Bis zu 600 Plätze für alle Flüchtlinge in Hohenlohe
Weniger Ukrainer als gedacht sind dem Hohenlohekreis bislang zugewiesen worden, dafür bleibt die Zahl der Asylbewerber aus anderen Ländern auf einem vergleichsweise hohen Niveau. Wie kalkuliert das Landratsamt seine Sammelunterkünfte für dieses Jahr und darüber hinaus?

Weit weniger ukrainische Flüchtlinge als gedacht muss der Hohenlohekreis für die ersten sechs Monate in Sammelunterkünften unterbringen. Deshalb wird die Eberhard-Gienger-Halle in Künzels-au, die als mögliche Notunterkunft für 180 Geflüchtete aus der Ukraine hergerichtet wurde, seit zwei Wochen umgebaut und steht Vereinen und Schulen in Kürze wieder vollständig zur Verfügung.
Noch Ende März war der Kreis davon ausgegangen, bis zu 1300 offiziell zugewiesene Ukrainer unterbringen und dafür bis Jahresende 1000 zusätzliche Plätze schaffen zu müssen. Doch bisher sind erst 63 angekommen.
Drei Notunterkünfte in Künzelsau könnten bis Jahresende schließen
"Die Ochsenseehalle in Öhringen soll spätestens im August zurückgebaut und nach den Sommerferien wieder von Schulen und Vereinen genutzt werden können", erklärt Sascha Sprenger, Sprecher des Landratsamts, auf Anfrage der Hohenloher Zeitung. "Sollte sich die Zugangslage weiterhin auf dem aktuellen Niveau bewegen und die zusätzlichen Unterkünfte wie vorgesehen aufgebaut werden können, ist geplant, die Unterkünfte im ehemaligen Krankenhaus und in der Rösleinsbergstraße in Künzelsau gegen Jahresende zu schließen."
Von Notunterkünften kann schon jetzt kaum die Rede sein, da aktuell nur 63 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine im ehemaligen Kliniktrakt wohnen, der Platz für 124 Personen bietet. Die beiden Gebäude direkt daneben in der Rösleinsbergstraße, die 63 und 23 Flüchtlinge beherbergen können, sind zurzeit gar nicht belegt. Wenn die Stadt Künzelsau die Baugenehmigung für den Neubau eines Hospizes erteilt hat, werden die zwei Häuser abgerissen.
Kreis muss Kapazitäten so oder so aufstocken: vor allem wegen anderen Asylbewerbern
Zusätzliche Unterkünfte benötigt der Kreis nicht nur, um weitere Ukraine-Flüchtlinge aufnehmen zu können, so sie denn in den nächsten Wochen und Monaten in größerer Zahl kommen sollten. Schon im November 2021 war klar, dass der Kreis seine Kapazitäten deutlich aufstocken muss, weil die Zuweisungszahlen von Asylbewerbern aus anderen Ländern, die der Hohenlohekreis insgesamt zwei Jahre unterbringen muss, stark zugelegt haben: von sieben pro Monat im Juni auf 30 im Dezember. Im Januar waren es 27, im Februar 22. Danach sank die Quote auf zwölf im März und sieben im April. Im Mai beträgt sie wieder zwölf. Diese Zuweisungsquote hat nichts mit den Ukraine-Flüchtlingen zu tun, sondern bezieht sich allein auf Flüchtlinge anderer Länder. Das Land war davon ausgegangen, dass der Hohenlohekreise viel mehr Ukrainer aufnehmen muss und hatte jene Quote deshalb reduziert.
Zuweisungen und Belegungszahlen noch nicht mit 2015 und 2016 vergleichbar
Die Zugangszahlen bei den anderen Flüchtlingen seien mit Blick auf die Lage vor einem Jahr "nach wie vor auf hohem Niveau", so Sprenger. Der Kreis plane deshalb weiterhin mit 255 Zuweisungen im gesamten Jahr 2022. Das entspricht exakt dem, was man sich vor Ausbruch des Ukraine-Kriegs vorgenommen hatte. Zum Vergleich: In den Jahren 2015 und 2016, als die letzte große Flüchtlingskrise war, lag die Zahl der durchschnittlichen Jahreszuweisungen bei 1239 und 724. Die Belegungszahlen betrugen 1135 und 887. Die jetzige Lage ist also mit der damaligen nicht vergleichbar - vor allen deshalb, weil die Flüchtlinge aus der Ukraine bisher meist in privatem Umfeld und größeren Städten untergekommen sind und nicht in Sammelunterkünften des Kreises. Möglich ist, dass mit der Zeit immer mehr Ukrainer von den privaten in die öffentlichen Unterkünfte wechseln. Doch der Kreis tut sich nach wie vor schwer damit, dies exakt zu kalkulieren. Wenn die drei Notunterkünfte für Ukrainer in Künzelsau gagen Jahresende geschlossen würden, stünden 500 bis 600 Plätze für sämtliche Flüchtlinge bereit.
Derzeit gibt es elf Sammelunterkünfte für Flüchtlinge aus anderen Ländern
Neben diesen drei Notunterkünften für Ukrainer gibt es derzeit elf Sammelunterkünfte. Von den 317 Plätzen sind darin aktuell 215 mit anderen Flüchtlingen belegt. Drei sind in Künzelsau und jeweils eine in Belsenberg, Belzhag, Neuenstein, Kupferzell, Öhringen, Klepsau, Niedernhall und Dörzbach.
Ab Juni bezugsfertig sein sollen zwei weitere Unterkünfte in Künzelsau (zehn und 19 Plätze) und eine in Schwabbach (umgebaute Gewerbehalle, 64 Plätze). Voraussichtlich im Juli kann die Containeranlage in der Kupferzeller Schloßstraße belegt werden, im August vermutlich die im Raum Öhringen (jeweils 56 Plätze). Weitere Container für maximal 100 bis 120 Personen werden wohl im Herbst auf dem ehemaligen Kerl-Areal in Niedernhall belegt werden können. Die Erweiterung der bestehenden Unterkunft in Neuenstein um maximal 48 Plätze soll 2023 abgeschlossen sein. Noch keinen Termin gibt es für den Neubau einer Unterkunft, die nach dem gleichen Muster im Raum Öhringen entstehen soll.
Nationalitäten
Die meisten Flüchtlinge, die derzeit in den Sammelunterkünften des Hohenlohekreises wohnen, kommen aus Afghanistan (49) und Syrien (38), gefolgt von Nigeria und Georgien (jeweils 20), der Türkei (19) sowie Nordmazedonien und Sri Lanka (jeweils 12). Die restlichen verteilen sich auf den Irak (8) und Iran (1) sowie mehrere afrikanische Länder. Diesen Flüchtlingen muss der Kreis zwei Jahre lang Unterkunft gewähren, bevor sie in die Anschlussunterbringung der Städte und Gemeinden wechseln können. Jene 63 Flüchtlinge aus der Ukraine, die bislang offiziell zugewiesen wurden, müssen nur sechs Monate beim Landreis unterkommen. 865 Ukrainer waren hier zuletzt privat untergebracht.