Lorena Sejdijaj arbeitet hochkonzentriert an ihrer Schinkenplatte. Im Raum ist es mucksmäuschenstill, während sich die besten Nachwuchskräfte der Fleischerei-Fachverkäufer miteinander messen.
Foto: Ludwig, Tamara
Es ist mucksmäuschenstill. Hochkonzentriert wird die dekorativ gefaltete Scheibe Schinken auf der silbern glänzenden Servierplatte platziert. Die Hände zittern. Nein, noch einen Millimeter nach links und ein winziges Stückchen nach unten. Okay, Maurice Dörflinger scheint zufrieden zu sein. Fächerförmig und akkurat präsentieren sich die Schinkenscheiben nun. Er macht sich daran, die nächste Scheibe zu rollen und zu falten.
Nachwuchskräfte im Fleischerhandwerk messen sich bei Landeswettbewerb
Dieses Wurst-Origami der besonderen Art lässt sich Anfang der Woche in der Gewerblichen Schule Künzelsau beobachten, wo sich die besten Nachwuchskräfte aus dem Fleischerhandwerk miteinander messen. Drei Metzger-Lehrlinge und vier Fleischereifachverkäufer-Azubis aus ganz Baden-Württemberg müssen an zwei Tagen verschiedene Aufgaben meistern. Das Ziel: Den Landessieg erringen und sich so für den Bundesentscheid in knapp vier Wochen qualifizieren.
Serafin Karpowitz hantiert mit hauchdünnen Radieschenscheiben.
Foto: Ludwig, Tamara
Bei den drei Fleischereifachverkäufern und einer -verkäuferin lautet die erste Disziplin: Schinkenplatte legen. Doch eigentlich sollte das Ganze eher Falt- und Schnittkunst aus Fleischereierzeugnissen heißen. Denn nichts anderes als Kunstwerke sind es, die die Auszubildenden da auf ihren Servierplatten kreieren. Neben den unterschiedlichen Roll-, Falt- und Legetechniken wählt auch jeder verschiedene Obst- und Gemüsearten zur Dekoration aus.
Bei den Fleischereifachverkäufern entscheidet der optische Eindruck der Platte
Bei Youssef Ahermouch wird der Salat zu den Blättern einer aus Butter geformten Rose. Eine Rose aus unzähligen hauchdünnen Kohlrabischeiben hat sich Serafin Karpowitz sorgsam zusammengebaut und geformt. Auch ebenso dünne Radieschenscheiben werden mit einer Engelsgeduld zu wunderschönen kleinen Blüten geformt und kunstvoll auf der Schinkenplatte drapiert. Bei den Fachverkäufern entscheide natürlich der optische Eindruck, erklärt Prüfer und Landesinnungsmeister Joggi Lederer. „Es muss sauber und exakt gearbeitet werden, die Platte darf an den Rändern später nicht verschmiert sein.“
Gemüsekunst auf sorgfältig gerollten und gelegten Schinkenvariationen könnte man das Werk von Serafin Karpowitz nennen, der den 1. Platz erreichte.
Foto: Ludwig, Tamara
Etwas weniger filigran, aber dennoch mit höchster Präzision, geht es im Raum nebenan bei den Fleischer-Azubis zu. Ihre erste Aufgabe ist es, eine Rinderkeule auszubeinen. „Das ist Grundwissen, das muss jeder können“, sagt Lederer. Worauf er hier achtet? Schon der Arbeitsplatz gebe Aufschlüsse über den Teilnehmer. So erkenne man, wie hygienisch gearbeitet werde, ob alles fachgerecht und in einem sorgsamen Umgang mit dem Lebensmittel geschehe, schlicht „ob jemand Lebensmittel liebt“.
Leidenschaft fürs Handwerk gehört dazu
Dass Joggi Lederer selbst Lebensmittel und seinen Beruf liebt, spürt man, sobald er zu erzählen beginnt. Wenn er stolz Fotos von Wurstplatten zeigt, die seine eigenen Mitarbeiter „gezaubert“ haben, schwärmt er: „Es ist einfach ein toller, moderner Beruf, den wir ausüben.“
Leidenschaft für das Handwerk spricht auch Wolfgang Herbst aus der Brust: „Man kann sehr kreativ sein.“ Wobei das auch mal nach hinten losgehe: „Ich habe mal eine Bratwurst mit Schokolade und schwarzem Pfeffer ausprobiert – das war nix“, erzählt er und lacht. „Ich selbst bin aber auch unheimlich gerne hinter der Theke im Verkauf. Die Beratung, den Leuten Tipps für die Zubereitung zu geben“, das macht ihm Spaß.
Bei Jannis Koch geht es etwas gröber zu. Der filigranere Teil wartet jedoch noch.
Foto: Ludwig, Tamara
Dass die Ausbildungszahlen im Fleischerhandwerk seit zwei Jahren wieder ansteigen, macht ihm Mut. Das liege auch an der tollen Arbeit, die etwa die Nationalmannschaft der Fleischer mache. „Die werben für unseren Beruf, sind viel unterwegs und zeigen, wie vielseitig er ist.“ Dennoch bohre man noch immer mit stumpfen Bohrern dicke Bretter, so Herbst.
Nebenan geht es bei den Nachwuchskräften in den Endspurt. Die Anspannung ist spürbar, die Handgriffe werden hektischer. Dann ist er geschafft – der erste Schritt in Richtung Landessieg.
Landeswettbewerb
Für die Fleischer gab es folgende Disziplinen: Rinderkeule ausbeinen und Roastbeef abtrennen, Feinzerlegung und Sortierung, Grillplatte kreieren. Die Fachverkäufer mussten Schinkenplatten legen, sich in Warenkunde beweisen, Fachfragen beantworten und Fingerfood präparieren. Alle Nachwuchskräfte mussten zudem eine Überraschungsdisziplin meistern. Der einzige Teilnehmer aus der Region war Youssef Ahermouch von der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall. Er wurde 2. bei den Fleischereifachverkäufern. Der Wettbewerb findet abwechselnd an Berufsschulen statt, an denen die Metzgerausbildung angeboten wird.
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