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Neuer ICE-Sprinter Stuttgart-Berlin: Massive Nachteile für Region Hohenlohe?

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Der neue ICE-Sprinter von Stuttgart nach Berlin führt über die eingleisige Murrbahn – und könnte zu Lasten des Nahverkehrs in Hohenlohe sein. Die Pläne der Deutschen Bahn ernten harsche Kritik.  


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Die Deutsche Bahn plant ab Dezember eine neue Schnellverbindung von Stuttgart nach Berlin, die über die eingleisige Murrbahn führen soll. Dies könnte zu Lasten des Regionalverkehrs gehen. Der ICE-Sprinter soll nur einmal halten: am Hauptbahnhof in Nürnberg – und kein einziges Mal in Backnang, Murrhardt oder Schwäbisch Hall-Hessental. Für die Bahnfahrer aus Hohenlohe würde das bedeuten: keinerlei Nutzen, aber potenzielle Nachteile im Schienen-Nahverkehr.

Kein ICE-Stopp? Für Bahnfahrer in Hohenlohe bringt der neue Sprinter nichts

Über die Hohenlohebahn sind Orte im Hohenlohekreis und im Landkreis Schwäbisch Hall mit der Murrbahn verbunden, die von Stuttgart bis Hessental fährt. Wenn es dort keinen ICE-Stopp gibt, müssten Bahnfahrer von Öhringen, Neuenstein oder Waldenburg über Heilbronn nach Stuttgart oder über die Hohenlohebahn weiter nach Crailsheim, wo der ICE-Sprinter ebenfalls nicht hält, um von dort per Regionalzug nach Nürnberg zu kommen, damit sie den ICE nach Berlin nehmen können. Auch auf der Murrbahn wären Bahnfahrern zwischen Gaildorf und Hessental die Hände gebunden.

Grünen-Abgeordneter Harald Ebner übt deutliche Kritik am ICE-Sprinter

Das bringt den grünen Bundestagsabgeordneten Harald Ebner auf die Palme. „Für die Region ist das ein bahnpolitischer Offenbarungseid, denn sie hat null Komma null von diesem durchbrausenden ICE. Im Gegenteil: Dieser Sprinter bremst die Regionalzüge auf der Strecke noch weiter aus, hält aber nirgends in der Region.“

Dies sei auch deshalb so, „weil CDU und SPD stets die Zweigleisigkeit der Murrbahn und deren Ausbau torpediert haben“. Diese müsse nun dringend kommen. „Zu allem Überfluss streicht die Bahn auch noch die einzige Fernverkehrsanbindung der Region, den IC über Gmünd und Aalen mit Halt in Crailsheim.“

CDU-Abgeordneter Christian von Stetten hat keine großen Hoffnungen

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Christian von Stetten hat am 29. September einen Termin mit der Deutschen Bahn in Stuttgart. Dort geht es vor allem um Stuttgart 21, „aber ich werde auch das Thema ICE ansprechen und eruieren, welche Chancen bestehen, dass in Zukunft ein ICE einen Stopp in unserer Region einlegt.“

Bei der Schnellverbindung Stuttgart-Berlin sei ein zusätzlicher Stopp in Heilbronn-Franken aber „illusorisch, denn sonst wäre es kein ICE-Sprinter, sondern ein normaler ICE“. Laut von Stetten soll er Stuttgart und Berlin nur einmal morgens und einmal abends verbinden. „Wenn in Zukunft ein ICE auf dieser Strecke verkehren soll, wäre dies ein zusätzliches Argument für einen zügigen Ausbau der Murrbahn. Dieses Argument müssen wir nutzen.“

Landkreis Schwäbisch Hall fordert zweigleisigen Ausbau der Murrbahn 

Der Landkreis Schwäbisch Hall begrüße es grundsätzlich, dass der Fernverkehr nach Berlin auch über die Murrbahn geführt werden soll. „Dies dürfe aber nicht zu Lasten des Nahverkehrs gehen darf“, sagt Landrat Gerhard Bauer. „Genau das passiert jetzt aber, wenn der Regionalexpress warten muss, bis der ICE ihn überholt hat. Dadurch werden unsere Pendler täglich benachteiligt.“

Gleichzeitig halte der ICE nirgends. „Das können wir so nicht akzeptieren.“ Die Nutzung der Murrbahn durch den Fern-, Regional- und Güterverkehr könne nur reibungslos funktionieren, wenn diese Strecke ausgebaut wird. „Hierfür setzen wir uns schon seit Jahrzehnten zusammen mit unseren Mitstreitern ein. Der Bund hat hierauf jedoch immer noch nicht positiv reagiert.“

Eher bedeckt hält sich der Hohenlohekreis: „Wir verstehen den Wunsch nach einer besseren Anbindung. Der Bahnhof Hessental ist derzeit ein Regionalbahnhof. Ob dort künftig ICE-Züge halten können, liegt in der Zuständigkeit der Deutschen Bahn und hängt von deren Planungen und Infrastrukturentscheidungen ab“, sagt Diana Kalantidis, Sprecherin des Landratsamts.

Schwäbisch Halls OB Daniel Bullinger mit klarem Appell 

Schwäbisch Halls OB Daniel Bullinger erklärt: „Ein ICE-Sprinter über die Murrbahn ist nur sinnvoll, wenn die Infrastruktur passt.“ Ohne Ausbau würden bestehende Verbindungen leiden, da die Strecke bereits heute am Limit sei, was Fahrgäste im täglichen Betrieb regelmäßig spürten. „Ein echter Gewinn für Stadt und Region entsteht nur durch: zweigleisigen Ausbau Backnang-Hessental, Verlängerung von Nahverkehrsverbindungen bis zum Umstiegsbahnhof Hessental und einen IC-Halt in Schwäbisch Hall. Auch von meiner Seite klarer Appell an Land und Bund: Erst ausbauen und durchdenken – dann den Sprinter starten.“ 

Bahnexperte der Grünen im Bundestag legt Finger in die Wunde

Der Nürtinger Matthias Gastel ist Bahnexperte der Grünen im Bundestag. Für den ICE-Sprinter zwischen Stuttgart und Berlin habe er lange gekämpft. „Die neue Verbindung zeigt aber einmal mehr die Unzulänglichkeit der Schienen-Infrastruktur.“ Entweder wurde gar nicht gebaut oder zurückgebaut. „Oder es wurde, wie bei der Neubaustrecke zwischen München über Nürnberg nach Berlin einfach drauflosgebaut und kein Netzgedanke verfolgt. Das zeigt sich nun darin, dass es zu Konflikten mit dem Regionalverkehr kommt, wenn man die Region Stuttgart besser an den schnellen Fernverkehr ab Nürnberg anbinden möchte.“ Die Murrbahn müsste deshalb längst zweigleisig ausgebaut werden. Der Bund müsse dies jetzt endlich in Angriff nehmen. 

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