Beleidigungen und Bedrohungen: Ton auf Hohenloher Recyclinghöfen wird rauer
Anlieferer sind von der Flut an neuen Müll-Regelungen zunehmend überfordert. Selbst Mitarbeiter der Hohenloher Abfallwirtschaft kommen da mitunter ins Straucheln. Die Folge: miese Stimmung samt Beleidigungen und Bedrohungen.
Die Dinge in der Müllbranche verändern sich unwahrscheinlich schnell“, sagt Joachim Bahr, der den Bereich „Entsorgungsanlagen“ bei der Abfallwirtschaft Hohenlohekreis (AWH) leitet. Dazu zählen vor allem die Recyclinghöfe. Dies führe dazu, dass immer mehr Kunden den Überblick verlören und überfordert seien von den „vielen neuen gesetzlichen Vorschriften“, die dauernd auf sie einprasselten.
Ärger auf Recyclinghöfen im Hohenlohekreis: Kunden verlieren Überblick
Auch die Mitarbeiter der AWH müssten schauen, dass sie bei diesem rasenden Tempo mithalten und immer auf der Höhe seien. „Aber nicht jeder kann das auf die gleiche eloquente Art erklären“, so Bahr – zumal die meisten Beschäftigten Mini-Jobber seien, „von denen man das auch nicht bis zur letzten Konsequenz verlangen kann“.
Die Vollzeitkräfte seien aufgrund hoher Personalausfälle auch nicht immer in der Lage, ihre Teams bis ins letzte Detail über alle Neuerungen zu briefen. Da kann man schon mal ins Straucheln kommen.
Gereizte Stimmung auf Recyclinghöfen – „Es sind auch schon Sätze gefallen wie: ,Ich stech’ dich ab’“
Die Folge ist, dass die Stimmung auf den Recyclinghöfen im Hohenlohekreis zunehmend gereizt ist. Schon wieder ein neuer Container, schon wieder eine neue Regelung; dies darf da rein, jenes nicht; das muss unbedingt so getrennt werden, jenes ist strikt verboten: Da kann einem als Anlieferer schon mal der Hut hochgehen.Bahr versteht den Ärger der Bürger – bis zu einem gewissen Grad. Und er bittet um Verständnis, wenn seine Mitarbeiter mal nicht genau so reagieren und Dinge erklären, wie das eigentlich sein sollte.

Nur: „Unverständnis“ und „Missverständnisse“ gingen zuweilen so weit, dass Mitarbeiter beleidigt und bedroht würden. „Es sind auch schon Sätze gefallen wie: ,Ich stech’ dich ab’.“ Selbst „Handgreiflichkeiten“ habe es schon gegeben, berichtet Bahr. Etwa „Schubser“. Und: Einmal habe jemand einem anderen sogar „eine geschmiert“. Vereinzelt führte das dazu, „dass wir sogar die Polizei rufen mussten“, erklärt Bahr.
Auch Bürgertheke in der AWH-Zentrale und Service-Hotline sind betroffen
Die bisweilen aggressiven Umgangsformen beschränken sich nicht auf die Recyclinghöfe. Auch an der Bürgertheke in der AWH-Zentrale in Künzelsau oder bei der Service-Hotline eskaliert manchmal die Lage. Dies ging mitunter so weit, „dass wir Kunden gesagt haben: Wenn ihr jetzt nicht aufhört, kommt die Polizei“. Es seien auch „schon Tonnen über die Theke geflogen“. Und ein Anrufer habe gedroht: „Ich weiß, wo du wohnst.“ Hinzu komme, dass auch AWH-Beschäftigte mal „einen schlechten Tag“ haben könnten und unangemessen reagierten, „wenn der Kunde recht hat“.
Erstens: Müll vermeiden, zweitens: Produkte wiederverwenden, drittens: Stoffe recyceln, viertens: sie anderweitig verwerten – und erst am Ende: Abfälle beseitigen. Diese Müll-Pyramide ist die Basis aller Müll-Politik aber nicht in allen Köpfen verankert. Die EU zieht die Zügel spürbar an und beschließt eine Müll-Novelle nach der anderen, die in nationales Recht übertragen werden muss. Die Folge sind immer striktere und kompliziertere Trennregeln, die kaum noch einer überblickt. So müssen die Kreise seit Januar 2025 eigene Altkleidercontainer vorhalten, die Restmüllregeln sind seitdem noch strenger, die neue Bioabfallverordnung ist seit 1. Mai 2025 in Kraft. Und, und, und.
AWH: Große Mehrheit bleibt friedlich, aber negativer Trend ist klar erkennbar
Dieser Wust an ständigen Änderungen, die zum Wohle einer nachhaltigen Abfallwirtschaft absolut verständlich, für viele Bürger aber nur noch schwer nachvollziehbar sind, überfordert die uninformiertere Kundenseite ganz besonders, während den Serviceleuten in der Abfallwirtschaft die Köpfe rauchen oder die Ohren glühen, weil die Telefone nicht still stehen und der Ton immer schriller wird. Joachim Bahr sagt zwar: „Die große Mehrheit der Kunden und Mitarbeiter verhält sich absolut korrekt und friedlich.“ Dennoch weist ein Trend klar in die beschriebene Richtung. Die Quellen seien immer gleich: „Unverständnis und Missverständnis.“ Dies sorge dann immer öfter für Frust: „egal ob auf den Recyclinghöfen, an der Bürgertheke oder am Service-Telefon.“
Abfallwirtschaft Hohenlohekreis: Image des Betreuerjobs ist nicht das beste
Die Abfallwirtschaft Hohenlohekreis (AWH) ist seit 2024 dabei, die Recyclinghöfe neu zu ordnen. Statt acht kleinen und vier großen Standorten wird es nur noch sechs große und einen kleinen Recyclinghof geben. Hinzu kommt der zentrale Wertstoffhof in Beltersrot. Was sind die Gründe? Die AWH nennt die immer schärferen gesetzlichen Vorgaben, den Kundentrend, mehrerer Müllsorten lieber in einer Ladung auf größeren Plätzen abzugeben, die gestiegenen Entsorgungs- und Transportkosten – sowie den anhaltenden Personalmangel.
Im Regelbetrieb genüge die Zahl der Beschäftigten, wenn alle Stellen besetzt seien, die Vakanzen zeitnah geschlossen werden könnten und nicht zu viele Mitarbeiter krank seien. Doch immer öfter sind genau diese Kriterien nicht erfüllt. Das Image des Betreuerjobs auf einem Recyclinghof ist überdies nicht das beste – auch weil sie immer öfter beleidigt oder bedroht werden. Deshalb tut sich die AWH mit der Rekrutierung neuer Kräfte – die meisten sind Mini- und Teilzeitjobber – immer schwerer.
Beispiellose Krankheitswelle legt Betriebe im Hohenlohekreis zeitweise lahm
Hinzu kommt, dass die AWH seit Februar 2025 von einer beispiellosen Krankheitswelle erfasst wurde, die sich bis Sommer hochschaukelte. Bereits 2024 gab es etliche Ausfälle zu beklagen. In der Folge mussten bestimmte Recyclinghöfe und Grüngutplätze wochen- oder tageweise geschlossen werden. Gleichzeitig liegen die Nerven auf den Plätzen immer häufiger blank, was in dieser Kombination nicht zur Entspannung der Lage beiträgt.