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Kupferzeller Asphalt-Anlage: Auch nach Scoping-Termin sind viele Fragen weiter offen

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Die von der Bürgerinitiative erstrittene erste Anhörung beim Regierungspräsidium ist mittlerweile absolviert. Aber auch dadurch hat das umstrittene Projekt wenig an Kontur gewonnen. Die Projektierer verweisen auf das bald startende Genehmigungsverfahren, die BI fordert mehr Transparenz. 

von Christian Nick
Zahlreiche marode Straßen müssen saniert werden: Doch wohin mit dem alten Asphalt? Viele Fragen zum im Rüblinger Steinbruch geplanten System zur Wiederaufbereitung teerhaltigen Straßenschutts bleiben aktuell weiter unklar.
Zahlreiche marode Straßen müssen saniert werden: Doch wohin mit dem alten Asphalt? Viele Fragen zum im Rüblinger Steinbruch geplanten System zur Wiederaufbereitung teerhaltigen Straßenschutts bleiben aktuell weiter unklar.  Foto: Götz Greiner

Er war eine vehemente Forderung der Bürgerinitiative „Gegen Teerverbrennung im Steinbruch Rüblingen“ gewesen: der sogenannte Scoping-Termin beim Regierungspräsidium Stuttgart (RP) – eine dem eigentlichen Genehmigungsverfahren vorgelagerte Anhörung. Unlängst fand nun besagtes Zusammentreffen der Akteure bei jener Behörde statt, die voraussichtlich im kommenden Jahr über die Genehmigung der umstrittenen Anlage zur Entsorgung und Wiederaufbereitung teerhaltigen Alt-Asphalts entscheiden wird.

Ziel des besagten Scopings: Es ging dabei hauptsächlich darum, festzustellen, welche genauen Thematiken im Kontext der anzufertigenden Genehmigungsunterlagen behandelt werden müssen. „Das ist ein entscheidender Schritt, denn durch die Einbeziehung der Träger öffentlicher Belange, der Verbände und der Bürgerinitiative wird sichergestellt, dass alle Perspektiven nach dem Ermessen des Regierungspräsidiums in die von NovoRock vorzulegenden Gutachten einfließen“, sagt Projektsprecher Piet Sellke.

Alt-Asphalt-Anlage: Für Details ist es noch zu früh 

Wie hat die Gegenseite – die BI – die eintägige Anhörung erlebt? „Unsere Erwartungen wurden insofern erfüllt, als wir Gelegenheit hatten, zu den einzelnen Bereichen unsere Bedenken vorzutragen und Vorschläge zu erforderlichen Untersuchungen zu formulieren“, teilt der Döttinger Arzt Uwe Martin im Namen der Gruppe mit.

Es bleibe jedoch abzuwarten, inwieweit diese "dann tatsächlich von der Genehmigungsbehörde für eine Überprüfung aufgegriffen werden und sich im Protokoll wiederfinden“, so der BI-Vertreter. Noch wichtiger sei indes, dass sich die Ergebnisse „in Forderungen an den Projektträger niederschlagen“.

Apropos Ergebnisse: Wer nach dem Termin auf konkrete Aussagen des RP hinsichtlich potenzieller Risiken für Mensch und Umwelt wartete, wurde enttäuscht. Denn: „Grundsätzlich geht es beim Scoping-Termin nicht darum, bereits über spezifische Themen wie die Schädlichkeit eines bestimmten Stoffes zu sprechen“, lässt Piet Sellke wissen. Das fast ganzjährig laufende System wird erhebliche Mengen des Klimakillers CO2 ausstoßen – und vonseiten der BI wurde bislang stets von der Möglichkeit einer Emission gesundheitsgefährdender Substanzen gesprochen.

 

Die im Verwaltungsdeutsch sogenannten Schutzgüter – Auswirkungen auf Boden, Wasser, Luft, Klima, Flora und Fauna, Landschaft, Mensch und Gesundheit sowie Kultur- und Sachgüter, Verkehr sowie Abfall- und Ressourcenverbrauch – waren zwar durchaus Thema. Allerdings nur hinsichtlich der Eingrenzung jener Prüfbereiche im offiziellen Genehmigungsverfahren, das voraussichtlich noch im laufenden Jahr beginnen soll. Sicher indes ist: Dabei müssen die Projektierer – der Straßenbaukonzern Strabag sowie die Kupferzeller Firma Paul Kleinknecht – auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) absolvieren. Ein Verfahren, welches man beispielsweise von Windpark-Projekten kennt. „Für die von uns geplante Anlage ist die Durchführung einer UVP gesetzlich vorgeschrieben“, teilt Sellke mit.

Bürgerinitiative fordert rigide Vorgaben durchs Regierungspräsidium

Und was wurde nun konkret festgelegt? „Die Vorgaben aus dem Scoping-Termin sind die detaillierten Rahmenbedingungen, die nun den Gutachtern mitgeteilt werden“, so der Sprecher auf Nachfrage. „Diese definieren den Untersuchungsraum und legen fest, welche Methoden zur Ermittlung der Umweltauswirkungen angewendet werden.“ Inhaltlich seien jene „sehr spezifisch und verweisen auf anerkannte Normen und Regelwerke, wie beispielsweise die VDI-Richtlinie des Vereins Deutscher Ingenieure und andere technische Richtlinien.“

Bereits in den „nächsten Tagen“ sollen die Anforderungen vom RP an NovoRock sowie die beauftragten Gutachter weitergeleitet werden. Bei der BI hofft man unterdessen, dass jene vorgelegten Informationen „umfassend unsere Fragen insbesondere zu Naturschutz, Emissionen, Verkehr und Standort beantworten“. Bis dato sei dies „leider nicht der Fall“ gewesen. BI-Sprecher Martin weiter: „Zweifellos wurden bislang nur die Belange des Vorhabenträgers betrachtet.“

Nicht zuletzt, was den Standort angehe, seien weiterhin viele Fragen offen. Die BI moniert, dass Alternativen nicht adäquat geprüft worden seien und die Kriterien, weshalb die Anlage ausgerechnet nach Kupferzell soll, nicht transparent dargelegt würden: „Die Meinung von NovoRock, dass ein solches Industrieprojekt unbedingt in einem Steinbruch angesiedelt sein muss, teilen wir nicht“, sagt der Repräsentant der Bürgerinitiative.

Thema beschäftigt auch die Parlamentarier im Landtag 

Die Landesregierung hat sich auf Stimme-Anfrage bereits öffentlich zu dem geplanten Modellversuch bekannt (wir berichteten). Überdies war jene bereits auch mehrfach Gegenstand parlamentarischer Anfragen im baden-württembergischen Landtag: Schon Anfang des Jahres wandte sich etwa Gabriele Rolland, SPD-Abgeordnete im Wahlkreis Freiburg II, in Form einer Kleinen Anfrage ans Umweltministerium. Interessant: Von dort hieß es damals, ein solches System könne „in einem Industriegebiet“ errichtet werden.

Kürzlich schrieb auch Jutta Niemann, Landtags-Parlamentarierin aus Schwäbisch Hall und dort Sprecherin der Grünen-Fraktion für Energiepolitik, diesbezüglich ans Ministerium. Aus den Antworten der Landesregierung auf ihren Fragenkatalog geht unter anderem hervor, dass „nach derzeitigem Stand keine anlagenbezogenen Grenzwerte für den Ausstoß von CO2 (existieren), die bei der Genehmigung zu berücksichtigen wären“.

 

„Grundsätzlich geht es beim Scoping-Termin nicht darum, bereits über spezifische Themen zu sprechen.“NovoRock-Vertreter

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