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200 Jahre Öhringer Pferdemarkt: Alte Tradition noch immer lebendig

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Warum hat der "Geylmarkt" in Öhringen am dritten Februarwochenende noch immer Tradition als Tierverkaufsveranstaltung? Und was hat es mit Pferdemarkthut und Kittelschürzen auf sich? Wir blicken zurück auf 200 Jahre Öhringer Pferdemarkt.

Die historischen Fotos vom Pferdemarkt zeigen, dass die Pferdebesitzer ihre Vierbeiner immer schon schön herausgeputzt haben für ihre Vorführung im Ring.
Die historischen Fotos vom Pferdemarkt zeigen, dass die Pferdebesitzer ihre Vierbeiner immer schon schön herausgeputzt haben für ihre Vorführung im Ring.  Foto: privat

Pferdezüchter flechten ihren Vierbeinern die Mähne. Die Landmaschinenhändler stellen ihre Traktoren, Mähdrescher und Rasenmäher blank poliert in Reih und Glied auf. Die Hohenloher holen noch einmal ihre dicken Jacken aus dem Schrank, setzen den an diesem Tag unverzichtbaren Pferdemarkthut auf und stürzen sich ins Geschehen. Fällt der Pferdmarkt-Montag wie in diesem Jahr auf den Rosenmontag, dann ist das Treiben in der Stadt besonders groß.

Nationalfeiertag in Öhringen

Zum 200. Mal wird in Öhringen am dritten Februarsonntag und -montag Pferdemarkt gefeiert. Er ist der Nationalfeiertag in Öhringen. Kinder bekommen früher schulfrei. Erwachsene tragen sich einen Tag Urlaub ein. Dann geht es zur Pferdeprämierung. Eine fachkundige Jury begutachtet die Zuchtstuten. Am Nachmittag gibt es in der Kultura die Geldpreise, die die Stadt zur Verfügung stellt, und den Ehrenpreis des Landes für die stolzen Züchter und Pferdebesitzer.

Warum der Öhringer Pferdemarkt noch heute so beliebt ist, während andernorts ähnliche Viehmärkte längst verschwunden sind? Ein Blick zurück:

Älteste Urkunde von 1823

Wer hat das schönste Pferd? Fachsimpeln ist beim Pferdemarkt heute noch angesagt. Die Stadt lobt Preisgelder aus.
Wer hat das schönste Pferd? Fachsimpeln ist beim Pferdemarkt heute noch angesagt. Die Stadt lobt Preisgelder aus.  Foto: privat

Die älteste Urkunde, die zum Pferdemarkt existiert, stammt aus dem Jahr 1823. Da hieß er noch Rossmarkt. Am 4. Februar 1823 fand der erste Öhringer Pferdemarkt statt. 1180 Tiere wurden aufgetrieben. Aus dem Öhringer Intelligenzblatt vom 21. Januar 1825 ist zu entnehmen, "dass es für das teuerste Pferd elf Gulden gab, der zweithöchste Preis, der erzielt wurde, war acht Gulden und 15 Kreutzer, das dritthöchste Gebot lag bei fünf Golden und 30 Kreutzern.

Den Besitzern der zwei schönsten Hengst- und der zwei schönsten Stuttenfohlen, die auf den Markt gebracht werden, und von welchen bewiesen werden kann, dass sie von königlichen Hengsten herstammen und im hiesigen Oberamt erzogen worden sind, jedem eine Dukate." Stand in den ersten 130 Jahren der Handel mit den Rössern in der Innenstadt im Mittelpunkt, werden heutzutage Zuchtpferde auf der Herrenwiese prämiert.

