Von AC/DC bis 90er-Hits: Factory Live Night bringt Musikvielfalt ins Gewerbegebiet Schwabbach
Bei der Factory Live Night spielen Partybands in den Fabrikhallen von sieben Schwabbacher Firmen. Die Locations haben besonderen Flair – doch sind Fabrikhallen wirklich die besseren Konzerthallen?
Nachts im Schwabbacher Gewerbegebiet: Sonores Brummen tönt aus der offenstehenden Fabrikhalle, jemand formt Metall mit rhythmischen Schlägen. Menschen strömen hinein. Schichtwechsel? Nein: Statt Maschinen brummt der Bass, der vermeintliche Dampfhammer ist ein Schlagzeug. Im Reifenlager von Herbold steht die Rockband Perfect Heat auf der Bühne.
Factory Live Night: Sieben Schwabbacher Firmen laden neun Bands zum Konzertabend ein
Es ist Factory Live Night: Sieben Firmen im Gewerbegebiet räumen für eine Nacht ihre Fabrikhallen leer und laden neun Bands zum Konzertabend ein. Für den Abschleppdienst Herbold geht es heute nicht auf den Highway nach Heilbronn, sondern den „Highway to the Danger Zone“.
Factory Live Night in Schwabbach: Hier Hardrock, nebenan 90er-Disco
Eine Dreiviertelstunde geht jeder Gig, dann wandert das Publikum zur nächsten Fabrik. Die Bands bleiben da, legen 15 Minuten später erneut los. „Wir müsset uns spute, net z’viel schwätze“ sagt AC/DC-Imitator Matze Ehrhardt in breitem Schwäbisch, der sich trotz akkurat sitzender Schuluniform selbst nicht zu ernst nimmt.
Die Sängerin der Popband Neon verspricht dagegen: „Wie spielen nichts doppelt.“ Neon gehört heute die Werkshalle von Dachdecker und Fassadenbauer Sautter. Stündlich lassen sie die 90er hochleben und starten mit Michael Jackson und Coolio. Besser kann man kaum reinkommen in einen Samstagabend. Das findet auch Jennifer Prinzinger. Sie hat am Eingang Leuchtstäbe abgegriffen und sagt: „Die 90er sind unsere Musikjahre. Da haben wir angefangen, in die Disco zu gehen. Das sind Erinnerungen.“
Die Gäste machen Fotos in einem Bilderrahmen, der aussieht wie einer der ersten Gameboy-Spielekonsolen, und wer nah genug an der Bühne steht, darf dort rauf und die Macarena mittanzen.
Factory Live Night in Schwabbach: Wie gut ist der Sound in einer Fabrikhalle?
Rocken hinter Rolltoren, feiern neben Forstmaschinen: Die Locations haben besonderen Flair. Autohaus Knauß hat die Neuwagen rausgefahren, damit Platz zum Tanzen ist. In einer Fertigungshalle leuchtet ein Bühnenscheinwerfer die Maschinen bunt aus. Bei Luki Lichtwerbung ist nicht nur die Rockband Good News die Attraktion, sondern die werkseigene Illumination.
Christopher Ehmsen aus Neuenstadt weiß, wie satter Rocksound klingen muss. Er hört bei Hima den Rock ’n’ Rollern von Mallet zu und bewertet die Akustik der Fabrik: „Der Schall geht weiter raus.“ So hätten mehr Zuhörer was vom satten Sound. Aber eine Fabrikhalle sei nicht zwangsläufig der bessere Konzertsaal – wobei Hima eine bessere Akustik habe als die Schleyer-Halle in Stuttgart. Ehmsen ist Mallet-Fan, kauft sich nach Konzertende ein Totenkopf-T-Shirt, aber für die nächste Runde dableiben plant er nicht: „Wir machen einen Rundgang und wollen alles anschauen.“ Schließlich seien auch neue Bands interessant. Auf jeden Fall geht er noch zu Perfect Heat.
Factory Live Night in Schwabbach: Was sie von ähnlichen Veranstaltungen unterscheidet
Das sind die bei Herbold, die gerade Joe Cocker anstimmen – und dass die gut sind, hat sich mittlerweile rumgesprochen. Auch wenn viele erst mal davor für Toni Tänzers Burger anstehen. Für Beate Küfner sind die Musiker von Perfect Heat „ganz klar die besten“. Es sei eine gute Veranstaltung – ähnlich wie die Night of Music in Öhringen, aber mit viel mehr Platz. Der Vorteil eines großen Gewerbegebiets. „Musikalisches Lustwandeln“ betreibt sie mit ihrem Mann. Zu Good News soll es noch gehen, „die kennen wir gefühlt schon hundert Jahre“, und dann? „Wieder zurückkommen“, auch das ist schließlich möglich.
Die Bands haben alle ihren eigenen Charme, aber letztlich läuft es fast überall auf Pop-Rock-Party-Mix hinaus. Manches Lied hat man vorher an anderer Stelle schon gehört. Lena-Marie Block und Julia Raßmann merken davon nichts: Sie sind „Quereinsteiger“ und wie viele aus dem jungen Publikum nicht gleich ab 19 Uhr dabei gewesen. Die jungen Leute zieht es zu Forsttechnik Scheifele, wo die Band Snow mit Videoleinwand, Feuer und Nebel die aufwendigste Show des Abends abzieht und zu Punk-Rock von Green Day den Bass derart aufdreht, dass man meint, sie reißen die Bude ab.


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