Bretzfeld-Kupferzell wurde zuletzt bevorzugt bearbeitet als „Doppelabschnitt“. Jetzt hat ihn die Autobahn GmbH aufgeschnürt – „um die Planungen zu beschleunigen“, so Abteilungsleiter Matthias Milesi. Der „Abschnitt zwei“ Bretzfeld-Neuenstein soll dem RP „bis Ende 2026“ zur Genehmigung vorgelegt werden, der „Abschnitt drei“ Neuenstein-Kupferzell „bis Ende 2027“. Die „Abschnitte vier bis sechs“ im Kreis Schwäbisch Hall biegen erst danach ins Genehmigungsverfahren und „Abschnitt eins“ Weinsberger Kreuz-Bretzfeld zuletzt, „weil es der planerisch schwierigste ist, da großflächig Weinanbaugebiete betroffen und die Besitzverhältnisse sehr kleinteilig sind“, so Projektleiter Jakob Ruopp. Klar ist: Die A6 soll abschnittsweise ausgebaut werden und nicht in einem Stück, wie früher geplant. Wann welcher Abschnitt genehmigt, begonnen oder fertig gebaut sein werde, sei völlig offen.
Autobahn GmbH erklärt: Deshalb verzögert sich die Planung zum A6-Ausbau durch Hohenlohe weiter
Bis Ende 2026 wollen die Planer den ersten Bauabschnitt zwischen Bretzfeld und Neuenstein beim Regierungspräsidium Stuttgart zur Genehmigung einreichen. Die neue Verkehrsprognose 2040 ist bindend, deshalb muss das Konzept erneut überarbeitet werden. Die Baukosten steigen auf 1,6 Milliarden Euro.

Die Planungen zum sechsspurigen Ausbau der A6 durch Hohenlohe werden sich weiter verzögern. Darüber hatte die Stimme Ende September 2024 exklusiv berichtet. Jetzt konnte die Redaktion erstmals mit den zwei hauptverantwortlichen Mitarbeitern der Autobahn GmbH des Bundes direkt sprechen, die bei der Niederlassung Südwest mit dem Großprojekt betraut sind. Sie erklären die Hintergründe und schauen voraus.
Planung wechselt vom Land zum Bund und wird weiter gebremst
Die Zuständigkeit wechselte zum 1. Januar 2021 vom Regierungspräsidium Stuttgart (RP) zu der neu geschaffenen Gesellschaft. Viele hofften, dass das seit 2011 geplante Vorhaben damit schneller vorankommen könnte. Stattdessen wurde es nicht beschleunigt, sondern weiter gebremst. Wie kann das sein?
Ob RP oder Autobahn GmbH: Recht und Gesetz gilt für alle
Matthias Milesi, der bei der Südwest-Niederlassung der Autobahn GmbH die Abteilung Planung leitet, hat darauf eine simple Antwort. Ob Land oder Bund, Behörde oder GmbH: Egal wer mit der Planung beauftragt sei, „ist an Recht und Gesetz gebunden“. Selbst „laufende und fortgeschrittene Planungen“ müssten immer wieder „angepasst und überarbeitet werden, wenn sich gesetzliche Rahmenbedingungen und Vorschriften ändern“. So geschehen im Falle des A6-Ausbaus beim Lärmschutz, Artenschutz und Umweltschutz. „Die Planung ist nur dann genehmigungsfähig, wenn sie dem aktuellen Stand der Technik und den aktuell geltenden Gesetzen und Vorschriften voll entspricht.“
Das Ziel heißt: Einwände in Grenzen halten und Klagen verhindern
Und diese Genehmigung erteilt nach wie vor das Regierungspräsidium Stuttgart (RP), um die Objektivität und Unabhängigkeit zu wahren. Beide Seiten hätten aber dasselbe Ziel: Das sogenannte Planfeststellungsverfahren „rechtssicher“ abzuschließen, dass sich die Einwände bei der öffentlichen Auslegung der fertigen Unterlagen in Grenzen halten und möglichst keine Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss auflaufen. Dies könne den Prozess empfindlich in die Länge ziehen.