Rösser waren die schönsten im Land

Doch die Geschichte hat noch viel früher begonnen. Überliefert ist aus einem Ratsprotokoll, dass es schon 1582 einen "Geylmontag" gab. Die Pferdezucht bildete damals einen wichtigen Zweig in der Landwirtschaft. Die im Raum Öhringen gezogenen Rösser zählten zu den schönsten im Königreich Württemberg. König Wilhelm I. bedankte sich mit der Erlaubnis, jeweils am Dienstag vor Fastnacht in der Oberamtsstadt einen Pferdemarkt abhalten zu dürfen.

Öhringen fehlte ein Feiertag

Damals wie heute endet die Schule früher, damit die Kinder auf den Pferdemarkt können.
Damals wie heute endet die Schule früher, damit die Kinder auf den Pferdemarkt können.  Foto: privat

Der Blick zurück erklärt aber nicht, warum der Öhringer Pferdemarkt noch immer so beliebt ist. Jan Wiechert aus dem Hohenloher Zentralarchiv, der im September dazu einen Vortrag hält, versucht eine Erklärung: "Der Erfolg und die Langlebigkeit des Öhringer Pferdemarktes sind auf verschiedene Faktoren zurückzuführen. Eine nachhaltige Wirkung entfaltete die frühe Verbindung des Pferdemarktes mit dem älteren Krämermarkt, die Synergieeffekte freisetzte. Besondere Bedeutung kommt der nachweislichen Wandlungsfähigkeit des Marktes zu. Mit der fortschreitenden Automatisierung und dem Bedeutungsverlust des Pferdes als Arbeitsmittel, wurden frühzeitig Hersteller landwirtschaftlicher Maschinen als Marktbeschicker zugelassen", überlegt Wiechert.

Er nennt einen ganz wichtigen Punkt: "Öhringen mangelte es in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts schlicht an einem integralen Stadtfeiertag". Der Pferdemarkt habe sich dafür angeboten. Der Beleg für ihn: "Dafür sprechen die Bemühungen nach dem Ersten Weltkrieg, die den Volksfestcharakter betonten."

Dinge, die es nur zum Pferdemarkt gibt

Dieses Jahr sind Faschingsferien zum Pferdemarkt.
Dieses Jahr sind Faschingsferien zum Pferdemarkt.  Foto: Tscherwitschke

Tatsächlich lebt der Pferdemarkt davon, dass es in vielen Öhringer Gaststätten und Kneipen Dinge zu essen und trinken gibt, die es eben nur zum Pferdemarkt gibt. Das ist für die einen die Pferdemarkt-Wurst, für andere sind es Hohenloher Spezialitäten wie Saure Nierle oder Saure Kutteln. Es gab Zeiten, in denen schon längst geschlossene Wirtschaften extra für diese zwei Tage geöffnet hatten. Auch Wurstküchen wurden extra für den Pferdemarkt ausgeräumt, um Platz für mehrere Biertisch-Garnituren zu schaffen, an denen die Menschen dann ihr Mittagessen einnehmen konnten.

Großaufgebot

Der Pferdemarkt ist auch der Tag des Sehens und Gesehen werden: Viele Exil-Hohenloher kommen dafür zurück. Diese kurzen Zufallsbegegnungen schätzen die Öhringer an ihrem Pferdemarkt. Und natürlich das große Aufgebot der Krämer mit Töpfen, Pfannen, Kittelschützen und Gemüsehobeln: Dinge, die keiner braucht, und die dennoch gekauft werden, Dazu die Sprüche vom Billigen Jakob.

Deutlich mehr Inhalt haben die Verkaufsgespräche bei den Landmaschinenhändlern. Wurden früher die Pferde auf dem Markt verkauft, sind es heute die Traktoren und Maschinen, die von den Landwirten begehrt werden. Der direkte Vergleich vor Ort, dazu gibt"s noch einen Verkaufsschnaps oben drauf - das sichert langjährige gute Geschäftsbeziehungen. Damals wie heute.

Programm

Gefeiert wird am Sonntag, 19. Februar, ab 12 Uhr. Montag beginnt das Treiben um 9 Uhr.

 
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