Christi Himmmelfahrt - ein Feiertag für Gottesdienst oder Bollerwagen?
Landesbauernpfarrerin Sabine Bullinger und Dekan Ingo Kuhbach zu Christi Himmelfahrt und den verschiedenen Traditionen: Vatertagstour durch Hohenlohe oder Gottesdienst im Grünen.

Wer an den Feiertag am Donnerstag denkt, der sieht vor seinem geistigen Auge Männer jeglichen Alters mit um die Hüfte gebundenen T-Shirts durch die grünen Felder laufen, den Bollerwagen mit einem Fässchen Bier hinter sich herziehend. Oder aber er denkt an Hoffeste bei Winzern und Brennern. Vatertag wird dieser Feiertag gern genannt. Analog zum Muttertag sollen es die Väter schön haben, sich feiern dürfen. Dem schließen sich auch gern die Männer an, die (noch) keine Väter sind.
Aufgefahren in Himmel
Den freien Tag beschert Christi Himmelfahrt. 40 Tage nach Ostersonntag ist Jesus auferstanden und aufgefahren in den Himmel. Oft wird der Tag mit einem Gottesdienst im Grünen gefeiert wie dieses Jahr in der Ländlichen Heimvolkshochschule Hohebuch. Landesbauernpfarrerin Sabine Bullinger hält den Distrikt-Gottesdienst, Pfarrer Armin Speck die Liturgie.
Aktuelle Predigt
Als Predigttext hat Sabine Bullinger nicht die Himmelfahrtsgeschichte aus Apostel gewählt. Sie hält die Predigt aus Buch Daniel,7. Hier geht es um eine Vision, in der schreckliche Ungeheuer vorkommen. Bestien, die die Weltmächte symbolisieren, erklärt Sabine Bullinger. Das Buch Daniel sei im zweiten Jahrhundert vor Christi geschrieben worden, zu einer Zeit, in der Palästina unter griechischer Herrschaft war. Die Bestien, so Bullinger, symbolisieren die Babylonier, die Perser, die Meder und die Griechen. Diese Vision sei ein Alptraum, erklärt sie. Gerichtet werden die Bestien von Gott, dabei öffne sich der Himmel und es komme der Menschensohn herab.
"Gott selbst tritt an, der Himmel öffnet sich, das Böse wird entmachtet. Das ist quasi die Umkehrung der Himmelfahrt, die von unten nach oben geht", erklärt Sabine Bullinger. Es heißt, es gibt eine göttliche Macht. "Und die - und nicht die Terrorregime dieser Welt - hat das letzte Wort", nimmt sie aktuellen Bezug. Auch zwei Jahrhunderte vor Christi sei eine Zeit der Bedrückung und der Fremdherrschaft gewesen. Doch Botschaft von Himmelfahrt sei: "Gottes Herrschaft besiegt die Angst. Seine Macht ist ewig und vergeht nicht, und sein Reich hat kein Ende."
Verschiebungen der Werte
Warum kaum noch jemand weiß, warum am Donnerstag Feiertag ist? Warum es ein geschenkter freier Tag unter der Woche, für viele der Auftakt zu einem langen Wochenende ist? "Traditionen verschieben sich", erklärt Sabine Bullinger. "Weihnachten wissen die Menschen noch, Ostern wird auch noch gefeiert, vielleicht nicht zwingend mit kirchlichem Hintergrund, aber als Frühjahrsfest mit österlichen Symbolen", erklärt sie. Pfingsten werde es schon schwierig mit dem Fest des Heiligen Geistes. "Und wer nicht zum Gottesdienst geht, der schafft andere Traditionen für diesen freien Tag." Wie eben die Männertour mit dem Bollerwagen.
Für den katholischen Dekan Ingo Kuhbach ist mit der Aufwertung des Vatertags die christliche Bedeutung des Feiertags mehr und mehr in den Hintergrund getreten. Er ordnet das realistisch ein: Von vielen Menschen werde heute "das Christliche nicht mehr so wichtig genommen". Im Gottesdienst will er darauf nicht eingehen. "Ich spreche das nicht groß an, da treffe ich die Falschen."
Dankbar für Mögliches
Kuhbach ist dankbar, dass anders als in den beiden vergangenen Jahren wieder Prozessionen möglich sind. Er will Himmelfahrt "sehr traditionell" begehen, mit dem Gottesdienst in der Kirche und der Prozession im Freien, mit altbekannten Liedern, "die die Leute gerne singen", und den gewohnten Gebeten. Dann sei das "ein sehr volkstümlicher Tag", der "Mut und Zuversicht schenken" könne. Wenn am Ende der Prozession die letzte Bitte um Frieden und Gerechtigkeit erklingt, zeige das, wie wichtig das in Zeiten von Pandemie und Krieg sei.
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