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Mehrwegverpackungen 
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„Hohenlohe to go“ ist kein Renner

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Nur 18 Gastronomiebetriebe sind Teil des einst hoffnungsvoll gestarteten Mehrweg-Projekts Hohenlohe to go.

Seit der Einführung des Mehrwegsystems „Hohenlohe to go“ im Sommer 2021 ist das Hotel „Rose“ in Bitzfeld mit dabei. Foto: Archiv/Ludwig
Seit der Einführung des Mehrwegsystems „Hohenlohe to go“ im Sommer 2021 ist das Hotel „Rose“ in Bitzfeld mit dabei. Foto: Archiv/Ludwig  Foto: Ludwig, Tamara

Mehrweggeschirr ist im Hohenlohekreis immer noch Mangelware. Dabei ist seit Anfang 2023 jeder Gastronom, der Essen und Getränke zum Mitnehmen verkauft, gesetzlich verpflichtet, Mehrwegverpackungen anzubieten. Vor knapp fünf Jahren war der Kreis sogar Vorreiter. Auf freiwilliger Basis. Man sei der „erste Landkreis mit eigenem Mehrwegsystem für Speisen und Getränke zum Mitnehmen“, titelte die Abfallwirtschaft im Juli 2021. Vier Jahre später liest sich die Bilanz ernüchternd. Nur 18 Betriebe beteiligen sich an dem Projekt namens „Hohenlohe to go“. Es existieren zwar weitere Mehrweganbieter, deren Betriebe statistisch nicht erfasst würden, so Katharina Löblein, Sprecherin im Landratsamt. Doch auch deren Zahl sei überschaubar. 

Prinzip ist einfach

Grundsätzlich können Gastronomen die Systeme auf dem Markt frei wählen. Anbieter sind nur verpflichtet, ihrer eigenen ausgegebenen Mehrwegverpackungen zurückzunehmen. Bei dem gemeinsamen Mehrwegsystem arbeitet der Kreis  mit dem lokalen Anbieter „Local to go“  in Cleebronn zusammen. Der Vorteil für Kunden sollte sein, dass man die schwarzen Behälter zu je fünf Euro Pfand (Becher 2,50 Euro) in allen teilnehmenden Betrieben zurückgeben kann. Für Gastronomen sei das Risiko gering, weil das Unternehmen die Anschaffungskosten übernimmt oder bei Engpässen hilft, warb der Anbieter.

100 Betriebe hätten Fördergelder bekommen können: Marke nie geknackt 

Die Wirtschaftsinitiative des Hohenlohekreises und die Sparkasse Hohenlohekreis versprachen, die ersten 100 Teilnehmer finanziell zu unterstützen. Einige Kommunen gaben weiteres Geld dazu. Nach knapp zwei Jahren waren 19 Betriebe aufgesprungen. Einige Monate später war die Zahl auf 29 Betriebe gestiegen – darunter Weingüter, Metzgereien und klassische Restaurants. Das Landratsamt bedauert: „Trotz Förderung und Verpackungsgesetz war die Teilnahme am Projekt überschaubar, sodass die Förderung eingestellt wurde.“ Stefanie Fischer, die „Local to go“ gegründet hat, bestätigt, dass das Geschäft im Hohenlohekreis nicht gerade floriere und die Bereitschaft der Einführung unterschiedlich ausgeprägt sei.  Während es in Künzelsau noch mehrere Betriebe sind, gibt etwa im deutlich größeren Öhringen nur noch der Biomarkt Geist die Behälter aus. 

Einige Betriebe haben geschlossen

Die Gründe für den Rückgang der teilnehmenden Betriebe seien verschieden, sagt Fischer. Zum einem hätten Gastronomen sowie eine Metzgerei geschlossen. Einer der Nachfolger in einem gastronomischen Betrieb wolle sich nicht mehr am Mehrwegsystem beteiligen. Weiter nennt Fischer die „Bequemlichkeit der Kunden“. Verpackungen einfach wegwerfen sei oft noch die schnellste und bevorzugte Variante. Und: Es mangele an Kontrollen, was Umweltverbände schon seit der Einführung des neuen Verpackungsgesetzes 2023 kritisieren.Kreis-Sprecherin Katharina Löblein erklärt: Die Hauptzuständigkeit für die Überwachung gastronomischer Betriebe auf die Einhaltung der Pflicht liege bei der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR). „Der Landkreis wird von der ZSVR über konkrete Anhaltspunkte für die Begehung einer Ordnungswidrigkeit  informiert und verfolgt gegebenenfalls weiter.“ Fischer sagt: Der Aufwand der Kontrollen sei zu hoch, die Behörden hätten ohnehin zu wenig Kapazität. 

Betriebe sparen Geld durch Mehrweg

Dabei müssen sich viele an die Vorgaben halten.  Ausnahmen gibt es laut Bundesumweltamt  nur für sehr kleine Unternehmen wie Imbisse, die höchstens fünf Beschäftigten und eine Verkaufsfläche unter 80 Quadratmetern haben. Stefanie Fischer betont: Es gebe auch viele Betriebe, „die stehen voll dahinter, von einem Metzger weiß ich, dass er auch richtig Geld spart“.Bowls sind einer der größten Essenstrends. Wer bei den großen Salatschalen auf Wegwerfgeschirr setzt, muss immer tiefer in die Tasche greifen. Fischer glaubt immer noch, das die Menschen irgendwann, auch wenn der rückläufige Trend im Hohenlohekreis sich mit dem im ganzen Land deckt. Die Nachfrage nach Mehrweg habe trotz steigender Preise für Einweggeschirr abgenommen. Einzig im Veranstaltungsbereich bewege sich derzeit einiges. Besonders im Raum Heilbronn und Stuttgart lasse sich eine Trendwende zum Mehrweggeschirr erkennen, sagt Fischer. 

Auch Städte sollen mit ins Boot

Im Kreis setzt derzeit nur Künzelsau bei Veranstaltungen auf Local-to-go – erstmals 2023 beim Künzelsauer Advent am Schloss. Seither findet das System bei städtischen Veranstaltungen Zuspruch, bestätigt Sprecherin Elke Sturm. Die Stadt Öhringen zog beim Weihnachtsmarkt nach. Es war erlaubt, seine eigene Tasse mitzubringen.

Hohes Müllaufkommen

Deutschland hat nach wie vor ein höheres Verpackungsaufkommen als die meisten anderen Länder. Laut Deutscher Umwelthilfe sind es sogar 20 Prozent mehr als im europäischen Durchschnitt. Mit der neuen Verpackungsverordnungen, insbesondere die EU-Verpackungsverordnung PPWR 2025, soll europaweit noch mehr durchgegriffen werden. Sie ist im Februar in Kraft getreten und gilt ab 12. August 2026. Für die Gastronomie heißt das unter anderem, dass eine Quote für Mehrwegverpackungen eingeführt wird. 

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