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Weichenstellungen für 1,6-Milliarden-Projekt
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Ausbau der A6 durch Hohenlohe: Politisches Ringen in vollem Gange

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Die Vorkämpfer wollen die Gunst des Regierungswechsels nutzen, um den Planungsprozess zu beschleunigen. Die Kritiker formieren sich in einem Aktionsbündnis und stellen den Ausbau ganz infrage. Was steckt dahinter?

Die A6 zwischen dem Weinsberger Kreuz und der bayerischen Landesgrenze steht seit vielen Jahren auf der Liste top-priorisierter Ausbauprojekte im Bund.
Die A6 zwischen dem Weinsberger Kreuz und der bayerischen Landesgrenze steht seit vielen Jahren auf der Liste top-priorisierter Ausbauprojekte im Bund.  Foto: Reichert, Ralf

Die einen wollen den sechsspurigen Ausbau der A6 durch Hohenlohe endlich beschleunigen, die anderen wollen ihn möglichst ganz verhindern. Die Befürworter trafen sich am 10. Juli im Bundesverkehrsministerium, die Gegner schmiedeten am 7. Juli neue Pläne.

Bislang ist kein Kilometer ausgebaut

Die viel befahrene Autobahn zwischen dem Weinsberger Kreuz und der bayerischen Landesgrenze ist dieser Tage also mal wieder auf der politischen und gesellschaftlichen Agenda. Wie so oft seit dem Planungsstart 2001, der 2011 in ein konkretes Ausbaukonzept mündete. Seitdem stockt der Prozess gewaltig, bislang ist kein Kilometer ausgebaut. Der Regierungswechsel in Berlin nährt bei den Vorkämpfern Hoffnungen, dass es nun schneller vorwärtsgeht, während die Kritiker umso mehr dagegen kämpfen.

Wird das „Kind“ von Christian von Stetten endlich erwachsen?

Christian von Stetten kam am 2002 neu in den Bundestag. Der A6-Ausbau ist also von Beginn an sein „Kind“. Doch erwachsen geworden ist es bis heute nicht. Einst wollte er im Jahr 2020 den ersten Spatenstich tätigen. Und ursprünglich sollten die kompletten 64 Kilometern 2025 ausgebaut sein. Daraus wurde nichts. Derzeit ist ein Baustart erst 2029 realistisch – und es dürfte bis Mitte 2040 dauern, bis alle sechs Abschnitte fertig sind.

Gespräch am 10. Juli im Bundesverkehrsministerium

Jetzt ist von Stetten wieder „Regierungs-Abgeordneter“, nachdem seine CDU ab 2021 die Oppositionsbank drücken musste. Deshalb will er noch einmal aufs Tempo drücken, um sein „Kind“ doch noch in einer vertretbaren Zeit zu volljähriger Reife zu bringen. Dazu hatte er alle Bürgermeister aus den Kreisen Hohenlohe und Hall am 10. Juli ins Bundesverkehrsministerium nach Berlin eingeladen, um mit dem Parlamentarischen Staatssekretär Christian Hirte über den Ausbau zu sprechen. Rund 20 Rathauschefs waren da.

Staatssekretär kommt im Sommer nach Hohenlohe

Was kam bei dem Treffen heraus? „Die wichtigste Info ist, dass der Staatssekretär im zweiten Teil dieses Sommers nach Hohenlohe kommen wird, um sich die Sache persönlich anzuschauen und das Gespräch  vor Ort fortzusetzen“, so von Stetten. „Wir haben ihm noch einmal klargemacht, dass die A6 eine der wichtigsten Autobahnstrecken in ganz Süddeutschland ist.“ Fest stehe, dass „die jetzige Regierung den Ausbau mit großer Priorität vorantreiben“ werde, nachdem die Ampel den Prozess verschleppt habe.

