28 Jahre lang hat Inge Hocker die Hohenloher Zeitung in Hohebach ausgetragen
Zuverlässig und pflichtbewusst: Das ist Inge Hocker. Die heute 73-Jährige trug 28-Jahre lang die Zeitung aus. Im Winter war sie mit Spikes an den Schuhen unterwegs und hat so manch spannende Geschichte zu erzählen.

Erst vor wenigen Tagen ist sie in Mittenwald bei der Taufe ihrer beiden jüngsten Enkelkinder gewesen. "Wie hätte sich der Opa gefreut, wenn er das noch erlebt hätte", bedauert Inge Hocker. Vor zwei Jahren ist ihr Mann gestorben. Zwei Jahre lang hatte sie ihn gepflegt. Als er schwer erkrankte, musste sie ihre Tätigkeit als Zustellerin aufgeben. Bis dahin hat sie 28 Jahre lang die Hohenloher Zeitung in dem Dörzbacher Teilort Hohebach ausgetragen - von 1990 bis 2018.
Das Signal zum Aufstehen
Als damals eine neue Austrägerin in ihrem Bezirk gesucht worden war, hatte ihr Mann gemeint, dass sie das doch machen könnte. Etwas Bedenkzeit brauchte sie schon, bis sie zusagte, räumt sie ein. Schließlich bedeutete die Entscheidung, dass sie 28 Jahre lang nachts um 1.30 Uhr, wenn die anderen noch fest schlafen, aufgestanden und etwa zweieinhalb Stunden später um 4 Uhr wieder nach Hause gekommen ist, nachdem sie 50 Zeitungen zugestellt hat. Manchmal hat sie auch den ganzen Ort betreut, wenn sie Urlaubs- oder Krankheitsvertretung machte.
"Ich habe immer gehört, wenn die frisch gedruckten Zeitungen im Kasten vor der Garage abgeliefert worden sind", erinnert sie sich. Das war das Signal zum Aufstehen. "Die Bewegung an der frischen Luft hat mir gut getan. Ich bin nie krank gewesen", sagt sie. Meist hat sie die Exemplare in einem Handwagen transportiert, nur montags benötigte sie nur eine Tasche, weil die Zeitung da nicht so dick war.
"Ich hätte das auch noch länger gemacht, wenn mein Mann nicht krank geworden wäre", sagt die 73-Jährige. "Heute könnte ich das nicht mehr machen", bekennt die Seniorin, der inzwischen das Gehen schwerfällt.
Verdienst-Medaille

"Du hast laufen können wie ein Wiesel", hätten die Leute im Ort gesagt, meint Inge Hocker. Stolz zeigt sie die Medaille, die sie vom Heilbronner Pressevertrieb für 25 Jahre Zustelldienst erhielt. Es ist gut zu verstehen, dass sie die Menschen in ihrem Bezirk "schwer vermisst" haben, nachdem sie aufgehört hat.
Denn die Hohebacherin war für ihre Zuverlässigkeit und ihr Pflichtbewusstsein bekannt. Im Winter war sie mit Spikes an den Schuhen und mit einem Stock unterwegs, damit auch bei Schnee und Eis die Zeitungen rechtzeitig bei den Leserinnen und Lesern ankamen. Nur einmal hatte sie einen schweren Unfall. Da ist sie gestürzt und aufs Steißbein gefallen. Zum Glück war nichts gebrochen. Aber bis sie sich wieder aufgerappelt hatte und zu Hause war, das sei "eine Katastrophe" gewesen, erinnert sie sich. Damals war sie auch drei Wochen krankgeschrieben.
Wenn sie nachts unterwegs war, ist sie kaum jemandem begegnet, nur ab und zu einem Nachtschwärmer. Und einmal wollte ihr ein junger Mann unbedingt eine Zeitung abkaufen und bot ihr 20 Euro dafür. Aber die Zustellerin winkte ab mit dem Hinweis, dass die Exemplare abgezählt seien.
Zur Person
Inge Hocker wurde im Hohebacher Pfarrhaus geboren. Da fand ihr Vater Unterschlupf, als er nach dem Krieg als Vertriebener aus der Stadt Teplitz-Schönau im früheren Sudetenland vom heutigen Tschechien ins Hohenlohische kam. In Künzelsau lernte er seine spätere Frau kennen, die im heutigen Kupferzeller Teilort Hesselbronn aufgewachsen war. Die Tochter ging in Hohebach zur Schule. Sie wollte Krankenschwester werden. Aber es sei dann doch anders gekommen, sagt Inge Hocker. Sie hat dann unter anderem bei Stahl und Ziehl-Abegg gearbeitet, bis ihre drei Kinder Jürgen, Manuela und Roswitha geboren wurden. Ihren aus Tübingen stammenden Mann hatte sie über eine Brieffreundschaft kennengelernt.
Zusteller gesucht
Wer Lust bekommen hat, sich wie Inge Hocker als Austräger der Hohenloher Zeitung an der frischen Luft fit zu halten und dabei Geld zu verdienen, der findet alle Informationen über offene Zustellbezirke, Bewerbungs- und Verdienstmöglichkeiten auf der Webseite www.frischdabei.de.