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Biomüll im Hohenlohekreis: Energetische Lösung light

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Weil die Firma Hauke Erden verkauft wurde und der neue Eigentümer Remondis das Kompostwerk in Öhringen neu justiert, können Teile des Biomülls aus dem Hohenlohekreis 2020 zu Strom und Wärme werden: in einer Anlage in Sinsheim, an der Remondis beteiligt ist.

Von Ralf Reichert
Die Firma Hauke Erden in Öhringen wurde im März 2019 an die Remondis-Tochter Reterra Süd verkauft. Das Hauptwerk ist in Aldingen bei Remseck.
Fotos: Ralf Reichert
Die Firma Hauke Erden in Öhringen wurde im März 2019 an die Remondis-Tochter Reterra Süd verkauft. Das Hauptwerk ist in Aldingen bei Remseck. Fotos: Ralf Reichert  Foto: Reichert, Ralf

Ihr Kosename klingt niedlich: Betty. Ihr voller Name führt bislang in die Irre: Bioenergietonne. Denn der Biomüll aus dem Hohenlohekreis wird noch gar nicht in Strom und Wärme umgewandelt, sondern ausschließlich zu Kompost verarbeitet. Läuft alles wie geplant, wird sich dies ab Mitte 2020 ändern. Dann sollen gewisse Teilmengen tatsächlich energetisch verwertet werden. Wie viel genau, ist nicht vertraglich fixiert worden. Es wird sich aber um einen "vierstelligen Betrag pro Jahr" handeln, erklärt Frank Pickenhagen, Geschäftsführer von Hauke Erden in Öhringen.

Neue Vergärungsanlage in Sinsheim

Dort landet derzeit die komplette Jahresmenge an Bioabfällen aus dem Hohenlohekreis: rund 10 000 Tonnen. Dabei bleibt es auch vorerst: bis Ende 2023. Nur: Ein Teil davon wandert in die Vergärung. Nicht in Öhringen, sondern in Sinsheim. Dort fährt gerade eine neue Anlage hoch, die am 25. September offiziell starten wird. Und an dessen Betriebsgesellschaft neben dem Rhein-Neckar-Kreis die Firma Reterra Süd beteiligt ist, eine hundertprozentige Tochter des deutschen Entsorgungs-Riesen Remondis. Ihr gehört seit März 2019 auch Hauke Erden. Womit sich der synergetische Kreis schließt.

Was eigentlich geplant war

Frank Pickenhagen, Geschäftsführer von Hauke Erden, und Betriebsleiterin Angelika Maier zeigen der HZ vor Ort die Rotten für Bioabfälle (vorne) und Grüngut (hinten).
Frank Pickenhagen, Geschäftsführer von Hauke Erden, und Betriebsleiterin Angelika Maier zeigen der HZ vor Ort die Rotten für Bioabfälle (vorne) und Grüngut (hinten).  Foto: Reichert, Ralf

Die alten Eigentümer von Hauke Erden, Peter Hauke und Frank Pickenhagen, hatten eigentlich vor, ihre Öhringer Anlage so zu erweitern, dass statt derzeit 12.000 Tonnen künftig 40.000 Tonnen Biomüll zu Kompost verarbeitet werden können und der Anteil der Grüngutverarbeitung von aktuell 17.000 Tonnen auf 11.500 Tonnen sinkt. Nach der Übernahme durch Remondis wurden die Karten neu gemischt. "Wir drehen jetzt das Verhältnis um", sagt Pickenhagen. Sprich: "Von 2020 bis 2023 peilen wir 12.000 Tonnen Biomüll und 39.500 Tonnen Grüngut an." Und ab 2024 soll in der Öhringer Anlage nur noch Grüngut zu Kompost und Erden verarbeitet werden: insgesamt also 51.500 Tonnen.

Option Sinsheim genutzt

Bis 2023 eine Kapazität von weiterhin nur 12.000 Tonnen Biomüll und der komplette Abschied davon vor Augen: Dies bewegte Hauke, die konzerneigene Option Sinsheim für einen Teil des Bioabfalls aus dem Kreis zu nutzen. Aus Kapazitätsgründen. Aber auch, um dem Hohenlohekreis einen sanften Einstieg in die Vergärung zu ermöglichen.

Änderungsgenehmigung für Übergangszeit

Die ursprüngliche Erweiterung hatte das Regierungspräsidium Stuttgart Ende Oktober 2018 genehmigt. "Für die Übergangszeit benötigen wir eine Änderungsgenehmigung", so Pickenhagen. Der Antrag soll im Herbst raus. "Wenn alles gut geht, rechnen wir für 2019 mit dem Okay und könnten ab 2020 bauen, sodass wir Mitte nächsten Jahres fertig wären." Für die Zeit ab 2024 sei keine Extra-Genehmigung nötig.

