Wie Audi wieder auf Kurs kommen soll
Audi-Werkleiter Helmut Stettner und Betriebsratschef Rolf Klotz diskutieren bei einer Veranstaltung von Pro Region über die Zukunft des Standorts Neckarsulm.

Wie geht es weiter mit der Automobilbranche in der Region? Eine klare Antwort auf diese Frage gibt es nicht, das hat eine Veranstaltung der Initiative Pro Region in der Aula der Hochschule Heilbronn ergeben. Klar ist: Die Unterauslastung des Neckarsulmer Audi-Werks macht nicht nur dem Betriebsratsvorsitzenden Rolf Klotz große Sorgen. „Da drückt uns der Schuh am meisten.“ Werkleiter Helmut Stettner wünscht sich die Vollauslastung „natürlich auch“. Doch davon ist der Standort momentan weit entfernt.
In fünf Jahren erwarten die beiden, dass statt der rund 178.000 Autos im laufenden Jahr wieder 250.000 Autos produziert werden könnten – allerdings mit etwa 2000 Beschäftigten weniger als aktuell. Für teils heftige Debatten in der von Stimme-Chefredakteur Uwe Ralf Heer moderierten Diskussion und noch mehr hinter verschlossenen Türen sorgt die Frage, wie der Audi-Standort auf den Weg dorthin und in die weitere Zukunft gebracht werden soll.
Brennstoffzellenkompetenz am Standort Neckarsulm
Stettner möchte die Audi-Strategie zwar nicht näher erläutern, aber er verteidigt sie unter anderem mit Verweis auf die Neckarsulmer Brennstoffzellenkompetenz: „In fünf Jahren werden wir zurückblicken und sagen, dass wir die richtige Entscheidung getroffen haben.“
Eine mögliche Variante ist, dass in Neckarsulm anders als vom Audi-Vorstand ursprünglich zugesagt keine Elektroautos in größeren Stückzahlen gebaut werden, sondern - abgesehen vom hochpreisigen E-tron GT - ausschließlich Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor.
Das ist für Klotz aber keine Lösung: „Wir wollen eine klare Perspektive für den Standort Neckarsulm in der E-Mobilität. Wenn das im ersten Schritt nicht klappt, dann wollen wir den Weg aufgezeichnet haben, wie wir dahin kommen. Wenn wir heute nicht dafür den Grundstein legen und die Kompetenzen und Rahmenbedingungen aufbauen, dann haben wir das Gefühl, dass wir nur dafür zuständig sein sollen, was am Markt immer weniger gefragt ist.“ Also Autos mit Verbrennungsmotor.
„Wir sind bei den Zukunftstechnologien überall vorne dabei“
Helmut Stettner
Franz Loogen, der Chef der landeseigenen e-mobil BW GmbH, hatte in seinem Eingangsvortrag nämlich aufgezeigt, dass es zwar weiterhin auch den Verbrennungsmotor geben wird, dass batterieelektrische Autos eine immer wichtigere Rolle spielen werden. Und dass die Veränderungsgeschwindigkeit weiter zunehmen werde. „Wir müssen nicht den Kopf in den Sand stecken. Aber wir müssen uns positionieren“, sagte Loogen, der davon ausgeht, dass in der EU im Jahr 2030 eher 50 Prozent als 15 Prozent der Neufahrzeuge batterieelektrisch fahren werden. Den reinen Verbrenneranteil taxiert er auf maximal 31 Prozent, in dem Szenario, das er für wahrscheinlicher hält, schrumpft er in Richtung der Nulllinie.
„Wir werden auf keinen Fall abgehängt“, beschwichtigte Stettner, der eine „gewisse Unsicherheit“ beim zukünftigen Technologiemix sieht. Das Unternehmen müsse alle Szenarien abdecken können. „Wir sind bei den Zukunftstechnologien überall vorne dabei“, betont er. „Neckarsulm muss sich keine Sorgen machen um die Zukunft.“
Standort Neckarsulm muss um Aufmerksamkeit kämpfen
Klotz erkannte die Bemühungen Stettners durchaus an: „Dass der Werkleiter die Hochglanzbroschüre zitiert und ich die Rückseite, liegt in der Natur der Sache“, sagte er. Deutlich wurde der Betriebsratsvorsitzende aber in Richtung Ingolstadt, wo der Audi-Vorstand sitzt. „Audi ist ein bayrisches Unternehmen, wir müssen ständig um Aufmerksamkeit für unseren Standort kämpfen.“ Er habe den Eindruck, „dass der blau-weiße Vorhang so dicht ist, dass es mit dem Blick aus Ingolstadt über die Frankenhöhe nicht klappt“.
Diese Faktoren werden über die Zukunft der Autobranche entscheiden
Für die Mitdiskutanten Jörg Ernstberger von Südwestmetall und Rudolf Luz von der IG Metall spielt in der Transformation die „Umqualifizierung“ der Beschäftigten eine zentrale Rolle. „Die Frage ist, wer sie finanziert“, sagt der Arbeitgebervertreter. Luz macht mit der Forderung nach einem Transformationskurzarbeitergeld, das nicht nur zweiwöchige Kurse finanziere, einen konkreten Vorschlag.
Auch Klotz betont, dass im Transformationsprozess „alle mitgenommen werden müssen“. Für Stettner sind die Mitarbeiter „das größte Gut. Wir werden sie mitnehmen in die Zukunft.“ Als Beispiel nennt er die 60 Brennstoffzellenentwickler am Standort, die Verbrennungsmotoren entwickelt haben. „Die haben wir umqualifiziert."
Ebenfalls auf dem Podium saßen Ralf Schnörr von der Handwerkskammer, Joachim Scholz vom Regionalverband Heilbronn-Franken und Heinrich Dismon vom Zulieferer Rheinmetall Automotive.