren durch die Brennhaare des Eichenprozessionsspinners kostspielige Beseitigungsaktionen notwendig werden - wie zuletzt bereits im Neuensteiner Waldkindergarten.
Fazit: Es drohen wegen des Klimawandels drastische Waldschäden und Rodungen auf Hunderten von Hektar Fläche - und auch massive Gefahren von oben: für Verkehrsteilnehmer, wenngleich Roland Hartz berichtet, dass nach den umfangreichen Baumfällungen im Vorjahr "die großen Straßen abgesichert" seien - aber hauptsächlich für Waldbesucher und Waldarbeiter.
"Es droht das Ende des Waldes, wie wir ihn kennen"
"Die Wurzeln faulen ab, und die Bäume stürzen auch ohne starken Wind einfach unvermittelt um", warnt der Experte. Roland Hartz deutlich: "Der Klimawandel gibt

Vollgas. Wenn das so weitergeht, droht das Ende des Waldes, wie wir ihn kennen."
Was in ihrer Macht Stehende können die Förster und Waldbesitzer denn überhaupt tun? "Bund und Land haben Masterpläne aufgelegt und stellen Hilfsgelder bereit, die wir unsererseits an die Waldbesitzer weitergeben, um die finanziellen Folgen der Schäden einigermaßen in Grenzen zu halten." Viele Anträge liegen derzeit auf den Tischen im Hohenloher Forstamt.
Der Weltmarkt bricht wegen Corona zusammen
Rein forstwirtschaftlich bleibt nur: regelmäßige Kontrolle der Bestände auf Schädlinge wie den Borkenkäfer samt unverzüglicher Rodung und Abtransport der befallenen Hölzer; die Sicherung von Wegen und Straßen - sowie im Falle des Schwammspinners auch der Einsatz von Pestiziden.
Und als ob dieser Dreiklang nicht schon genug der Herausforderung wäre, ist da ja auch noch die Coronakrise. Zwar ist die Waldarbeit per se nicht besonders eingeschränkt, jedoch fehlt auch zahlreichen Forstunternehmern im Kreis das Personal aus Osteuropa.
Und: Waren die Holzpreise schon vorher im Sinkflug, haben sie nun laut Hartz vollends den Boden erreicht. "Der Weltmarkt ist komplett zusammengebrochen, besonders auch der Export von Schadholz." Die minderwertige Ware fand nämlich bisher in China stets dankbare Abnehmer. Doch das ist vorbei.
Ergebnis in Summe: Hohe Kosten, aber geringe Einnahmen bei vielen Eigentümern. "Viele private Waldbesitzer wollen gerade unbedingt verkaufen", sagt Roland Hartz.

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