Für die Abfallwirtschaft Hohenlohekreis ist es ein Glücksfall

Sebastian Damm, Geschäftsführer der Abfallwirtschaft Hohenlohekreis, spricht von einem "Glücksfall". Denn ohne den Strategiewechsel nach dem Verkauf von Hauke Erden an Remondis wäre es für den Kreis kaum möglich gewesen, ab 2020 auch nur gewisse Mengen seines Biomülls energetisch zu verwerten. Vom stattlichen Gesamtvolumen ganz zu schweigen. Genau dies ist aber seit langem das politische Ziel.

Umsetzung bislang unmöglich

Rund 10?000 Tonnen Biomüll produzieren die Bürger des Hohenlohekreises pro Jahr. Er wird noch nicht energetisch verwertet, sondern zu Kompost verarbeitet.
Foto: privat
Rund 10?000 Tonnen Biomüll produzieren die Bürger des Hohenlohekreises pro Jahr. Er wird noch nicht energetisch verwertet, sondern zu Kompost verarbeitet. Foto: privat

Allein: Die Umsetzung - eigentlich bereits für 2019 ins Auge gefasst - war unmöglich, weil in der Region lange keine Vergärungsanlage in Sicht war, in der die Abfälle wirtschaftlich verwertet werden könnten, und der Hohenlohekreis - wie alle anderen Kreise in der Nachbarschaft - zu der Einsicht gelangt war, keine eigene zu bauen und zu betreiben, sondern weiter auf den privaten Markt zu setzen. Der bestand aber wiederum nur aus Kompostieranlagen und war technisch deshalb noch gar nicht in der Lage, Biomüll in Energie umzuwandeln. Das wird sich nun nach und nach ändern. "Der Markt sortiert sich gerade neu", sagt Silvia Fritsch, Betriebsleiterin der Abfallwirtschaft. "Da ist die Anlage in Sinsheim. In Stuttgart gibt es neue Kapazitäten, in Bad Rappenau ebenso, auch in Pfaffenhofen ist eine Vergärung geplant."

Die neuen Ziele für den Öhringer Betrieb

Weil sich auf diesem Feld nun so viel tut, hat Reterra Süd als neuer Eigner von Hauke Erden davon Abstand genommen, den Fokus auf die Verwertung von Biomüll zu richten - und die Anlage womöglich um eine vorgeschaltete Vergärung zu ergänzen. Statt dessen wird der Öhringer Betrieb ab 2024 vornehmlich dem Hauptstandort Aldingen bei Remseck zuarbeiten, der hochwertige Erden herstellt, was mit gesäuberten und gesiebten Grüngutabfällen besser möglich ist. Das heißt für den Hohenlohekreis aber auch: Er muss sich ab 2024 einen neuen Partner suchen, der dann den gesamten Biomüll energetisch verwerten kann.

 

Strategiewechsel bei Hauke Erden: Was bedeuten die neuen Pläne für die Anwohner?

Die Betriebserweiterung des Kompostwerks von Hauke Erden in Öhringen war lange Zeit heftig umstritten. Anwohner in Baumerlenbach, Schwöllbronn und Unterohrn standen dem Projekt misstrauisch bis ablehnend gegenüber. Allein 1098 Einwendungen gab es, sie wurden im Februar 2018 ausführlich erörtert. Dabei ging es um typische Konflikte wie Geruch und Verkehr, Umgebung und Überwachung. Das Regierungspräsidium Stuttgart gab Ende Oktober 2018 grünes Licht. Eigentlich sollte danach umgehend gebaut werden. Doch der Eigentümerwechsel zu Remondis, im März 2019 vollzogen, brachte eine völlig neue Strategie mit sich.

Jetzt ist der Umbau erst Anfang 2020 realistisch und könnte Mitte nächsten Jahres abgeschlossen sein. Was heißt das für die Anwohner?

Hauke Erden muss nun eine Änderungsgenehmigung beantragen: für die Übergangszeit von 2020 bis 2023 (Biomüll und Grüngut), aber nicht für die Zeit ab 2024 (nur noch Grüngut). Im Grunde setzt Hauke Erden aber das um, was in der ursprünglichen Genehmigung vereinbart war. "Nur etwas pragmatischer", sagt Geschäftsführer Frank Pickenhagen. "Denn wir planen ja jetzt nicht mehr mit 40.000 Tonnen Biomüll, sondern nach wie vor mit 12.000 Tonnen bis 2023. Dafür hätten wir ja eine komplett neue Rotte gebraucht."

Nun soll die alte Hauptrotte für diese vier Jahre "ertüchtigt" werden. Sie werde "besser abgedichtet" und "in einen Unterdruck versetzt", so dass die "abgesaugte Luft über Biofilter abgegeben wird". Die "geschlossene Annahmehalle" soll "etwas größer werden". Die jetzige Lage werde insgesamt "deutlich verbessert". Und ab 2024 die Geruchsbelastung nochmals, wenn nur noch Grüngut da sei. 

 
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