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Finanzielle Mehrbelastung
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Abwassergebühren steigen in Kupferzell drastisch

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Zähneknirschend hat der örtliche Gemeinderat rückwirkend eine Erhöhung um fast 50 Prozent fürs fast verstrichene Jahr 2024 beschlossen. Was sind die Gründe - und wie geht es mit den Gebühren weiter?

von Christian Nick
Höherer Preis für die gleiche Menge: Kupferzeller Bürger müssen für die Entsorgung ihres Wassers ab sofort deutlich tiefer in die Tasche greifen.
Höherer Preis für die gleiche Menge: Kupferzeller Bürger müssen für die Entsorgung ihres Wassers ab sofort deutlich tiefer in die Tasche greifen.  Foto: Kunz, Christiana

Nein, es half nichts, um den heißen Brei – oder das schmutzige Wasser – herumzureden: „Unschön“ sei, was die Kupferzeller Räte bitte beschließen sollten, bekundete Bürgermeister Christoph Spieles gleich mehrfach. In der Tat: Es ist schon ungewöhnlich, Gebühren für ein fast verstrichenes Jahr erst im Oktober festzulegen – und eine Anhebung um fast 50 Prozent setzt dem Ganzen noch die Krone auf.

Trotzdem war am Ende bei einer Gegenstimme und vier Enthaltungen klar: Die vom Bürger zu entrichtende Schmutzwassergebühr steigt für das Jahr 2024 von bislang 3,46 Euro auf 5,06 Euro. Nur ein kleiner Trost: Im kommenden Jahr soll sie wieder geringfügig auf 4,70 Euro je Kubikmeter sinken. Immerhin: Die sogenannte Niederschlagswassergebühr – die Entsorgung von Regenwasser – trotzt dem Trend und fällt von aktuell 44 Cent pro Quadratmeter versiegelter Fläche auf 34 Cent für 2024 respektive 38 Cent im Jahr 2025.

Marode Infrastruktur fordert ihren Tribut

Warum die jetzt beschlossene erhebliche Mehrbelastung aus Sicht von Verwaltung und Ratsmehrheit alternativlos scheint? Dafür sind hauptsächlich zwei Faktoren maßgeblich – und jene haben allesamt mit maroder örtlicher Infrastruktur zu tun: Beide Kupferzeller Kläranlagen, die bis zum avisierten Beitritt zur – bei Nagelsberg geplanten – interkommunalen Großkläranlage noch rund ein Jahrzehnt lang funktionsfähig gehalten werden müssen, sind Sanierungsfälle.

Zwischenzeitlich drohte gar der Verlust der Betriebserlaubnis, wenn dort nicht ein Millionenbetrag investiert würde (wir berichteten). Mittlerweile sind die Modernisierungsarbeiten in vollem Gange – und fordern ihren Tribut in Form der Gebührenerhöhung.

Der zweite massive Posten, welcher nun an die Kupferzeller Bürger weitergereicht wird, hat ebenfalls schon für manche Debatte im Ratsrund gesorgt: die gesetzeskonforme Nachrüstung von 18 Regenüberlaufbecken im Gemeindegebiet mit digitaler Mess- und Regelungstechnik. Jene hatte sich – trotz millionenschwerer Förderung vonseiten der Landesregierung – stark verteuert (wir berichteten).

Schwer zu schlucken – um in der Wasser-Metaphorik zu bleiben – hatten da die Ratsmitglieder: „Politisch schwer vermittelbar“ sei eine solch sprunghafte Anhebung, urteilte etwa Marco Suleder (UWG). Und stellte, wie andere Räte nach ihm auch, die Frage in den Raum, ob man aufseiten der Verwaltung noch irgendwelche Möglichkeiten sehe, die Erhöhung moderater zu gestalten.

Kupferzeller Verwaltung sieht sich zum Handeln gezwungen

„Wir haben alle rechtssicheren Möglichkeiten durchgespielt“, verneinte der Rathauschef. Kämmerer Markus Holub sekundierte und tat kund, dass man im aktuellen Haushaltsplan bei der Eingruppierung der entsprechenden Posten bis an die Grenze des Zulässigen gegangen sei.

Wieso die „wahnsinnigen“ Mehrkosten überhaupt umgelegt werden sollen? Das wollte UWG-Kollege Timo Koeberer wissen. „Es ist kein Gesetzesverstoß, das nicht auszugleichen.“ Die Kommune solle aus seiner Sicht das finanzielle Loch mit eigenen Mitteln stopfen.

Eine solche Idee diene längerfristig weder dem Wohl der Gemeinde noch deren Bürgern, führte indes der Rathauschef aus. Denn: Wenn man die rechnerisch fälligen Gebühren nicht in voller Höhe einziehe, riskiere man, dass das Land künftig Fördergelder nicht mehr bewillige. „Bis dato sind wir immer der Kalkulation gefolgt“, bekräftigte auch FWV-Chef Volker Baumann. Das sei auch hinsichtlich der Kostentransparenz geboten.

Eines jedoch betonten die Verantwortlichen: Künftig sollen die Abwassergebühren nicht mehr rückwirkend taxiert werden – und perspektivisch auch stabil bleiben. 

Hintergrund: Warum müssen Gebühren gesplittet berechnet werden?

Bis vor 15 Jahren war das System der Abwassergebühr simpel: Sie wurde anhand des Frischwasser-Verbrauchs taxiert. 2010 setzte jedoch ein Urteil des baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshofs nach der Klage eines Bürgers dem ein Ende und erklärte die bisherige Praxis für rechtswidrig. Seitdem müssen Schmutz- und Niederschlagswasser durch die jeweiligen Kommunen gesondert und mit unterschiedlichen Gebührensätzen berechnet werden.

Dass dies heuer in Kupferzell so lange gedauert hat, liegt laut der bei der Sitzung referierenden Verwaltungsmitarbeiterin auch daran, dass die haushalterischen Jahresabschlüsse für 2019 und 2020 erst jetzt vorliegen. Jene liefern Anhaltspunkte für die Bemessung der Gebühren.

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