Vor 100 Jahren erblickt Fotograf Hermann Eisenmenger das Licht der Welt
Vor 100 Jahren, am 8. November 1925, kam Stimme-Fotograf Hermann Eisenmenger zur Welt. Er prägte mit seinen meisterhaften Bildern das Gesicht der Heilbronner Stimme und ihrer Region mit.
Er war Fotograf, Zeitzeuge, Reporter, Beobachter, Porträtist, Künstler – und er hatte den Blick fürs Wesentliche. Sein längjähriger Kollege Uwe Jacobi nannte ihn einen „Meister über Licht und Schatten“. Das Stadtarchiv Heilbronn widmete ihm 2015 ein wunderbares Buch plus Werkschau – und es hat 10.000 seiner 50.000 Negative und Dias für die Nachwelt digitalisiert. Am 12. Januar 2007 schrieb Stimme-Chefredakteur Uwe Ralf Heer in seinem Nachruf, er habe „Maßstäbe für das Bild in der Zeitung“ gesetzt: Vor 100 Jahren, am 8. November 1925, erblickte Hermann Eisenmenger das Licht der Welt. Mit seinen Fotografien prägte er von 1950 bis 1990 das Gesicht der Heilbronner Stimme und ihrer Region mit.
Schon der Lehrling bewies große Beobachtungsgabe, Talent zum Zeichnen und Liebe zum Detail
Eigentlich sollte der im Heilbronner Problemviertel Hawaii aufgewachsene Sohn eines Jagsthausener Küfers Bäcker oder Installateur werden, bewarb sich aber spontan auf eine Zeitungsanzeige und wurde 1940 Lehrling beim Heilbronner Fotogeschäft Wendnagel. Akribisch führte er schon damals Tagebuch, bewies eine große Beobachtungsgabe, Talent zum Zeichnen und Liebe zum Detail.
Im April 1943 wurde der 17-Jährige zum Reichsarbeitsdienst, 1944 zur Wehrmacht eingezogen und kämpfte im Zweiten Weltkrieg an der Ostfront, in den Ardennen und zuletzt in Norddeutschland -- bezeichnenderweise in einer Beobachtungsabteilung, die mit fototechnischen Geräten Bombenabwürfe, Abschüsse und Einschläge ortete.
Ein Pionier der Gründer- und Aufbaujahre
Nach kurzer Gefangenschaft kehrte Eisenmenger im Juli 1945 heim ins zerstörte Heilbronn, fand Arbeit beim Fotografen Willy Nuß, bei Ludwig Ritzmann, bei Foto-Späth. Gleichzeitig engagierte die US-Army das junge Talent, auch, um die Ruinenstadt zu dokumentieren. Im April 1950 stieß er schließlich zur 1946 von Hermann Schwerdtfeger und Paul Distelbarth gegründeten Heilbronner Stimme, wobei Bilder in der damaligen Bleisatzwüste rar gesät waren, sein erstes zeigte am 1. Mai 1950 den Heilbronner Abgeordneten und Minister Fritz Ulrich am Marktplatz; Fotovermerk: HSt-Bildstelle. Erst später wurde „HSt-Eisenmenger“ zum Markenzeichen. Ab 1963 baute er eine eigene Fotoredaktion mit bald sechs Mitarbeitern auf.
Eisenmenger gelangen ikonenhafte Aufnahmen von historischer Dimension
Im Werben um Leser spielten in der damals blühenden Zeitungslandschaft Fotos eine immer wichtigere Rolle. Die Stimme wurde um bebilderte Wochenend- und Heimatbeilagen ergänzt, um Sonderveröffentlichungen und Bücher. Eisenmenger porträtierte Firmen, das Landleben und dokumentierte den Wiederaufbau und die Wirtschaftswunderjahre: Grundsteinlegungen und Richtfeste, den Bau des Neckarkanals, von Kaufhäusern, Schulen, Brücken und Siedlungen. Dabei gelangen ihm oft ikonenhafte Aufnahmen von historischer Dimension: Theodor Heuss vor der Kilianskirche, Willy Brandt am Rathaus, Günter Grass auf der Waldheide. Der drahtige Mann mit Baskenmütze und Kamera, anfangs noch mit dem Motorrad unterwegs, erlebte auch dunkle Stunden: Dachstein-Unglück, Lauffener Zugkatastrophe, Pershing-Unglück.
Ein Mensch, der suchte. Und deshalb sah – und fand. Die großen wie die kleinen Geschichten.
Der ehemalige Stimme-Kulturchef Andreas Sommer schrieb einmal: „Hermann Eisenmenger war ein Mensch, der suchte. Und deshalb sah – und fand. Die großen wie die kleinen Geschichten.“ Er verstand es, Alltägliches zu veredeln: vom Kiliansplatz bis in die Weinberge des Zabergäus. Gerne zeigte er Menschen, Trümmerfrauen, die Menge bei einer Kaufhauseröffnung, im Weindorf – und als Kontrast: die Oma am Fenster, gelangweilte US-Soldaten, den Muskelprotz im Freibad und andere Wichtigen.
Er selbst blieb lieber im Hintergrund, so wie es sich für einen guten Fotografen gehört. „Man könnte sogar sagen, er war schüchtern“, berichtet seine heute 94-jährige Ehefrau Elke Eisenmenger. Beide haben sich in den 1950ern bei der Stimme kennen- und liebengelernt – und drei Töchtern das Leben geschenkt: Sabine (1960), Petra (1962) und Anja (1970). „Wenn er daheim war, hat er viel mit ihnen gespielt“, die Kamera stets griffbereit, auch im Urlaub und als Rentner, wo Hermann Eisenmenger nicht nachließ, Heilbronn und seine Region zu verewigen.



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