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Verhandlung am Amtsgericht
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Heilbronner Rentner überweist Geld an angebliche Polizisten – Prozess wegen Telefonbetrug gestartet

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Ein 82 Jahre alter Heilbronner ist auf Telefonbetrüger hereingefallen, die sich als Polizisten ausgegeben haben. Er ist längst nicht das einzige Opfer der Bande. 


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Wegen mutmaßlicher Beihilfe zum gewerbsmäßigen Bandenbetrug sitzt ein türkischer Asylbewerber seit Donnerstag auf der Anklagebank des Heilbronner Amtsgerichts. Erster Staatsanwalt Christoph Klein wirft dem Beschuldigten vor, seit August 2021 Telefonbetrügern sein Konto in der Türkei zur Verfügung gestellt zu haben, um ältere Menschen in Deutschland um Hab und Gut zu bringen. Für jede Weiterleitung des Geldes an die Hintermänner habe er mindestens 200 Euro Provision erhalten.

Die Betrugsmasche ist perfide. Die Täter suchen sich bundesweit systematisch ältere Menschen als Opfer aus. Die Täter rufen sie an und geben sich als Polizisten aus. Dem Heilbronner hat unter anderem ein angeblicher Herr Schwarz gesagt, dass die Polizei einer Einbrecherbande auf die Spur gekommen sei, die den Namen des Heilbronners angeblich auf einer Liste notiert hätten.

Prozess in Heilbronn wegen Telefonbetrug an Rentnern: Opfer sollten Geld überweisen

Die Polizei gehe deshalb davon aus, dass dem Rentner Gefahr drohe, so der betrügerische Anrufer. Um ihnen das Handwerk zu legen, müsse das Opfer mehrere Geldbeträge überweisen, die er später plus Bonus wieder erstattet bekäme. "Es war ein Mittwochmorgen, als ich den Anruf bekommen habe", sagte der Klingenberger am Donnerstag vor dem Schöffengericht. Der Anrufer habe sich als Polizeimitarbeiter ausgegeben, der mit dem Geheimdienst zusammenarbeite.

Der Volksbankchef sei korrupt, habe Herr Schwarz gesagt. Andere auch. Selbst Landwirtschaftsminister Cem Özdemir soll seine Finger im Spiel haben, habe der Betrüger behauptet. "Irgendwann meinte er, ich solle ihn unterstützen", so der 82-Jährige. Das Opfer überwies daraufhin innerhalb kurzer Zeit mehrfach fünfstellige Beträge auf das angegebene türkische Konto des Angeklagten. Insgesamt waren es 60.000 Euro. 

Prozess am Heilbronner Amtsgericht: Angeklagter bestreitet die Vorwürfe

Der Angeklagte weist die Vorwürfe von sich. "Wenn ich so etwas getan hätte, wäre ich doch nicht hierher gekommen", sagte der türkische Staatsbürger, der Anfang 2023 in die Bundesrepublik gekommen ist und dessen Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist.

Wie es zu den Geldtransfers auf sein Konto gekommen sei, könne er nicht sagen. Auch sei es nicht er gewesen, der die Geldbeträge via Western-Union oder Moneygram an die Hintermänner überwiesen hätte. Er habe vielmehr in der Türkei seinen Ausweis und seinen Geldbeutel inklusive Karte für sein Konto verloren und mit der Sache nichts zu tun.

Telefonbetrug: Angeklagter soll auch Frau geschlagen und vergewaltigt haben

Mit der Western-Union habe er bisher erst einmal zu tun gehabt. Als er vergeblich 200 Euro an einen Schleuser überwiesen habe. Gegenüber der Polizei hatte die Frau des Angeklagten allerdings von mehreren Geldeingängen bei Western-Union gesprochen. Angeblich habe es sich dabei um Geld von Verwandten gehandelt, habe ihr Mann gesagt. Seine Frau, mit der der Angeklagte ein einjähriges Kind hat, wolle ihn nur belasten, entgegnete der Beschuldigte in der Gerichtsverhandlung. Sie habe auch schon einmal behauptet, dass er sie vergewaltigt hat. Dabei habe er sie "nur geschlagen", weil sie ihn betrogen habe.

Als Zeugin ist die Ehefrau des Angeklagten am Donnerstag unentschuldigt nicht erschienen. Richterin Iris Wegendt lässt sie deshalb zum zweiten Verhandlungstag am Donnerstag, 18. Juli, polizeilich vorführen und verhängte ein Ordnungsgeld von 250 Euro oder drei Tage Gefängnis.

Telefonbetrüger-Bande hat auch andere Opfer abgezockt

Der Heilbronner ist längst nicht das einzige Opfer der Bande. Unter anderem einem Rentner aus Prüm (Rheinland-Pfalz) hat die Tätergruppierung nachweislich von August bis September 2021 einen Geldbetrag von knapp 80.000 Euro abgenommen. Dabei sind die beiden Senioren mutmaßlich nicht einmal die Spitze des Eisbergs. Den Heilbronner Ermittlern ist es gelungen, das Callcenter der Betrüger über einen Zeitraum hinweg telefonisch zu  überwachen. "Diese Leute telefonieren von Montag bis Freitag, von Vormittag bis in die Nacht", sagte einer der ermittelnden Polizeibeamten. Dabei belauschten die Polizisten unter anderem auch Gespräche des angeglichen Herrn Schwarz. 

Inzwischen verwendet die Bande neue Telefonnummern. Und orten ließ sich das Call-Center auch nicht. Außerhalb der Europäischen Union sei das nicht möglich, so der Erste Staatsanwalt Christoph Klein. Der Anklagevertreter räumt auch ein, dass die Hintermänner nur in den seltensten Fällen gefasst werden. Die Türkei liefere nicht aus. Und auch mit der Rechtshilfe sei es dort schwierig.

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