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Niederstetten
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Nach schweren Vorwürfen: Bürgermeisterin des Amts enthoben

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Im tiefen Zerwürfnis zwischen dem Gemeinderat von Niederstetten und Bürgermeisterin Heike Naber gibt es einen neuen Höhepunkt: Anfang der Woche hatten die vier ehrenamtlichen Bürgermeister-Stellvertreter die Schlösser am Rathaus austauschen lassen und alle Mitarbeiter der Verwaltung ins Homeoffice geschickt.

Von Michael Weber-Schwarz
Ein Bild aus besseren Zeiten: Bürgermeister-Stellvertreter Richard Nörr gratuliert Heike Naber bei der Amtseinführung im Mai 2018.
Ein Bild aus besseren Zeiten: Bürgermeister-Stellvertreter Richard Nörr gratuliert Heike Naber bei der Amtseinführung im Mai 2018.  Foto: Bettina Semrau

Die Bürgermeisterin und ehemalige Kämmerin von Krautheim und Gundelsheim hatte nach langer Krankheit und mehr als vier Monaten Abwesenheit ihre Rückkehr in den Dienst angekündigt.

Zunächst forderte das Landratsamt des Main-Tauber-Kreises noch, ihr den Zutritt wieder zu gewähren. Am späten Dienstagnachmittag erfolgte dann die Kehrtwende. In einer Pressemitteilung aus dem Landratsamt heißt es wörtlich: "Das Landratsamt Main-Tauber-Kreis als Kommunalaufsicht wird die Bürgermeisterin der Stadt Niederstetten, Heike Naber, vorläufig des Dienstes entheben. Die vorläufige Dienstenthebung wurde noch am Dienstag, 27. April, versandt und wird mit der Zustellung wirksam. Falls Frau Naber dagegen Klage einlegen wird, hat dies keine aufschiebende Wirkung, sofern nicht in einem Eilverfahren etwas anderes beschlossen wird."

Zunächst wurde ein freiwilliger Verzicht angestrebt

Infolge der aktuellen Ereignisse sei die Frist, in der sich die Bürgermeisterin zur vorläufigen Dienstenthebung äußern kann, "auf den Ablauf des 27. April verkürzt" worden, so das Landratsamt weiter. "Ursprünglich war ein Termin Anfang Mai vorgesehen. Dem Anwalt der Bürgermeisterin waren die vorgesehene Verfügung zur vorläufigen Dienstenthebung sowie das Anhörungsschreiben bereits seit Freitagmittag bekannt, da das Landratsamt zunächst eine einvernehmliche Lösung zum freiwilligen Verzicht Frau Nabers auf die Dienstausübung als Bürgermeisterin angestrebt hatte."

Die Behörde geht nach der Entscheidung "davon aus, dass die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung der Verwaltung unter der Führung der Bürgermeister-Stellvertreter wieder gewährleistet werden kann". Um eine ordnungsgemäße Verwaltungsarbeit sicherzustellen, werde die Kommunalaufsicht in Kürze auch vor Ort im Rathaus sein.

Weitere Dienstvergehen stehen im Raum

Mit der vorangegangenen Rathaus-Schließung wollten die vier stellvertretenden Bürgermeister die Möglichkeit für weitere Ermittlungen gewährleistet halten: Damit nicht etwa relevante Akten "verschwinden", wurden die Schlösser an der Rathaustür ausgetauscht. Bürgermeister-Stellvertreter Klaus Lahr erklärte, es stünden "weitere, erhebliche Dienstvergehen" der Bürgermeisterin im Raum. Weil man die Gefahr einer Verdunkelung und die mögliche Behinderung von staatsanwaltlichen Ermittlungen fürchten müsse, werde man Heike Naber keinesfalls den Zugang zu den Diensträumen gewähren. Konkret habe man bei der jüngsten, dreitägigen "Buchprüfung" im Rathaus durch den externen Sachverständigen Landrat a.D. Klaus Brodbeck "weitere Verstöße" der Bürgermeisterin festgestellt.

Wie bereits in vorausgegangenen Fällen soll Heike Naber Grundstücksverträge abgeschlossen und Verträge unterschrieben haben - ohne Ermächtigung durch Beschlüsse des Gemeinderats. Durch eigenmächtige Auftragsvergaben, ebenfalls nicht durch Beschlüsse gedeckt, habe Naber erhebliche Vermögensschäden für die Stadt verursacht. Zu einer Umsetzung der vorgesehenen Bautätigkeiten kam es nicht. Trotzdem sind Rechnungen für Vorarbeiten, etwa durch Architekten, zu erwarten. Gespräche zur Schadensbegrenzung laufen, so Klaus Lahr. Trotzdem hält er fest: "Wir haben als Kommune Leistungen zu bezahlen - für nichts!"

Fahrlässig oder vorsätzlich?

Hat Heike Naber in den jetzt aufgetauchten Fällen fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt? Das müssten die Ergebnisse der Ermittlungen zeigen, sagt Lahr. Der ehrenamtliche Bürgermeister und dienstälteste Stadtrat hält aber auch fest: "Frau Naber ist Kämmerin mit langjähriger Berufserfahrung."

Armin Burger, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Ellwangen, bestätigte unterdessen weiter laufende "insgesamte" Ermittlungen, hielt sich aber erwartungsgemäß zu konkreten Inhalten bedeckt.

Anzeige, Dienstverstöße und mehr

Die parteilose Verwaltungswirtin Heike Naber setzte sich am 4. Februar 2018 mit 54,84 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang gegen sechs Mitbewerber um das Amt der Bürgermeisterin Niederstettens durch. Ihr Vorgänger Rüdiger Zibold war nach zwei Amtsperioden nicht mehr zur Wahl angetreten. Die in Bad Mergentheim geborene Heike Naber arbeitete zuvor als Kämmerin in Krautheim und Gundelsheim.

Im Sommer 2020 hatte der Gemeinderat von Niederstetten die Bürger in einer öffentlichen Versammlung über eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Bürgermeisterin informiert, die gegen die Gemeindeordnung, die Hauptsatzung der Stadt und die Geschäftsordnung für den Gemeinderat verstoßen haben soll. Anschließend hatten sich die Wogen nur kurz geglättet, schon wenig später kritisierte der Rat "tatsachenwidrige Behauptungen" in einer Pressemitteilung Nabers. Bei der Staatsanwaltschaft in Ellwangen liegen mehrere Anzeigen zu dienstlichen Verstößen gegen Naber vor. Der gesamte Gemeinderat hatte die Bürgermeisterin mehrfach zum Rücktritt aufgefordert. Diese hatte zuletzt mitgeteilt, sie wolle im Amt bleiben und sehe keinen Grund zum Rücktritt.

 
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