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Bild der Verwüstung
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Flut-Nacht wirkt im Hohenlohekreis noch lange nach – Betroffener berichtet vom Kocher-Hochwasser

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Der vom Hochwasser betroffene Künzelsauer Erhard Demuth und Feuerwehrchef Thomas Böhret berichten von den Ereignissen und Konsequenzen jenes ersten Juni-Wochenendes.

von Christian Nick
Reißende Fluten: Am Morgen, nachdem der Keller seines Hauses von den Wassermassen heimgesucht wurde, dokumentiert der Künzelsauer Architekt und Stadtplaner Erhard Demuth den hohen Pegelstand des Kochers fotografisch.
Reißende Fluten: Am Morgen, nachdem der Keller seines Hauses von den Wassermassen heimgesucht wurde, dokumentiert der Künzelsauer Architekt und Stadtplaner Erhard Demuth den hohen Pegelstand des Kochers fotografisch.  Foto: privat

Es war ein heiterer Abend, als Erhard Demuth und seine Frau an jenem Samstag gegen 22 Uhr von einer Familienfeier zu ihrem Haus an der Künzelsauer Brühlsteige zurückkehren. Doch dann weicht die gute Stimmung schnell großer Besorgnis: „Der Kocher stand da schon so hoch, dass wir unsere Autos umgeparkt haben“, berichtet der 74-jährige Architekt und Gemeinderat.

Die Kraftfahrzeuge können sie vor den braunen Fluten des Hochwassers in Sicherheit bringen – doch den Keller jenes ehemaligen Silo-Turms, den beide erst 2019 erworben und zum Büro, Privathaus und Wohnsitz einer weiteren Familie umgebaut hatten, können sie nicht schützen: „Als wir kamen, war im Keller schon Wassereinbruch.“

Eigentlich sind die Demuths vorbereitet. Der Stadtplaner kennt die Risiken, die vom benachbarten Fluss ausgehen, qua Beruf. Doch die eigene kleine Pumpe hat keine Chance gegen die Wassermassen. Die Feuerwehr wird alarmiert.


Hochwasser im Hohenlohekreis: Pumpen stoßen an ihre Grenzen

„Die kam auch richtig schnell“, erzählt Demuth. Aber auch jene zwei Geräte, welche die Künzelsauer Kameraden mitbringen, schaffen es nicht. Über einen Meter hoch steht das Wasser in den Kellerräumen. Erst als spät in der Nacht das Technische Hilfswerk (THW) anrückt, gelingt es, der Situation Herr zu werden. Die Demuths können derweil in den oberen Stockwerken nur hoffen und bangen.

Am nächsten Tag bietet sich ein Bild der Verwüstung: Der Schaden ist groß, die neu eingebaute Holzpellet-Heizungsanlage Schrott. Erst am Sonntagabend kann das Wasser komplett abgepumpt werden. Immerhin: Es gelingt mit vereinten Kräften, die Büroräume durch Sandsäcke zu schützen. Er selbst habe den Schock mittlerweile überwunden, sagt Erhard Demuth. Aber seine Frau habe daran noch zu knabbern. Nun hoffen sie, dass die Versicherung alles bezahlen wird.

Reißende Fluten: Am Morgen, nachdem der Keller seines Hauses von den Wassermassen heimgesucht wurde, dokumentiert der Künzelsauer Architekt und Stadtplaner Erhard Demuth den hohen Pegelstand des Kochers fotografisch.
Reißende Fluten: Am Morgen, nachdem der Keller seines Hauses von den Wassermassen heimgesucht wurde, dokumentiert der Künzelsauer Architekt und Stadtplaner Erhard Demuth den hohen Pegelstand des Kochers fotografisch.  Foto: privat

Das Untergeschoss der beiden Künzelsauer ist nur eines von vielen an jenem ersten Juni-Wochenende. War kurz danach noch von rund 30 vollgelaufenen Kellern die Rede gewesen, ist mittlerweile klar: Es waren im Hohenlohekreis über 50. Dies teilt der stellvertretende Kreisbrandmeister und Kommandant der Künzelsauer Feuerwehr, Thomas Böhret, auf HZ-Nachfrage mit.

„Sicherlich sechsstellig“ sei der dabei entstandene Schaden, so Böhret, der unter anderem auch beim Einsatz bei den Demuths live vor Ort war. Genauere Zahlen hierzu habe er nicht. „Alleine bei uns in Künzelsau waren sieben Häuser betroffen, darunter auch Neubauten.“

Doch nicht nur vollgelaufene Keller halten die 150 Mann, die Böhret an jenen Tagen in und um Künzelsau im Einsatz hat, auf Trab: Ganze Straßenzüge, Radwege und Unterführungen müssen gesperrt und anschließend vom Schlamm befreit werden. Übergelaufene Schächte gilt es zu sichern und nach Unterspülung umgestürzte Bäume zu beseitigen. Vier Tage lang sind seine Leute im Einsatz, bis in Künzelsau das Gröbste bewältigt ist.

Verheerend: Teils über einen Meter hoch steht das Wasser im Untergeschoss.
Verheerend: Teils über einen Meter hoch steht das Wasser im Untergeschoss.  Foto: privat

Hochwasser-Schutz im Hohenlohekreis soll verbessert werden

„Wir haben festgestellt, dass wir beim Hochwasserschutz noch nachbessern müssen“, sagt Böhret. Besonders an der Kocher-Nordseite in Künzelsau-Morsbach sollen die mobilen Spundwände ausgebaut werden. „Wir sind da Richtung Ortschaft auf vier Meter Höhe, haben auf der nördlichen Seite aber nur 3,6 Meter.“ Entsprechende Gespräche mit den Behörden seien schon gelaufen, so der Feuerwehr-Chef. Er sei zuversichtlich, dass dies bald auch umgesetzt werden könne.

Doch bei aller Prävention: Wenn der Flusspegel – wie im Jahr 1993 – nochmals 30 Zentimeter höher ausfalle als beim nun 50-jährlichen Hochwasser, werde es dort vor Ort dennoch sehr problematisch, konzediert Böhret. Vieles lief gut bei den zahlreichen Einsätzen: Es gab ausreichend Sandsäcke, dank des „Fliwas“-Systems konnte adäquat koordiniert werden.

Aber: „Man kann nie genug Pumpen haben“, so der Kreisbrandmeister-Vize, der seit 1985 Mitglied der Feuerwehr ist und auch die Rekord-Hochwasser Mitte der 90er-Jahre noch aus eigener Anschauung kennt. Es habe einige unschöne Situationen mit Betroffenen gegeben, weil man die Einsätze nur Schritt für Schritt abarbeiten konnte. Glücklicherweise habe das THW unterstützt und mehr Pump-Kapazität zur Verfügung gestellt.

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