Stimme+
Keine Pyrotechnik in der Harmonie
Hinzugefügt. Zur Merkliste Lesezeichen setzen

Feuerwehr Heilbronn zu Stahlzeit-Konzert: Veranstalter ohne Konzept für Brandschutz

   | 
Lesezeit  3 Min
Erfolgreich kopiert!

Die Rammstein-Tribute-Band Stahlzeit musste bei ihrem Konzert in Heilbronn komplett auf Pyrotechnik verzichten. Band und Veranstalter sind offenbar verärgert. Die Feuerwehr hatte für das Verbot aber gute Gründe.


Externer Inhalt

Dieser externe Inhalt wird von einem Drittanbieter bereit gestellt. Aufgrund einer möglichen Datenübermittlung wird dieser Inhalt nicht dargestellt. Mehr Informationen finden Sie hierzu in der Datenschutzerklärung.

Eine Band, die Aussehen, Bewegungen und Show von Rammstein imitiert, steht ohne Pyrotechnik mit heruntergelassener Hose da. „Wir fühlen uns tatsächlich nackt hier oben, aber dafür ist die Luft sauberer, und wir schwitzen weniger“, sagte Stahlzeit-Sänger und Frontmann Helfried Reißenweber am Samstag, 26. April, in der Heilbronner Harmonie. Die Fans feierten die Gruppe auch ohne Feuerwerk. Nach Heilbronn kommen wolle die Band aber künftig nicht mehr, deutete Reißenweber vor rund 1500 Besuchern an.

Warum es bei Stahlzeit-Konzert in Heilbronn keine Pyro-Show gab

Einen Grund dafür, „dass die Band jetzt beleidigt ist“, kann Steffen Schoch, Geschäftsführer der Heilbronn Marketing GmbH (HMG), nicht erkennen. Seit März habe man mit dem Stuttgarter Veranstalter C² Concerts in Kontakt gestanden. Die Stadt habe die Veranstaltung möglich machen wollen. Am Ende waren die Sicherheitsbedenken aber zu groß. Denn bis zuletzt habe der Konzertveranstalter laut Fabian Müller, Kommandant der Heilbronner Feuerwehr, kein ausreichendes Sicherheitskonzept vorgelegt. 


Immerhin hantiert Stahlzeit mit offenem Feuer und meterhoch sprühender Pyrotechnik im geschlossenen Raum. „Niemand wird in seiner Wohnung ein Feuerwerk abbrennen, ohne Sicherheitsvorkehrungen zu treffen“, sagt der Feuerwehrkommandant. „Wir wollten die Veranstaltung wirklich ermöglichen“, so Müller weiter. Dazu hätte aber gehört, die Risiken bewerten zu können.

Pyro-Show in Heilbronn: Verordnung regelt Umgang mit offenem Feuer in Versammlungsstätten

Die Harmonie fällt unter die Bestimmungen der Versammlungsstättenverordnung des Landes Baden-Württemberg. Demnach ist das Verwenden von offenem Feuer, brennbaren Flüssigkeiten und Gasen, pyrotechnischen Sätzen, Gegenständen und Anzündmitteln sowie anderen explosionsgefährlichen Stoffen verboten. Eine Ausnahme ist dann zulässig, wenn die Verwendung der Stoffe in der Veranstaltung selbst begründet liegt und gleichzeitig der Brandschutz mit der zuständigen Behörde abgesprochen ist.

Feuer und Pyrotechnik begründen sich in der Show von Stahlzeit von selbst. Ein Konzept für erforderliche Brandschutzmaßnahmen habe C² Concerts aber nicht vorgelegt. Daran sei die Genehmigung am Ende gescheitert, sagt Lars Heidchen, Leiter des Sachgebiets Veranstaltungssicherheit in der Abteilung vorbeugender Brandschutz bei der Heilbronner Feuerwehr.

