Stimme+
Bürgermeisterwahl
Hinzugefügt. Zur Merkliste Lesezeichen setzen

Künzelsauer Bürgermeister bekommt Stellvertreter und Gegenkandidaten

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

Eigentlich wollte der Künzelsauer Bürgermeister Stefan Neumann lediglich die Stelle eines hauptamtlichen Stellvertreters absegnen lassen. Doch ein Stadtrat erklärte, er werde 2026 als Bürgermeister kandidieren.

 Foto: Ludwig, Tamara

Kontroverse Diskussion, Sitzungsunterbrechung und eine überraschende Ankündigung: Tagesordnungspunkt sieben hat es am Dienstagabend in sich. Das Thema, das die Künzelsauer Gemeinderäte bewegt: „Schaffung einer Beigeordnetenstelle“. Soweit so bürokratisch.

Ein Beigeordneter ist laut Gemeindeordnung in Kommunen mit mehr als 10 000 Einwohnern möglich. Er ist hauptamtlicher Stellvertreter des Bürgermeisters und wird vom Gemeinderat auf acht Jahre gewählt. Die zusätzlichen Personalkosten, die damit verbunden sind, liegen bei 152.000 Euro (Besoldungsgruppe A 16) oder 166.000 Euro (Besoldungsgruppe B 2). Diese Info kommt in Zeiten, in denen Kämmerer Ulrich Walter gebetsmühlenartig zur Sparsamkeit mahnt und auf die unsichere Wirtschaftslage verweist.

Bürgermeister Stefan Neumann erklärt, warum er einen Stellvertreter braucht

„Früher hatte Künzelsau eine solche Stelle schon mal“, erklärt Bürgermeister Stefan Neumann. Warum man diese nun wieder benötige, begründet er mit der wachsenden Fülle an Aufgaben, die Künzelsau zu schultern habe, inklusive vieler Großprojekte wie der Reaktivierung der Kochertalbahn, der Entwicklung des Krankenhaus-Areals und der Planung und Umsetzung der Großkläranlage. „So können wir unsere Aufgaben schneller und mit mehr Power umsetzen“, wirbt er.

Dass Bürgermeister Stefan Neumann einen Stellvertreter will, erntet Kritik

Die Stimmungslage im Rat zeigt sich durchwachsen: Wolfgang Schmelzle (FfK) sieht, „dass die Aufgaben größer und mehr werden“, die Höhe der Personalkosten seien ihm jedoch nicht klar gewesen, weshalb er sich für A16 ausspricht. Wolfgang Kubat (UBK) geht einen Schritt weiter: „Ich sehe das kritisch, sehe keinen Gewinn für unsere Bürger.“ Mehr Personal bedeute nicht zwingend mehr Effizienz. Er würde deshalb eher „einen Prozess-Optimierer einstellen“. Auch Kubat spricht sich im Falle eines Beschlusses für A16 aus.

Anita Neher (Grüne) hat „Verständnis für die Fülle an Aufgaben“, möchte aber in „diesen wirtschaftlich unsicheren Zeiten“ lieber darauf zu verzichten. Boris D’Angelo (UBK) pflichtet dem bei und schlägt vor, „bis zur Mitte der Amtsperiode des Gemeinderats zu warten“ und dann die wirtschaftliche Lage möglicherweise neu zu bewerten. „Die Bevölkerung verfolgt das mit Argusaugen“, mahnt er.

Ralf Werner (CDU) wiederum findet „das sinnvoll, wir wünschen uns, dass dadurch Berater-Kosten reduziert werden können und Zuschüsse schneller beantragt werden“. Auch Claus Henne (Die Freien) spricht sich aufgrund der „großen Investitionen“ der nächsten Jahre für die Stelle aus.

Einen Stellvertreter will er nicht, aber Bürgermeister möchte er werden

Raunen, Kopfschütteln und reichlich Unmut löst schließlich Marc Kadkalov (Die Partei) bei seinen Ratskollegen aus. Nicht nur, dass er „Bürgermeisterchen“ Stefan Neumann auffordert, sein Amt „vorzeitig niederzulegen und den Weg für Neuwahlen freizumachen“. Er kündigt auch an, bei der Bürgermeisterwahl, die regulär 2026 ansteht, selbst kandidieren zu wollen. „Ich setze auf Offenheit, Transparenz, echte Bürgerbeteiligung und kluge Entscheidungen, die unsere Stadt stärken und nicht lähmen“, beginnt er sogleich mit dem Wahlkampf.

