Ausstellung zur Kochertalbahn in Künzelsau: Wie Geschichte sich im Heute spiegelt
Stadtmuseum Künzelsau zeigt informative Ausstellung zur Kochertalbahn. Ein Besuch ist nicht nur für Eisenbahn-Fans spannend.

Der Fahrplan an der Wand sagt: Um 10.08 Uhr ist Abfahrt Richtung Forchtenberg. Auf der hölzernen Bank, die einst im Bahnhof Ingelfingen stand, wartet man nicht vergeblich auf den nächsten Zug. Denn der taucht zumindest auf dem Bildschirm auf und nimmt einen mit auf eine Fahrt in die Geschichte der Kochertalbahn. Alle einsteigen, bitte! Auf diese Fahrt können sich Interessierte aktuell im Künzelsauer Stadtmuseum begeben. Anlass für die Ausstellung ist die Streckenverlängerung der Kochertalbahn nach Forchtenberg, die heuer genau 100 Jahre zurückliegt.
Auch die damit einhergehenden Streitigkeiten und Unwegsamkeiten gab es damals wie heute. "Um die Streckenverlängerung wurde lange gekämpft, häufig ging es dabei um die Kosten", berichtet Jürgen Mogler, Mitglied der Interessengemeinschaft Kochertalbahn, die viele Exponate zur Ausstellung beigesteuert hat. Aus Moglers Besitz stammt unter anderem eine gut erhaltene Uniform - ein Blickfang der Schau. "Die gehörte meinem Vater Karl Mogler, er war hier Eisenbahner", berichtet er. So sei es auch gekommen, dass er und sein - ebenfalls Eisenbahn-verrückter - Bruder Klaus quasi im Ingelfinger Bahnhof aufgewachsen seien. Die Leidenschaft begann für Jürgen Mogler zunächst mit der Faszination Dampflok und habe sich dann Richtung Historie geweitet.
Ausstellung zeigt, wie lange es bereits den Wunsch nach einer Kochertalbahn gab und gibt
1857 bemühte sich Künzelsau, an das Schienennetz angeschlossen zu werden und nahm "Erhebungen von Wirtschaftsdaten, um den Nutzen der Eisenbahn gegenüber der Staatsregierung zu vertreten" vor, ist auf einer der Informationstafeln im Museum zu lesen. Petitionen folgten, davon zeugen unter anderem Schriftstücke aus dem Stadtarchiv, die in schon damals bürokratischen Floskeln eine "Eisenbahn von Heilbronn durch das Kochertal nach Nürnberg" fordern. Am Ende ging es - analog zu heute - um einen Anschluss Künzelsaus Richtung Waldenburg. Denn hier verkehrte seit 1862 die sogenannte Kocherbahn zischen Heilbronn und Schwäbisch Hall, Vorgängerin der heutigen Hohenlohebahn. 1888 war es nach langem Ringen und der Abwägung verschiedener Trassenvarianten soweit: Die "Sekundärbahn Waldenburg - Künzelsau" wurde beschlossen, 1890 dann mit 40 Ja- und 39 Nein-Stimmen im Landtag genehmigt und in nur zwei Jahren gebaut.
In der Geschichte der Bahn sei die Stadt Künzelsau mehrfach in Vorleistung gegangen, habe Verschuldung in Kauf genommen, berichtet Jürgen Mogler und kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. So kam es auch, dass die Stadt 1892 Hauptfinanzier der "endlich" realisierten Bahn war.
Die Kochertalbahn von Künzelsau nach Forchtenberg zu verlängern, dauerte dann erneut mehr als 20 Jahre
Bestrebungen, die Bahn darüber hinaus über Ernsbach und Ohrnberg weiter in Richtung Friedrichshall zu führen, wurden immer wieder diskutiert, nie aber realisiert. "Die Wirtschaftlichkeitsberechnungen mit Blick auf die Fahrgastzahlen waren schlecht für den unteren Teil des Kochertals", sagt Mogler.
Gleichzeitig entwickelte sich aber die Industrie in Künzelsau durch den Güterverkehr immer besser, erklärt Stadtarchivar Stefan Kraut, der die Ausstellung konzipiert hat. "Es wurden im großen Stil Waren auf der Strecke transportiert." Darunter landwirtschaftliche Erzeugnisse wie Getreide und Milch, aber auch Rohstoffe, unter anderem für die Firma Hornschuch in Weißbach, die auf dem gleichen Weg auch Waren abtransportierte. Der Güterverkehr spielt in den heutigen Überlegungen zur Kochertalbahn keine Rolle mehr. Er ist aber, das zeigt die Ausstellung in vielen informativ aufbereiteten Exponaten und kurzen, verständlichen Texten eindrucksvoll, ein entscheidender Baustein für die wirtschaftliche Stärke des Kochertals.
Und eins zeigt die Ausstellung auch: Geschichte neigt dazu, sich zu wiederholen. Ob das erneut dazu führt, dass die Bahn gebaut wird, das kann die Schau jedoch nicht beantworten.