Ärger im Kindergarten Eberstal: Stadt Ingelfingen weist Vorwürfe zurück
Mütter sprechen von "unakzeptablen Vorkommnissen" im Kindergarten "Schatztruhe". Eine Mutter hat schon einen Anwalt eingeschaltet, eine andere hat es vor.

"Ich weiß mir nicht mehr anders zu helfen", schreibt Julia Miksche an die Hohenloher Zeitung - im Kindergarten "Schatztruhe" gebe es "Vorkommnisse, die unakzeptabel sind". Sie berichtet von einer vergifteten Atmosphäre in der Einrichtung, in die ihre vierjährige Tochter geht.
Dabei gehe es um verschiedene Vorkommnisse, nicht nur um solche, in die Miksche involviert ist. Auch zwei weitere Mütter sprechen mit der HZ. Sie wollen zum Schutz der Kinder nicht genannt werden. Ihr Namen sind uns bekannt. Wir nennen sie Trauth und Blattke.
Die Mütter sprechen von noch weiteren Fällen von anderen Familien. Die Stadtverwaltung als Träger des Kindergartens - vertreten durch Bürgermeister Michael Bauer - spricht jedoch nur von einzelnen Unzufriedenen, die Unruhe stiften wollen, weil etwas nicht ihren Vorstellungen entspreche.
Einigkeit herrscht bei verhärteten Fronten
Trauth betont: "Wir sind keine Unruhestifter, nur weil wir ansprechen, dass etwas falsch läuft in dem Kindergarten." Sie hat bereits einen Rechtsanwalt eingeschaltet, der immerhin in einer Formulierung fast wortwörtlich mit Bürgermeister Bauer übereinstimmt: "Die Fronten sind verhärtet", steht da. Ein solches Ausmaß sei außergewöhnlich, sagt der Künzelsauer Anwalt Clemens Alexander Foidl, der Trauth vertritt.
Bei den Vorwürfen stehen dementsprechend Aussagen gegen Aussagen. Ihre Tochter brauche wegen gesundheitlicher Probleme auch mit vier Jahren noch Windeln, sagt Miksche: "Mein Kind kommt oft nicht gesäubert aus der Einrichtung, zum Teil noch mit der Windel vom Morgen." Bauer sagt dazu: "In der Einrichtung wird gewechselt, wenn es nötig ist oder wenn sich ein Kind an die Erzieherinnen wendet." Davor habe die Vierjährige aber Angst, sagt Miksche, weil die Erzieherinnen "sauer werden". Bauer weist es von sich, dass Kinder von den Erzieherinnen angegangen werden.
Bisswunde sei Eltern nicht berichtet worden
Blattke sagt, sie wundere sich nicht über diesen Bericht. Sie ist inzwischen weggezogen, aber ihr Kind besuchte drei Monate im Jahr 2022 den Eberstaler Kindergarten. Als sie ihre Sachen abgeholt hat, sei die Windelpackung noch überraschend voll gewesen, berichtet sie. Und schildert einen anderen Fall: Ihr Kind sei in der Einrichtung gebissen worden. Als Beleg schickt sie der HZ ein Foto, das eine deutliche Bissspur mit Hämatom zeigt. Sie sei nicht von den Erzieherinnen informiert worden. Erst das Kind habe ihr davon erzählt. Bürgermeister Bauer schildert das so: "Die Eltern beider Kinder sind informiert worden." So etwas passiere in Kindergärten und das Personal gehe damit professionell um.
Die Mütter berichten von einem Kind anderer Eltern, dem zwei Zähne ausgeschlagen worden seien. Die Erzieherinnen sollen erst auf Nachfrage der Eltern berichtet haben. "Das sind haltlose Anschuldigungen", sagt Bauer zu dem Geschehen. Das Kind sei beim Spielen gefallen, zwei Schneidezähne haben danach gewackelt, und seien später vom Zahnarzt gezogen worden. Erst Monate später seien die Eltern auf die Verwaltung zugekommen, um einen Unfallbericht für die Versicherung wegen möglicher Schäden an den nachwachsenden Zähnen erstellen zu lassen.
Mit den Coronamaßnahmen war Anfang 2022 ein Betretungsverbot für Eltern eingerichtet worden, "weil eine Mutter keine Maske tragen wollte, aber das Verbot hat für alle gegolten", sagt Bauer. Damit habe ein schleichender Prozess angefangen, sagt Rechtsanwalt Foidl. Ereignisse Anfang des Jahres haben dazu geführt, dass Trauth mit ihrer Mutter und ihrem Anwalt zu einem Gespräch mit den Betreuerinnen, Vertreterinnen der Verwaltung und des Elternbeirats ging. Eine Elternvertreterin habe dabei eine Drohung geäußert, bezeugt der Anwalt. Die Elternvertreterin äußert sich nicht auf Nachfrage der HZ. Ein Brief, der uns vorliegt, zeigt, dass sie Trauth in irgendeiner Form gedroht hat, ihr "ins Gesicht oder auf den Mund" zu schlagen. Mit einer Zahlung verbunden hat sie "eine Erklärung abgegeben, dass das nicht mehr passiert", sagt Foidl.
Bürgermeister stellt sich vor sein Personal
"Wir stehen zu 100 Prozent hinter dem Personal", betont Bauer. Mit einer Mutter sei ein Einigungsgespräch vorgesehen, der Termin dafür müsse noch gefunden werden. Ein solches habe man auch für der anderen Mutter vorgeschlagen und zudem Betreuungsplätze in einer anderen städtischen Einrichtung angeboten.
Nachdem sie das Gespräch abgelehnt habe, seien ihr die Plätze für beide Kinder gekündigt worden. Wenn die Mehrheit der Eltern keine Einwände habe und Einzelne für Unruhe sorgen, "muss man so handeln um wieder Ruhe reinzubringen", sagt Bauer. Auch auf der anderen Seite verhärten die Fronten weiter: Nach einem Ereignis in jüngster Zeit will auch Miksche einen Anwalt einschalten.
Die "Schatztruhe" und die rote Linie
Die "Schatztruhe" in Ingelfingen-Eberstal hat eine Gruppe, die von zwei Betreuerinnen geleitet wird. Es ist die einzige Einrichtung zur Kinderbetreuung in dem Ingelfinger Teilort. Nach Angaben von Bürgermeister Michael Bauer sind 16 Kinder von 14 Familien in der Einrichtung. Anders als in den anderen städtischen Kindergärten gebe es in Eberstal keinen Vorraum, in dem die Übergabe der Kinder stattfinden könne. Deswegen sei nach dem Ende des Betretungsverbots eine rote Linie auf dem Boden hinter der Tür geklebt worden, "als optische Trennung", so Bauer. Rot sei nur eine Farbe, sagt Bauer. Nach unserer ersten Anfrage bei der Stadtverwaltung vor zwei Wochen ist die Farbe in braun geändert worden. Auch können nun Eltern den Kindergarten wieder betreten, um beispielsweise den Ordner einzusehen, in dem die Erzieherinnen den Werdegang der Kinder dokumentieren.