Bürgermeister Stefan Neumann will zum 1. Mai einige seiner Aufgaben in die Hände eines hauptamtlichen Stellvertreters legen.
Bürgermeister Stefan Neumann will zum 1. Mai einige seiner Aufgaben in die Hände eines hauptamtlichen Stellvertreters legen.  Foto: Ludwig\, Tamara

Seinen Ratskollegen, „den Ja-Sagern“, rät er in Bezug auf die Beigeordneten-Stelle „zu Nein-Sagern zu werden“. Obwohl die Verwaltung, „um eine öffentliche Diskussion zu vermeiden“, bereits die Fraktionsvorsitzenden „abgeklappert“ habe, damit diese wieder „Ja sagen“. Er verweist darauf, dass auch Öhringen eine solche Stelle nicht brauche und abgeschafft habe. Er mutmaßt, ob „der in Anführungszeichen Influencer Stefan Neumann“ die Beigeordneten-Stelle wolle, „um sein zweites Standbein Instagram“ weiter aufzubauen, oder ob es doch „schlichte Inkompetenz“ sei. 

Entscheidung im Gemeinderat am Ende überraschend deutlich

Rainer Süßmann (Die Freien) wünscht sich schließlich eine Sitzungsunterbrechung, „um uns nochmal zu beraten“, denn das müsse „gut überlegt sein“. Danach geht die Abstimmung schnell und – überraschend eindeutig – über die Bühne. 14 Ja-, sechs Nein-Stimmen und eine Enthaltung gibt es für die neue Stelle, die bereits am 24. Januar mit Dienstbeginn 1. Mai ausgeschrieben werden soll. Und: Ebenso deutlich fällt die Abstimmung zur Besoldung der Stelle in der höheren Gruppierung B2 aus.

Stellvertreter des Bürgermeisters soll die Finanzen leiten

Der oder die neue Beigeordnete der Stadt Künzelsau soll ein eigenes Dezernat bekommen. Es umfasst die Bereiche Finanzen (Kämmerei, Einrichtungen/Liegenschaften und Künwerke kaufmännisch) sowie den Eigenbetrieb Künwerke Technik (Tiefbau, Infrastruktur). Im Dezernat I, das Bürgermeister Stefan Neumann leitet, angesiedelt sind das Büro des Bürgermeisters. das Hauptamt, Bürgeramt, Stadtbauamt und das Amt für nachhaltige Entwicklung und Bürgerbeteiligung. Als Bewerbungsschluss wurde der 28. Februar festgelegt. Die Wahl des Beigeordneten soll am 25. März durch den Gemeinderat erfolgen.

Wie ist die Situation in anderen Kleinstädten?

Thilo Michler, Oberbürgermeister (OB) der Großen Kreisstadt Öhringen, hat seit 2018 keinen hauptamtlichen Vertreter. Damals ging Bürgermeister (Erster Beigeordneter) Erich Herrmann in den Ruhestand. Für seine Stelle waren Bewerbungen eingegangen, letztlich hat man sich für keinen Kandidaten entschieden. Öhringen hatte 1995 nach mehrjähriger Unterbrechung wieder die Stelle eines Beigeordneten geschaffen. Bis 2013 war Dieter Pallotta sogenannter Finanzbürgermeister.

OB Udo Glatthaar hat in Bad Mergentheim ebenfalls keine Beigeordneten. Schwäbisch Hall wiederum hat neben OB Daniel Bullinger einen Ersten Beigeordneten, das ist seit Oktober 2024 Peter Klink, der wegen seiner Zuständigkeit den Titel Baubürgermeister trägt. Bullingers Ansinnen, sogar eine zweite Beigeordneten-Stelle zu schaffen, war zuletzt am Votum des Gemeinderats gescheitert.

Kommentare öffnen
Nach oben  Nach oben