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Mosternte in Hohenlohe
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„Äpfel an jedem Telekommasten“: Was mit all dem Obst passiert

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Die Ernte in Hohenlohe ist überragend und der Preis für die 100 Kilogramm entsprechend geringer. Großhändler spürt die Insolvenz der Hohenloher Fruchtsäfte in Schwäbisch Hall.


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Die Mostobsternte ist sehr gut, zumindest in Hohenlohe. Das spürt man überall. Zum Beispiel im Mulfinger Ortsteil Ailringen, wo die Brüder Andreas und Thomas Wilhelm seit 2020 den Saft ihrer Kunden in Flaschen füllen. „2024 haben wir im September vielleicht 2000 Flaschen abgefüllt. Dieses Jahr waren es 5000“, sagt Andreas Wilhelm. Die beiden betreiben ihr Geschäft im Nebenerwerb. Normal herrscht erst ab der dritten Oktoberwoche Hochbetrieb. Nun sind sie schon seit Mitte September stark beschäftigt. Im Oktober laufen die Geräte nicht nur samstags und montags, sondern auch unter der Woche.

Einer ihrer Kunden ist Jürgen Tiefenbach, der in Kupferzell-Rüblingen eine Baumschule betreibt, aber auch Most verkauft. Sein Baumgrundstück bei Hohebach hat er selbst gepflanzt – etwa 120 Bäume stehen dort. Mit seiner Frau und Verwandtschaft aus Heilbronn lesen sie hier Äpfel. Tiefenbach rechnet damit, dass sie etwa fünf Tonnen Äpfel zusammenbekommen. Daraus will er 1200 Liter Most machen, die zuerst in Fässern reifen und dann in Flaschen verkauft werden. Dazu 300 bis 400 Liter Saft. Er meint: „Eine so gute Ernte haben wir selten.“

Privatkunden bringen nur noch selten Fässer zur Abfüllung

Das spürt Sabine Förnzler auch bei ihren Kunden, die mit ihrem Mann in Pfedelbach-Baierbach seit 20 Jahren eine Safterei betreibt. „Dieses Jahr hängen die Äpfel ja auf jedem Telekommasten“, scherzt sie. „Die Leute füllen jetzt ihre Keller mit Saft.“ Normalerweise beginne das Apfel-Saften bei Förnzlers Mitte September. Dieses Jahr seien die Kunden schon seit Anfang August gekommen, um ihren eigenen Saft abfüllen zu lassen. „Zu 99 Prozent wollen die Leute ihn als Bag in Box“: Der Saft wird also in einen Plastikschlauch mit Zapfhahn gefüllt, der in einem Karton aufbewahrt wird. „Fässer bringen nur wenige mit“, berichtet Förnzler.

Most wird weniger nachgefragt

on der Wiese bis ins Fass: So ist der Weg beim Mostverein Nagelsberg, wo am Samstag vor zwei Wochen die Presse erstmals in Betrieb ging. Tags zuvor haben die Mitglieder 20 Jutesäcke mit Äpfeln gefüllt – „von nur zwei Bäumen“, erzählt Manfred Bohner. Für 3,50 Euro pro Zentner kann man in der Kelter in Nagelsberg seine Äpfel zu Most machen lassen. Sieben Anmeldungen zum Pressen gab es für den ersten Tag. „Es ist viel Obst da, aber es geht allgemein zurück“, so Bohner. „Die Alten, die den Most mögen, werden weniger. Jüngere trinken lieber Saft.“ Die Traubenpresse, mit der das Saften in Nagelsberg vor vielen Jahren angefangen hatte, werde inzwischen gar nicht mehr genutzt.

In der Nagelsberger Kelter werden die Äpfel gemahlen und gepresst. Die Mitglieder des Mostvereins haben 20 Säcke an zwei Bäumen gesammelt.
Fotos: Götz Greiner
In der Nagelsberger Kelter werden die Äpfel gemahlen und gepresst. Die Mitglieder des Mostvereins haben 20 Säcke an zwei Bäumen gesammelt. Fotos: Götz Greiner  Foto: Götz Greiner

Äpfel an Safterei verkaufen: 100-Kilogramm-Preis zwei Euro unter dem vom Vorjahr

Bei der landwirtschaftlichen Genossenschaft Bageno in Bad Mergentheim, die Filialen im Norden des Hohenlohekreises und in Tauberfranken hat, kann Mostobst gegen Bezahlung abgegeben werden. Der Preis sei von neun Euro im August auf aktuell etwa 12 Euro pro 100 Kilogramm Obst angestiegen, sagt Rainer Schuch von dem Unternehmen. Im vergangenen Jahr um diese Zeit habe der Preis bei 14 Euro gelegen, „da hat es aber fast keine Äpfel gegeben“. Die angelieferten Mengen seien betriebsweit „leicht über dem Schnitt“, berichtet er.

Insolvenz der Hohenloher Fruchtsäfte: Boxen werden seltener geleert

In der Bageno-Filiale in Ingelfingen würden „Mengen ohne Ende“ abgeliefert, sagt Thorsten Gleiß, Teamleiter Agrar an dem Standort. Zu spüren sei, dass die Hohenloher Fruchtsäfte in Schwäbisch Hall Insolvenz angemeldet haben: „Die Boxen, in die die Äpfel gefüllt werden, bleiben länger voll.“ Während sie früher von dem Unternehmen in der näheren Umgebung regelmäßig geleert wurden, kommen die Lastwagen nun seltener – und müssen weitere Strecken fahren: „Wir verkaufen die Äpfel bis hinunter an den Bodensee“, sagt Gleiß.

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