Mehr als 30 dokumentierte E-Mails seien seit März hin- und hergegangen. „Wir habe mindestens noch genauso viele Telefonate geführt“, sagt Heidchen, der die Veranstaltung ausdrücklich gern ermöglicht hätte. Ein Konzept seitens des Veranstalters habe es aber nicht gegeben. Stattdessen widersprüchliche Aussage über den Einsatz der Pyrotechnik. „Uns tut das auch weh“, sagt der Brandamtsrat.

Feuerwehrmann über Pyro-Show in Harmonie: Ein Funke kann Feuer entfachen

Aber die Sache ist im wahrsten Sinne des Wortes brenzlich. „Die Decke in der Harmonie hat keinen Feuerwiderstand“, sagt Heidchen. Darüber hinaus sei der sogenannte Schnürboden über der Bühne und die Zwischendecke über dem Saal, an dem unter anderem Schienen und Beleuchtung angebracht sind, immer verstaubt. „Ein einziger Funke, der aus der Kurve fliegt, kann ein Feuer entfachen“, so der Brandamtsrat. Dass womöglich eine brennende Decke auf die Besucher fällt, dürfe nicht passieren, so der Feuerwehrmann.

Der Veranstalter gibt sich bedeckt. „Veranstalter und Künstler (beziehungsweise deren Pyrotechniker) haben bis zuletzt versucht, eine Genehmigung zu bekommen“, teilt der Stuttgarter Veranstalter C² Concerts auf Anfrage unserer Zeitung schriftlich mit. „Das war aus unterschiedlichen Gründen bedauerlicher Weise nicht möglich, obwohl diese Produktion schon häufiger in Heilbronn gespielt hat“, schreibt Geschäftsführer Christian Doll.

Laut Lars Heidchen habe es dagegen weder ein Sicherheitskonzept, noch eine Sicherheitsbesprechung oder eine technische Probe gegeben. „Bei einer Vorführung hätten wir wenigstens noch selektiv vorgehen“ und Teile des Show-Programms zulassen können, sagt der Feuerwehrmann. Aber nicht einmal das sei möglich gewesen.

Pyrotechnik in Harmonie: Fragen zur Brandsicherheit blieben offenbar unbeantwortet

Fragen nach Temperaturen oder wie der Veranstalter gesundheitsgefährdenden Rauch aus der Pyrotechnik vom Publikum fernhalten will, seien ebenso unbeantwortet geblieben wie die nach dem konkretem Ablauf der Show. Ein Außenstehender könne nicht sofort beurteilen, was noch zur Show gehört oder wo sie schon außer Kontrolle geraten ist. Zudem hätten selektiv Brandmelder abgeschaltet werden können, so Lars Heidchen.

Für den Veranstalter ist unter dem Strich das Wichtigste, dass das Konzert stattfinden konnte, so der Geschäftsführer in seiner E-Mail weiter. Eine Neuauflage in Heilbronn wird es aber wohl nicht geben. Auch nicht als Open-Air-Veranstaltung, wo die Sicherheitsauflagen deutlich geringer sind.

Veranstalter benötigt Genehmigungen von Ordnungs- und Baurechtsamt

Um eine Event in einer Veranstaltungsstätte zu organisieren, benötigt der Veranstalter zwei Genehmigungen. Grundsätzlich muss sie vom Ordnungsamt der jeweiligen Kommune genehmigt werden. Dort ist sie seitens des Veranstalters entsprechend anzeigepflichtig. Darüber hinaus ist auch eine baurechtliche Genehmigung notwendig. Und zwar in dem Sinne, dass der Inhalt der Veranstaltung dem entspricht, wofür die Stätte baurechtlich ausgelegt ist. Dazu gehört auch der Brandschutz. Die dafür zuständige Behörde ist das Baurechtsamt, das wiederum bei Fragen des Brandschutzes die Feuerwehr als Sachverständige hinzuzieht.




Kommentare öffnen
Nach oben  Nach oben