Verbraucher in Heilbronn und Hohenlohe vermehrt insolvent – Beratungsstellen am Limit
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Einigen Menschen wachsen die Schulden über den Kopf. Ihr Konto ist überzogen oder vielleicht sogar gesperrt. offene Rechnungen bleiben liegen. Ein Grund sind neue Bezahlmethoden nach dem Motto: „Buy now, pay later.“
Immer mehr Menschen haben zu wenig Geld.
Foto: Alexander Raths - stock.adobe.com
Mehr Menschen in der Region Heilbronn und Hohenlohe sind überschuldet, haben ihre Konten überzogen, sind zahlungsunfähig. Hiesig Beratungsstellen sind nach eigenen Angaben am Limit.„Seit etwa ein, zwei Jahren haben wir eine sehr, sehr hohe Nachfrage“, sagt Ralf Unger (44) von der Schuldnerberatung der Arbeiterwohlfahrt (Awo) des Kreisverbands Heilbronn. Eine Zunahme der Verfahren verzeichnet auch die zuständige Beratungsstelle im Landratsamt des Hohenlohekreises. Anna Dolch (31), Leiterin der Aufbaugilde-Schuldnerberatung, stellt fest: „Einige Leute können ihren Lebensstandard nicht mehr halten.“
Alexander Jörg (55), Vizepräsident des Heilbronner Amtsgerichts und dort unter anderem zuständig für Verbraucherinsolvenzen, kritisiert: In Deutschland sei es zu leicht, Schulden zu machen. Er macht „überzogenen Konsum“ als eine der Hauptursachen für Überschuldung aus. Das sehe er in den gerichtlichen Verbraucherinsolvenzverfahren, wenn er sich die Liste der Gläubiger anschaut. Häufig stünden Banken wie Santander oder BNP Paribas darauf. Die seien auf das typische Geschäft mit Kleinkrediten spezialisiert.
Arbeitslosigkeit, Ehescheidung, Lebenshaltungskosten: Ursachen für Schulden komplex
„Buy now, pay later“ – zu Deutsch: Kaufe jetzt, zahle später. Auf diese Formel lässt sich eine inzwischen gängige Bezahlmethode bringen. Konsumenten bestellen etwas im Internet und benötigen oft nur ein paar Klicks, und schon ist das Bezahlen der Rechnung auf die lange Bank geschoben oder ein Ratenkauf vereinbart. Ähnlich läuft es beispielsweise in Elektronik-Märkten beim Kauf einer Waschmaschine, eines Fernsehgeräts oder eines neuen Handys. Zudem locken Händler mit Null-Prozent-Finanzierungen.
Leben auf Pump ist ein Faktor für Privatinsolvenzen. „Die Themen werden komplexer“, sagt jedoch Miriam Schungel (41) von der Awo-Schuldnerberatung. Verschiedene Ursachen greifen ihrer Erfahrung nach ineinander: Unternehmen in der Region bauen Stellen ab. Ehescheidungen sind kostspielig, dazu können Unterhaltszahlungen kommen. Die Preise im Supermarkt, Strom, Sprit – alles wird für einige Verbraucher zu teuer. Menschen machen sich als Solo-Unternehmer selbstständig – und scheitern. Anna Dolch zufolge sind auch längere Krankheitsphasen ein Grund dafür, dass das Geld knapp wird.
Zahl der gerichtlichen Verfahren
Am zuständigen Amtsgericht Heilbronn steigt die Zahl der Verbraucherinsolvenzen seit 2022 kontinuierlich. 541 Einträge gab es nach Angaben von Vize-Präsident Alexander Jörg im Jahr 2022. Die Zahl kletterte auf 577 und 652 in den Folgejahren. Dieses Jahr registriert Jörg 569 Verbraucherinsolvenzen zum Stichtag 21. Oktober. Hochgerechnet auf das gesamte Jahr erwartet er 683 Einträge.
Wie hoch die Menschen verschuldet sind, ist völlig unterschiedlich. „Die Spanne ist sehr weit“, sagt Ralf Unger. Im vergangenen Jahr betrugen die Schulden der Klienten von Awo und Aufbaugilde im Durchschnitt 23.743 Euro. In Hohenlohe lag die durchschnittliche Schuldenhöhe aller Fälle sogar bei 35.737 Euro, wie die Pressestelle des Landratsamts mitteilt.Privatleute, die ein gerichtliches Insolvenzverfahren ordnungsgemäß durchlaufen, können einen Antrag stellen, damit ihnen nach drei Jahren die noch verbleibenden Restschulden erlassen werden. Diese Drei-Jahresfrist betrug vor 2021 noch sechs Jahre. Insolvenzrichter Jörg bemängelt diese Verkürzung. Es werde Menschen dadurch zu leicht gemacht, von den angehäuften Schulden wieder herunterzukommen.
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