Höchste Eisenbahn für bessere Bahnen in Hohenlohe
Wie stehen die Chancen für die Elektrifizierung der Hohenlohebahn und Reaktivierung der Kochertalbahn? Der grüne Verkehrsexperte und „Bahn-Nerd“ Matthias Gastel gibt Antworten bei einem Themenabend in Hohebuch.

Harald Ebner, grüner Bundestagsabgeordneter aus Hohenlohe, heißt ihn willkommen als „Bahn-Nerd“. Damit trifft er den Nagel auf den Kopf. Kaum ein anderer in den Reihen der Grünen kennt sich besser aus mit dem Wohl und Wehe des deutschen Bahnverkehrs als Matthias Gastel, bahnpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion. Zum Thema des Abends, „Zukunft der Bahn(en) in Hohenlohe: Wo geht die Reise hin?“, können demnach nur wenige kompetentere Antworten geben als der Verkehrsexperte aus dem Wahlkreis Nürtingen. Seine Partei und er sind jetzt zwar in der Opposition. Sie hätten in der Ampelregierung aber dafür gesorgt, die Schiene zu stärken, wird Gastel nicht müde zu betonen bei der Veranstaltung in Hohebuch, die vor allem den Landtagskandidaten aus den Wahlkreisen Hohenlohe und Schwäbisch Hall, Mario Dietel und Lea Geldner, zugutekommen soll.
Umschwung in der Förderpolitik kommt ländlichen Räumen zugute
Vom Geld für die Schiene soll natürlich auch etwas in den hiesigen Breiten ankommen, also im ländlichen Raum, der in Sachen Bahnversorgung lange Zeit ein Schattendasein fristete. Bis der Bund die Kriterien für die Förderung kommunaler Bahnprojekte so veränderte, dass auch diese Regionen öfter zum Zuge kommen und die Fördersätze auf bis zu 90 Prozent angehoben wurden – wobei dieser Umschwung schon in der vorherigen großen Koalition eingeleitet wurde. Für die Reaktivierung der Kochertalbahn zwischen Waldenburg und Künzelsau und die Elektrifizierung der Hohenlohebahn zwischen Cappel und Hessental bedeutete dies, dass die jüngsten Kosten-Nutzen-Rechnungen positiv ausgefallen sind und beide Vorhaben jetzt noch intensiver untersucht werden.

Elektrifizierung der Hohenlohebahn steht jetzt unter der Regie des Bundes
Die Ergebnisse dieser entscheidenden „Standardisierten Bewertungen“ stehen zwar noch aus. Dennoch glaubt Matthias Gastel, dass beide Projekte gute Chancen haben, tatsächlich aufs Gleis gesetzt zu werden: die Hohenlohebahn noch mehr als die Kochertalbahn. Erstere Strecke habe nun der Bund an sich gezogen und in den aktuellen Bedarfsplan für die Schiene aufgenommen. Kosten und Nutzen müssten nun anhand einer weiteren Untersuchung nochmals gecheckt werden.
Gastel ist guter Hoffnung, aber: Umsetzung wird noch dauern
Gastel geht davon aus, dass auch diese Rechnung aufgehen wird. Nur: Auf Knopfdruck werde die Stadtbahn dann nicht durchgängig von Heilbronn nach Schwäbisch Hall fahren. „Für die Planung würde ich schon sieben Jahre rechnen.“ Zuletzt war von zehn Jahre die Rede gewesen, bis dann tatsächlich elektrisch angetriebene Züge fahren und die neuen Haltestellen ansteuern können. „Diese Zahl habe ich nicht erfunden“, sagt Gastel. Er stellt aber auch nicht in Abrede, dass es genau so lange noch dauern könnte.
Verkehrsexperte kritisiert missachtete „Zusätzlichkeit“
Denn da ist ja auch das liebe Geld. Aber Halt: Gibt es nicht das 500 Milliarden Euro schwere Sondervermögen, das die Groko mit Hilfe der Grünen per Grundgesetzänderung auf den Weg brachte? Ja, nur: „Die meisten Mittel daraus werden bisher nicht wie vorgesehen zusätzlich verwendet, um solche Projekte zu finanzieren, sondern um normale Haushaltslöcher zu stopfen.“ Das müsse aufhören, fordert Gastel.
Kochertalbahn: Einigkeit vor Ort ist am wichtigsten
Er steht auch hinter der Reaktivierung der Kochertalbahn, weil das Land mit seinem grünen Verkehrsministerium gerade in diesem Bereich Bahnbrechendes angeschoben habe. Dies bleibe ein kommunales Projekt, das mit Bundesmitteln gefördert werden könne. Im Fachbegriff heißt das Programm „Bundes-GVFG“. Die Mittel dafür seien in der Ampel von ein auf zwei Milliarden Euro gestiegen, „nun müssen wir Richtung drei Milliarden denken“. Davon könnte dann auch die Kochertalbahn profitieren – aber nur, wenn sich alle Akteure einig seien und die restlichen Investitionskosten trügen. Davon kann bisher keine Rede sein. Künzelsau und der Kreis finanzieren die aktuelle Studie, Kupferzell und Waldenburg haben sich vorerst verabschiedet.
Gastel: Zweigleisiger Ausbau der Murrbahn muss unweigerlich kommen
Am zweigleisigen Ausbau der Murrbahn zwischen Waiblingen und Hall führt laut Gastel kein Weg vorbei. Es müsse irgendwann klappen, „sonst wären die übergeordneten Ausbauziele gar nicht umsetzbar“. Der neue ICE-Sprinter von Stuttgart nach Berlin rollt ab Ende 2025 über die Murrbahn. Der Regionalverkehr dürfe dadurch nicht behindert werden. Gegen einen Halt in der Region „hätte ich nichts, das muss die Bahn aber selbst beurteilen“.

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