Hunderte Einwendungen sind bereits eingegangen
„Genau deshalb arbeiten wir als Projektteam so intensiv daran, den Ausbau so rechtssicher wie möglich zu planen und keine Angriffsflächen für mögliche Einwendungen zu liefern“, erklärt Milesi. Doch nicht erst nach Abgabe der fertigen Planungsunterlagen beim RP, sondern bereits im laufenden Genehmigungsverfahren, in dem die Grundlagen dafür erarbeitet werden, können Bürger und Landwirte, Unternehmen und Kommunen Einwendungen geltend machen. Hunderte sind allein für die beiden am weitesten fortgeschrittenen Bauabschnitte zwischen Bretzfeld, Öhringen, Neuenstein und Kupferzell eingegangen, weshalb die Genehmigungsplanung laut Milesi „grundlegend und vollumfänglich überarbeitet“ werden musste.
Schon 600 Änderungen eingearbeitet
Gleichzeitig musste sie an „zahlreiche neue Richtlinien und Vorschriften“ angepasst werden. „Für die Abschnitte zwei und drei wurden bereits über 600 Änderungen an der ursprünglichen Planung eingearbeitet“, sagt Jakob Ruopp, der das Projekt A6-Ausbau bei der Autobahn GmbH leitet. Diese führten zu Verbesserungen bei Lärmschutz, Straßenentwässerung und Artenschutz.
Neue Verkehrsprognose mit Zeithorizont 2040 ist rechtlich bindend
Zuletzt sorgte eine neue Verkehrsprognose mit dem Zeithorizont 2040 dafür, dass die Autobahn GmbH die bereits fast fertigen Planungen für den zweiten Bauabschnitt nochmals gründlich nachschärfen muss. Das bis dahin zugrunde gelegte Verkehrsgutachten mit dem Zieljahr 2035 genügt demnach nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen. „Nach aktueller Rechtssprechung dürfen zwischen dem Planfeststellungsbeschluss und dem Prognosehorizont nicht mehr als zehn Jahre liegen. Das wäre für den zweiten Bauabschnitt zu knapp geworden, da mit einem Beschluss nicht vor 2026 gerechnet werden konnte“, sagt Ruopp.
Bis Ende 2026 statt Mitte 2025: Das ist die jüngste Verzögerung
Ursprünglich wollte die Autobahn GmbH die Unterlagen dafür Mitte 2025 beim RP einreichen, jetzt soll es erst bis Ende 2026 so weit sein. „Das Positive daran ist: Wir können den Lärmschutz weiter verbessern und haben so größere Chancen, dass es später zu keinen Klagen kommt.“
Verpufft die Wirkung des Genehmigungsbeschleunigungsgesetzes?
Was ist mit dem Genehmigungsbeschleunigungsgesetz, das der Bundestag im Oktober 2023 beschlossen hat – und und vor allem im Hinblick auf bislang ausgebremste Vorhaben wie den A6-Ausbau? „Wir erwarten dadurch vorrangig eine Beschleunigung bei kleineren Projekten, etwa beim Neubau einzelner Brücken, nicht bei der Planung so komplexer Großprojekte wie dem A6-Ausbau“, erklärt Ruopp. „Eine mögliche Beschleunigungswirkung besteht darin, dass Klagen gegen solche Bauvorhaben sofort, also in erster Instanz, vor dem Bundesverwaltungsgericht verhandelt werden und nicht erst bei den Verwaltungsgerichten der Länder.“
80 neue Brücken und 60 Lärmschutzwände sind schwere Brocken
Die Planungen zum A6-Ausbau seien auch deshalb so aufwendig, weil auf 65 Kilometern 80 Ersatzneubauten von Brücken, darunter sechs große Talbrücken, enthalten seien, und rund 35 Regenwasserbehandlungsanlage sowie rund 60 Lärmschutzwände. Bis auf die sanierte Kochertalbrücke müssten alle Brückenbauwerke neu geplant und ersetzt werden.
Geschätzte Baukosten haben sich seit 2011 verdoppelt auf 1,6 Milliarden Euro
Dies sei auch ein enormer Kostenfaktor. Etwa zwei Drittel der aktuell geschätzten Baukosten entfielen darauf. 1,6 Milliarden Euro stünden derzeit zu Buche, so Milesi. Die zuletzt genannte Summe lag bei 1,3 Milliarden Euro. Bei der Präsentation 2011 wurden die Kosten auf 750 Millionen Euro geschätzt.