Ein weiterer fester Bestandteil ist die persönliche Geste der Seelsorge: Der evangelische Gefängnisseelsorger Jochen Stiefel packt jedes Jahr kleine Päckchen, die an alle Gefangenen verteilt werden. Darin befinden sich unter anderem Hygieneartikel wie Duschgel oder Seife, ein Kalender, eine Kerze, etwas Weihnachtsgebäck und ein Tannenzweig. Die Geschenke sollen weniger den Haftraum schmücken als vielmehr symbolisch ein Stück Weihnachtsatmosphäre vermitteln, sagt der Anstaltsleiter Andreas Vesenmaier.
Zwischen Weihnachten und Neujahr: Angebote für Gefangene in der JVA Heilbronn
Arbeitsruhe, lange Tage, wenig Ablenkung: Weihnachten ist für viele Gefangene eine besonders schwierige Zeit. In der JVA Heilbronn gibt es deshalb ein besonderes Programm.

Auch wenn für viele Menschen zwischen Weihnachten und Neujahr eine ruhige Zeit ist, bedeutet sie für Gefangene oft lange Tage ohne den gewohnten Arbeitsalltag. In der Justizvollzugsanstalt Heilbronn sind die Arbeitsbetriebe über die Feiertage weitgehend geschlossen, lediglich in Bereichen wie Küche und Waschküche wird weitergearbeitet.
Für den Großteil der Insassen entfällt damit die tägliche Struktur. Um Leerlauf zu vermeiden und die Zeit sinnvoll zu gestalten, bietet die Anstalt rund um Weihnachten und zwischen den Jahren ein umfangreiches Programm an.
Winterfeier mit Musik und alkoholfreiem Punsch
Bereits am letzten Arbeitstag vor Weihnachten, dem 23. Dezember, erhalten die Gefangenen ein warmes Weihnachtsvesper aus den anstaltseigenen Betrieben. Auf dem Speiseplan stehen Weißwürste mit Laugenbrötchen. Zusätzlich bekommen die Insassen nachmittags eine kleine Tüte mit Lebkuchen und Mandarinen, die sie mit auf ihre Hafträume nehmen können, erklärt Vollzugsdienstleiter Arndt Seifert. Gearbeitet wird an diesem Tag noch bis 12 Uhr, danach beginnt für den Großteil der Gefangenen die arbeitsfreie Zeit.
Zwischen den Jahren bleibt das Angebot dennoch vielfältig. Ein fester Programmpunkt ist die weihnachtliche Winterfeier am 30. Dezember. Während mehrerer Sonderhofgänge werden Bratwürste und alkoholfreier Punsch ausgegeben, begleitet von weihnachtlicher Musik. Die Feier wird gemeinsam von der Gefangenenvertretung, der Anstaltsleitung und der evangelischen Gefangenenseelsorge organisiert. Unterstützt wird sie zudem vom Anstaltsbeirat der JVA Heilbronn, der das Fest zusammen mit der Seelsorge finanziell ermöglicht. Die Kosten werden dabei nicht aus dem Staatshaushalt bestritten, sondern privat getragen.
Saxophonspieler, Schachturniere und Sportangebote
Auch musikalisch setzt die Anstalt Akzente: Seit Jahren kommt ein professioneller Saxophonspieler in die JVA und spielt Weihnachtslieder – eine Geste, die von vielen Insassen als besondere Abwechslung wahrgenommen wird.
Darüber hinaus laufen bereits vor Weihnachten und zwischen den Feiertagen kleinere Weihnachtsfeiern der ehrenamtlichen Abendgruppen, die von außen in die Anstalt kommen. Dazu zählen unter anderem Gesprächs- und Selbsthilfegruppen, die ihre Treffen mit Genehmigung der JVA festlich gestalten dürfen.
Zwischen den Jahren organisiert die Gefangenenvertretung außerdem Turniere, etwa im Schach, Backgammon oder Poker. Ergänzt wird das Programm durch zusätzliche Sportangebote wie Krafttraining in der Turnhalle und Tischtennis.
An Heiligabend gibt es ein festliches Essen mit Braten, Rotkohl und Knödeln
Auch religiöse Angebote haben in der JVA Heilbronn eine lange Tradition, betont Anstaltsleiter Andreas Vesenmaier. Neben Weihnachtsgottesdiensten gibt es an Heiligabend ein festliches Essen mit Braten, Rotkohl und Knödeln. Der interreligiöse Ansatz spiele dabei eine zentrale Rolle: Nicht nur christliche, sondern auch muslimische Gefangene und Insassen anderer Glaubensrichtungen nehmen an den Weihnachtsgottesdiensten teil. Umgekehrt besuchen christliche Gefangene Feste anderer Religionen, etwa das Zuckerfest. Ziel sei es, niemanden auszugrenzen und religiöse Teilhabe für alle zu ermöglichen, so Vesenmaier.
Gerade über die Feiertage spiele auch der Kontakt zur Familie eine wichtige Rolle. Besuche und der Austausch mit Angehörigen hätten für viele Gefangene eine stabilisierende Wirkung, betont der Anstaltsleiter. Weihnachten sei für viele Insassen emotional besonders belastend – vor allem für Väter, die ihre Kinder in dieser Zeit vermissen und kaum Möglichkeiten haben, ihnen beispielsweise mit Geschenken eine Freude zu machen.
Zwei Gefangene dürfen den Weihnachtsbaum schmücken
Auch die Gefangenen selbst werden eingebunden. Zwei ausgewählte Insassen helfen in diesem Jahr wieder beim Schmücken des Weihnachtsbaums und beim Herrichten der Krippe in der Anstaltskirche. Auf vielen Stockwerken besteht zudem die Möglichkeit, gemeinsam Plätzchen zu backen. Die Zutaten können über den Einkauf erworben werden, zusätzlich gibt es Bestellformulare für Weihnachtsgebäck aus der Anstalt.
Hinter dem umfangreichen Angebot steht aus Sicht von Andreas Vesenmaier ein klares Ziel: Die arbeitsfreie Zeit soll sinnvoll gestaltet werden, um Leerlauf und Grübeleien zu vermeiden. Gleichzeitig gehe es um Teilhabe, Stabilisierung und darum, den Kontakt zur Gesellschaft nicht abreißen zu lassen – gerade in einer Zeit, die für viele Gefangene emotional besonders schwierig ist.
Aufgabe des Vollzugs sei es nicht nur, die Gefangenen abzusichern, sondern sie auf ein Leben ohne Straftaten vorzubereiten.
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