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Ein etwas anderer Jubiläumsabend
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25 Jahre Wirtschaftsförderung in Hohenlohe: Zukunftsforscher rät zu mehr Optimismus

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Sein Name ist ein Zungenbrecher, seine Botschaft klingt erfrischend und provokant: Dr. Harald Köpping Athanasopoulos arbeitet für das größte Zukunftsforschungsinstitut Europas und versprüht eine strukturierte Zuversicht, die Lebens- und Arbeitswelten gleichermaßen optimieren kann.     

Überzeugt von der Zukunft: Hauptredner Dr. Harald Köpping Athanasopoulos vom Forschungsinstitut 2b Ahead ThinkTank in Leipzig.
Überzeugt von der Zukunft: Hauptredner Dr. Harald Köpping Athanasopoulos vom Forschungsinstitut 2b Ahead ThinkTank in Leipzig.  Foto: Reichert, Ralf

Nicht zurückschauen, sondern nach vorne blicken: Dieses Motto zieht sich wie ein roter Faden durch den Abend. Die Wirtschaftsinitiative Hohenlohe – oder kurz W.I.H. – hat geladen, zu ihrem 25-jährigen Bestehen. So heißt jene Gesellschaft, die grob gesagt die Wirtschaft im Hohenlohekreis in Schwung halten will. Mit allen Mitteln, die so eine kommunale Institution als GmbH stemmen kann. Finanziell und personell. Als Anlaufpunkt und Kontaktbörse, Vernetzungsstelle und Marketingpool. Nach Ansicht des Alleingesellschafters ist ihr das seit 2000 gut gelungen.

Landrat Schölzel: „Heute versprechen wir Zuversicht“

Es ist der Hohenlohekreis, der die W.I.H. zu hundert Prozent trägt, deshalb ergreift Landrat Ian Schölzel als erster das Wort. „Alles, was im damaligen Gesellschaftsvertrag zugrundegelegt wurde, ist heute aktueller denn je.“ Als da wären: Innovation und Digitalisierung, regionale Wertschöpfung und Vernetzung. Damit aber genug der Rückschau. Man wolle „keine Grußwort-Orgie“, sondern: „Heute versprechen wir Zuversicht.“ Der Hauptredner – ein „Zukunftsoptimist“ par excellence, wie ihn W.I.H.-Chefin Sarah Schmidt kurz danach vorstellt – und eine Diskussion sollen genügend und es richten. „Nicht zurückblicken, keine Powerpointpräsentationen mit dem Erreichten zeigen und keine alten Trends und Frisuren“, gibt Schmidt den Takt vor, „sondern uns gemeinsam die Zukunftsfrage stellen, wie die Arbeitswelt in 25 Jahren aussehen wird“.

Ausdrucksstarke Mimik, Gestik und Rhetorik

Zunächst muss man viermal hinschauen, bis man den Namen und Arbeitgeber des Vortragenden richtig gelesen und buchstabiert hat. Also: Dr. Harald Köpping Athanasopoulos heißt der „renommierte Zukunftsforscher“, so steht es in der Einladung, „von Europas größtem Zukunftsforschungsinstitut 2b Ahead ThinkTank“. Der Redner entert die Bühne so schwungvoll, wie er die Gäste in den nächsten Minuten mit seiner ausdrucksstarken Mimik, Gestik und Rhetorik in den Bann ziehen will. Das ist durchaus gekonnt und erfrischend anders, selbstbewusst und kenntnisreich, provokativ und mutig, mitunter aber auch bisschen „too much“. Man spürt: Da spricht einer, der seine private Zukunftswerkstatt bei dieser Gelegenheit natürlich auch bestmöglich vermarkten und ins rechte Licht rücken will. Business ist eben Business. Deshalb passt es auch genau zu diesem Jubiläumsabend.

