Bei blassen Polit-Profis geht HB-Männchen auch mal hoch

Also, dann macht's gut. Hermann Bachmaier verabschiedet sich aus den politischen Alltag. 22 Jahre lang war der Anwalt aus Crailsheim für Hohenlohe im Bundestag. Nicht der Wählerwille hat die politische Karriere des SPD-Mannes beendet, sondern die Genossen selbst.

Locker und aufgeräumt wirkt Bachmaier beim Kreisparteitag in Niedernhall. Das mag verwundern. Nicht nur Insider wissen, dass HB hin und wieder hochgehen kann wie das HB-Männchen früher in der Zigarettenwerbung. Auf jene, die ihn aus seinem sicheren Listenplatz gehebelt haben, ist Bachmaier immer noch sauer: die IG-Metall, Hans-Martin Bury und alle, die glaubten, mit 66 sei er zu alt fürs Geschäft. Der Bundestag ist nicht zu alt. Da müssen alle Altersgruppen vertreten sein , wettert er. Aber gut, vorbei ist vorbei. Bachmaier blickt zurück auf 22 Jahre und befindet: Mir hat's sehr gut gefallen. Dem politischen Alltag will er dennoch keine großen Tränen nachweinen, wohl aber wegen der Art und Weise, nur weil ich 66 bin. Hinter dem Polit-Profi und HB-Männchen kommt - vielleicht deutlicher als je zuvor - ein verletzbarer Mensch zum Vorschein.

Bachmaier ist ein emotionaler Mensch, der auch mal laut wird. Daraus hat er nie einen Hehl gemacht. Im Gegenteil: Was ich nicht mag, sind blasse Polit-Profis, die nur nachplappern, was sie auf einem Seminar gelernt haben. Der Crailsheimer ist eine Kämpfernatur, die lieber in Kauf nimmt, hin und wieder übers Ziel hinaus zu schießen, als seine politischen und ethischen Werte zu verraten. Besonders der Rechts- und der Sozialstaat liegen ihm am Herzen. Ich bin Anhänger einer gewissen Konfliktstrategie , sagt er über sich. Stolz ist er darauf, als junger SPD-Mann in Hohenlohe dazu beigetragen zu haben, einen veritablen Oberbürgermeister zu Fall gebracht zu haben.

Acht Crailsheimer Jahre, die ihn geprägt haben: Wer Kommunalpolitiker in der Ära Zundel in Crailsheim war, der weiß wie's geht. Und weil Bachmaier Stimmenkönig im Gemeinderat geworden ist, weiß er: Die Hohenloher honorieren das. Nicht offen, aber in der Wahlkabine.

Beinahe sentimental blickt der Sozialdemokrat zurück auf seine Bundestagsjahre. Zum Beispiel im Atom-Untersuchungssausschuss. Wir sind auf unendlich viele Schwachstellen in der friedlich genutzten Kernenergie gestoßen. Oder im BND-Kontrollausschuss, der dem Bundesnachrichtendienst auf die Finger schaute. Das hat unendlich viel Spaß gemacht , sagt er und gibt eine Anekdote zum besten. Die Ausschussmitglieder waren nach Pullach in die BND-Zentrale geladen. Die wollten uns am Bahnhof abholen. Als Erkennungszeichen waren Trenchcoat und roter Schall ausgemacht , erinnert sich Bachmaier und fährt fort: Wir haben das Journalisten erzählt, und dann waren plötzlich zehn Männer mit Trenchcoats und rotem Schal am Bahnsteig - inklusive einiger versteckter Kameras. Wie ein Dieb in der Nacht will der 66-Jährige nicht verschwinden. Als Parteiratsmitglied bleibt er der SPD aktiv erhalten, und auch den Hohenloher Genossen will unser Hermann weiter zur Seite stehen. Aber der Weg ins Privatleben ist vorgezeichnet: Meine Frau wird sich darauf einstellen müssen, dass ich künftig öfter verfügbar bin.