Umbau beim Paritätischen: Ein Haus wie eine kleine Dorfgemeinschaft
Im Haus der Parität entstehen 45 Wohnungen für jüngere Menschen mit Einschränkung, Senioren, Singles und Alleinerziehende, die sich gegenseitig unterstützen. Dazu kommt unter anderem das Selbsthilfebüro und ein Quartierszentrum

Ein Haus wie eine Dorfgemeinschaft, in der im Idealfall einer für den anderen einsteht. Das ist die Idee des neuen „Hauses der Parität“ in der Heilbronner Happelstraße, in dem derzeit der Innenausbau läuft. Hier entstehen 45 Ein- oder Zwei-Zimmer-Wohnungen, ein Großteil, voraussichtlich rund 40 von ihnen, sozial gefördert. Wieviel genau, ist noch offen.
58 Menschen sollen bald im Haus der Parität in Heilbronn wohnen
58 Menschen, die von Einsamkeit bedroht oder alleinerziehend sind, genauso wie Senioren oder Jüngere, die eine schwerere Erkrankung wie Multiple Sklerose haben und Hilfe im Alltag brauchen, können ab Anfang 2026 dort einziehen, denn alles ist weitgehend barrierefrei.
Die Zielgruppe, so die Vorstellung, brauche nicht so viel individuellen Wohnraum, auch wenn jeder sein privates Reich habe mit Küche und Bad. Das spart Kosten. Die gemeinschaftliche Wohnfläche nutzen alle zusammen, für Spiel- oder Fernsehabende oder zum gemeinsamen Frühstück. Auch Veranstaltungen gibt es hier. Um eine Wohngemeinschaft handelt es sich aber nicht, stellt Götz Zipser klar. Und: „Das ist ein Lebenswerk und ein Wunschprojekt“, so der Geschäftsführer der Paritätischen Sozialdienste Heilbronn (PSD).
Es ist auch ein Projekt gegen die zunehmende Vereinsamung
Eine Hand soll die andere waschen: Die Alleinerziehende würde dann etwa mit dem Gemeinschaftsauto Erledigungen machen, während die Senioren auf ihr Kind aufpassen, so ein Fallbeispiel auf der Homepage. An verschiedenen Informationsabenden erfahren Interessierte mehr über die Strategien und Spielregeln der künftigen Hausgemeinschaft, wie sie den Betreibern vorschwebt, erklärt Michaela Mielke, Bereichsleiterin bei Arkus. „In der Schweiz gibt es solche Ansätze schon, in der Region ist das ein Pilotprojekt“, sagt Anette Zanker-Belz, Regionalleiterin Region Heilbronn-Franken beim Paritätischen. „Diesem Vereinsamen, dass niemand nach niemandem mehr schaut, dem wollen wir entgegenwirken“, sagt Mielke.
Die Eigenmittel liegen bei vier Millionen Euro
Zuvor war für das baufällige Haus in der Happelstraße 17a, in dem Arkus als damalige Tochter des Paritätischen unter anderem ein Lokal, eine Cafeteria und ein Kulturzentrum betrieb, ein Architekturwettbewerb ausgelobt worden. Die Ergebnisse waren mit Kosten von 25 Millionen Euro und 16 Euro Kaltmiete baulich und finanziell nicht zu stemmen. Ende 2022 kauften die PSD das Objekt, ließen den Kern stehen, bauten um und verzichteten auf eine Tiefgarage. Inzwischen ist Arkus mit den PSD verschmolzen. Hauptfinanziert ist das Projekt über einen KFW-Modernisierungskredit, „ohne wäre es auch nicht gegangen“, so Zipser. Die Eigenmittel liegen bei vier Millionen Euro. Der Wermutstropfen: Die einst geplanten Gesamtkosten von 13 Millionen Euro sind inzwischen auf 16 Millionen gestiegen.
Eine Beteiligung an den Baukosten seitens der Stadt ist nicht vorgesehen. Entsprechende Haushaltsanträge des PSD wurden abgelehnt, sagt Zipser. Ernüchtert ist er darüber, dass es auch keine einzelnen Zuschüsse gegeben habe, etwa für die rund 50.000 Euro teuren Trennwände für Veranstaltungen. „Ich bin inzwischen Profi im Anträge stellen“, sagt er. Die Resonanz, auch bei Stiftungen, sei allerdings überschaubar.
Auch das Selbsthilfebüro zieht dort ein
Das Haus bietet zudem Platz für eine Kindertagespflege, das Selbsthilfebüro, die Kantine und das Quartierszentrum Heilbronner Süden. Die Tagespflege für alte Menschen installieren die PSD deshalb dort, weil 270 Quadratmeter bislang ungenutzte Fläche, die sie den Mitgliedsorganisationen angeboten hatten, nicht den erhofften Zuspruch fanden. So erscheint Zipser die angedachte Mischung stimmig. „Wir sind in allen sozialen Hilfsfeldern bis auf die Behindertenhilfe unterwegs. Da ist die Verknüpfung mit der Tagespflege sehr passend.“
Zwischen 28 und 65 Quadratmeter sind die Ein- bis Zweizimmerwohnungen innerhalb der „Caring Community“, groß, wie die Betreiber diese besondere Wohnform nennen, bei der die Bewohner möglichst viel Infrastruktur, Kompetenzen und Kapazitäten miteinander teilen. Eine Liste mit Interessenten gibt es noch nicht, weil die PSD das Projekt noch nicht aktiv beworben hat. Die Hausgemeinschaft wird begleitet, „wir wissen, dass hier intensive Arbeit passieren muss“, sagt Arkus Bereichsleiterin Michaela Mielke. Selbsthilfebüro und Quartiersmanager sind Ansprechpartner, eine feste Sozialbetreuung ist nicht vorgesehen. „Wir geben aber Anreize für gemeinsame Treffen“, so Mielke.
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Stimme.de
Kommentare
Marcus Reichle am 22.01.2025 23:19 Uhr
Was für ein architektonischer Schandfleck. Herzlichen Glückwunsch. Welcher Wald- und Wiesenplaner hat das verbrochen? Erstaunlich, was die Stadtverwaltung so alles durchwinkt. Obendrauf wieder ein historischer Gewerbe- und Industriebau weniger in Heilbronn.