Das ist den Bürgermeistern wichtig 

Für die Bürgermeister sei wichtig gewesen, dass Ausgleichsflächen für die benötigten und vom Bund zu kaufenden landwirtschaftlichen Böden nicht direkt neben der A6 im Bereich der angrenzenden Kommunen liegen sollten, sondern weiter entfernt, um deren räumliche Entwicklung nicht einzuschränken. „Das Ministerium wird nun prüfen, ob dies möglich ist.“

Das steckt hinter dem Aktionsbündnis der Ausbau-Gegner

Mittlerweile hat sich in Hohenlohe ein Bündnis von Gegnern formiert, das den A6-Ausbau verhindern möchte und fordert: Die Sanierung genügt. Was sagt von Stetten dazu? „Als direkt gewählter Abgeordneter ist es meine Aufgabe, die beste Lösung für den Wahlkreis nach vorne zu treiben. Deshalb haben wir schon vor zehn Jahren alle Varianten diskutiert und getestet. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass der jetzt geplante sechsspurige Ausbau der sinnvollste ist. Andere Personen können auch zu anderen Ergebnissen kommen. Das respektiere ich und ist in einer Demokratie jederzeit erlaubt.“ Er sagt aber auch: „Wirtschaftliche, militärische sowie Sicherheits- und Umweltschutz-Gründe sprechen für einen zügigen sechsspurigen Ausbau der A6.“ Das Geld sei in Berlin vorhanden, um diese Lücke zwischen Nürnberg und Mannheim zu schließen. Die Kosten werden derzeit auf 1,6 Milliarden Euro taxiert. „Würden die Hohenloher und Schwäbisch Haller diesen dringend benötigen Ausbau jetzt selber verhindern, würden uns die nächsten Generationen für nicht zurechnungsfähig erklären“, so von Stetten.

Bislang 1171 Unterschriften für Petition gegen den Ausbau

Das Aktionsbündnis gegen den A6-Ausbau und für eine reine Sanierung hatte im Mai 20 000 Info-Flyer verteilt, vorwiegend zwischen Bretzfeld und Kupferzell. Diese 21,5-Kilometer-Strecke soll als erstes ausgebaut werden. Das für die Baureife entscheidende Planfeststellungsverfahren für Bretzfeld-Neuenstein soll bis Ende 2026 und für Neuenstein-Kupferzell bis Ende 2027 beendet sein. Andreas Frasch ist Mitglied der Bürgerinitiative „Öhringen klimaneutral 2035“ und einer der Bündnis-Sprecher. „Die medialen Darstellungen zum A6-Ausbau waren bisher geprägt von einer großen Einseitigkeit, die der Bevölkerung mit realitätsfernen Prognosen eine Alternativlosigkeit zur ,Ausbauvariante Nordverlagerung’ vorgaukelten“, behauptet Frasch. Dem wolle man „mehr Transparenz und Offenheit“ entgegensetzen. Bislang haben 1171 Bürger eine Petition gegen den A6-Ausbau unterschrieben. Wann diese Unterschriftensammlung beendet und die Petition übergeben wird, steht laut Frasch noch nicht fest.

Klar ist für die Gegner: Der Widerstand soll weiter wachsen. Dazu hat das Aktionsbündnis am 7. Juli ein Positionspapier verfasst. Darin fordert es eine „aktualisierte, faktenbasierte Bedarfsprüfung, ob der sechsspurige Ausbau notwendig und zeitgemäß ist“. Besonders geplante Trassenführung, die eine Verlagerung in Richtung Norden beinhaltet, wird massiv infrage gestellt. Diese komme einem Teil-Neubau gleich und sei mit einem hohen Verlust an Ackerböden verbunden. Das Bündnis spricht von „mindestens 300 Hektar“. Es bezweifelt die neuen Verkehrsprognosen bis 2040, die den Planungen zugrunde liegen, und will anhand von zwei Zählstellen in Schwabbach und Reußenberg für die Gesamtstrecke belegt haben, „dass das Verkehrsaufkommen seit 2011 entgegen den amtlichen Prognosen nicht zugenommen hat“. Dies sei damals ein Hauptgrund gewesen, die A6 sechsspurig auszubauen. Die für das Großprojekt zuständige Autobahn GmbH des Bundes widerspricht der Argumentation des gegnerischen Bündnisses und verteidigt die geplante Trassenführung mit Nord-Verlagerung als beste Lösung.

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