Zehn-Jahres-Strategien haben nur einen Blick: nach vorne

Es sind nicht nur die zuvor apostrophierten zukünftigen „Arbeitswelten“, sondern auch die neuen „Lebenswelten“, die Athanasopoulos auf der Basis wissenschaftlicher Methoden ausbreitet. Er outet sich als „Science-Fiction-Fan“, betrachtet aber die Zeit bis 2030 und 2035, also die nahe Zukunft, so wie besagter 2b Ahead-ThinkTank in der Regel Zehn-Jahres-Strategien für seine Kunden strickt. Das eherne Gesetz heißt: Nicht zurückschauen, sondern nach vorne. Deutschland, das Land der „Dichter und Denker“, denke zu kleingeistig. Dies führe zu „linearen“ Erwartungen. „Innovations- und Strategiechefs“ hingegen liebten „exponentielles Wachstum“.

Von persönlichen KI-Agenten und Avataren 

Athanasopoulos hat vier Themen im Köcher: KI, Metaversum, Embodiment, Mobilität. „Bis 2030 wird jeder seinen persönlichen KI-Agenten haben.“ Und: „Bis 2035 wird alles generativ sein.“ Will heißen: Nicht nur Text und Fotos, Videos und Musik würden künstlich „generiert“, sondern Software und „persönliche Vertreter“ sowie „gelebte Erinnerung“, mit deren Hilfe sogar Tote als virtuelle Abbilder weiterleben könnten. Im „Metaversum“ würde der Mensch nicht mehr „unnatürlich“ über Bildschirme wischen, sondern seine Stimme und andere Sinne einsetzen, um bis 2035 „die physische und digitale Welt verschmelzen zu lassen“. Das Ergebnis? Persönliche „Avatare“, die „geografisch unabhängig“ in der virtuelle Arbeitswelt ihren Dienst tun.

„Wir alle können mit der Zukunft arbeiten, um daraus eine Strategie zu machen“

„Humanoide Roboter“ würden bis 2030 in der Industrie und bis 2035 in den privaten Haushalten Einzug halten. „Wo bleibt der Mensch in dieser Welt?“ Wo er doch bisher „seine Identität aus der Lohnarbeit“ schöpfe. Ganz einfach: „Es werden weniger Menschen so viel arbeiten wie heute“ und einen anderen Lebenssinn finden: in Familie und Kunst, Bildung und Ehrenamt. „Lieben Sie Zukunft? Kinder lieben die Zukunft!“ Weil sie noch keine „Erfahrung aus der Vergangenheit haben“. Roboter? Wie cool. Flugtaxis? „Her damit.“ Also: „Wir alle können mit der Zukunft arbeiten, um daraus eine Strategie zu machen.“ Und: „Je mehr man sich damit beschäftigt, umso mehr Chancen erkennt man.“

Schwarz oder Weiß? Das ist hier die Frage. Bei der Diskussion ging es um vier Themen und Entscheidungen. W.I.H.-Geschäftsführerin Sarah Schmidt sprach mit (von links) Felix Kirch, Geschäftsführer der Firma Sauter aus Kupferzell, Ziehl-Abegg-Chef Joachim Ley, Professor Dr. Anke Ostertag, Dekanin der Fakultät Technik und Wirtschaft in Künzelsau, und Landrat Ian Schölzel.
Schwarz oder Weiß? Das ist hier die Frage. Bei der Diskussion ging es um vier Themen und Entscheidungen. W.I.H.-Geschäftsführerin Sarah Schmidt sprach mit (von links) Felix Kirch, Geschäftsführer der Firma Sauter aus Kupferzell, Ziehl-Abegg-Chef Joachim Ley, Professor Dr. Anke Ostertag, Dekanin der Fakultät Technik und Wirtschaft in Künzelsau, und Landrat Ian Schölzel.  Foto: Reichert, Ralf

Schwarz oder Weiß? So lief die Podiumsdiskussion 

Die Leitfragen der Podiumsdiskussion lauteten: Wo stehen wir? Und: Wo wollen wir hin? Zu vier Themenbereichen wurden jeweils zwei Entscheidungsmöglichkeiten projiziert. Schwarz oder Weiß? Homeoffice oder Präsenz? Internationale Fachkräfte oder Regionale Ausbildung? KI: Chance oder Risiko? Und: Was bremst die Unternehmensnachfolge am meisten: unattraktive Rahmenbedingungen oder mangelnde Begeisterung? Weiße oder schwarze Karten wurden gezückt. Daraus entstand eine kurzweilige Debatte, in der zum Glück eines nicht zu kurz kam: die vielen Graubereiche.

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